Der UNHCR-Bericht: 2018 kamen 95.000 Menschen mehr nach Deutschland als im Vorjahr
In Deutschland lag die Zahl der anerkannten Asylbewerber Ende 2018 bei 1,063 Millionen – das ist weltweit der fünfte Platz als Aufnahmeland, wie der jährliche Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) verdeutlicht. Dabei zeigt sich eine Besonderheit.
Aufnahmeländer sind in der Reihenfolge der Anzahl der anerkannten Flüchtlinge:
- Türkei (3,7 Mill., vor allem Syrer, Syrien ist ein Nachbarland)
- Pakistan (1,4 Mill., nahm vor allem Afghanen auf, Afghanistan ist ein Nachbarland)
- Uganda (1,17 Mill., vor allem Menschen aus dem Südsudan, Nachbarland)
- Sudan (1,07 Mill., vor allem Menschen aus dem Südsudan, Nachbarland)
- Deutschland (1,06 Mill., vor allem Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan)
- Iran (980.000, meist aus Afghanistan, Nachbarland)
- Libanon (950.000, vor allem Menschen aus Syrien, Nachbarland))
- Bangladesch (907.000, vor allem Menschen aus Myanmar, Nachbarland)
- Äthiopien (903.000, vor allem Menschen aus Südsudan, Nachbarland)
- Jordanien (715.000, vor allem Menschen aus Syrien, Nachbarland).
Ein Blick auf eine politische Weltkarte zeigt, dass Deutschland einen besonderen Stellenwert hat: Alle anderen Staaten der Top-Ten bieten hauptsächlich Schutz für Flüchtlinge aus ihren unmittelbaren Nachbarstaaten. Welche Absicht dahinter stehen könnte und welche Folgen es hat, wird hier nicht diskutiert.
Nach Deutschland kamen 95.000 Menschen mehr als im Vorjahr
Der jährliche Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) zeigt, dass im Vergleich zum Vorjahr 200.000 Menschen mehr in die Türkei und 172.000 in den Sudan strömten.
Nach Deutschland zog es 95.000 Menschen mehr als 2017 – obwohl in keinem Nachbarstaat Deutschlands ein aktueller Krisenherd besteht. Deutschland ist gleichzeitig das einzige westliche Industrieland unter den Top Ten der Aufnahmeländer.
Da der Bericht des UNHCR nur Menschen berücksichtigt, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder nach Artikel 16a des Grundgesetzes für politisch Verfolgte einen Aufenthaltsstatus erhalten haben, differieren die Zahlen, die im Internet kursieren, etwas.
Erkennbar ist auch in der Grafik des UNHCR, dass die Anzahl der aufgenommenen Flüchtlinge im Vergleich zu 2017 gestiegen ist.
Frankreich folgt als weiteres europäisches Land auf Rang 15, Schweden auf Platz 22. Die USA liegt an 17. Stelle.
In Deutschland wurden europaweit die meisten Asylanträge gestellt
Die „Welt“ schreibt:
Deutschland zieht dem UNHCR-Bericht zufolge weiter viele Asylbewerber an. Zwar sank die Zahl der neuen Asylanträge 2018 in Deutschland erneut. Aber mit 161.900 Anträgen gehörte die Bundesrepublik auch 2018 zu den Ländern, in denen im globalen Vergleich die meisten Anträge gestellt wurden. In Europa liegt Deutschland hier an erster Stelle, im weltweiten Vergleich nach den USA und Peru auf dem dritten Rang.“
Und:
Von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union liegt Frankreich an vierter Stelle (114.000), Griechenland an siebter (65.000), Spanien – mit einem Anstieg um 23.000 auf 55.000 Asylbewerber – an achter und Italien mit 48.000 an zehnter Stelle.“
Die Welt-Reihenfolge: USA vor Peru vor Deutschland
- Wie im Jahr 2017 wurden in den Vereinigten Staaten von Amerika die meisten neuen Asylanträge gestellt, wobei im vergangenen Jahr 254.300 aus 166 Ländern oder Gebieten registriert wurden.
- Durch die Venezuela-Krise wurden in Peru 192.500 Asylanträge gestellt, fast ausschließlich von Venezolanern. Damit rangiert Peru an zweiter Stelle als Aufnahmeland weltweit.
- In Deutschland wurden 161.900 neue Asylanträge gestellt.
- In Frankreich bewarben sich 114.500 Menschen um Asyl.
- Die Türkei ist das fünftgrößten Empfängerland neuer Asylanträge mit 83.800 im Jahr 2018 aus Afghanistan, dem Irak und dem Iran.
- Danach folgen Brasilien, Griechenland, Spanien, Kanada, Italien, Pakistan, Nigeria, Großbritannien, Mexiko, Australien und Costa Rica.
Asylbewerber pro Kopf
Wie jjanke.net bereits in seinem Mairundbrief zeigte, nahm Deutschland zwischen 2015 und 2018 weit mehr Asylbewerber auf als alle anderen EU-Länder.
Pro Kopf stehen nur Schweden (22 Asylbewerber pro 1000 Einwohner) und Ungarn (21,5 Asylbewerber pro 1000 Einwohner) noch vor Deutschland (18,5 Asylbewerber pro 1000 Einwohner), wobei die aus Ungarn größtenteils (auch nach Deutschland) weitergewandert sind (Quelle: Grafiken 20268 und 20269, eine andere Quelle: BAMF S. 15).
Nach Angaben des UNHCR wären es für Schweden pro 1000 Einwohner 25 Asylbewerber und für Deutschland 13.
Woher kommen die Menschen nach Deutschland?
Die meisten Zuwanderer, die nach Deutschland kommen, stammen aus Syrien: 532.000 Menschen. Darauf folgt die Gruppe von Irakern (136.500 Menschen) und Afghanen (126.000 Menschen).
UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi lobte explizit die Bundesrepublik. „Diese Zahlen zeigen zum einen das Engagement der Deutschen: Sie verweigern Menschen in Not nicht ihre Hilfe und ihren Schutz und die Integration macht große Fortschritte“, sagte Grandi.
Es wird aber zugleich deutlich, dass die Flüchtlingskrise woanders stattfindet: Etwa in Libanon, wo mehr als jeder Sechste ein Flüchtling ist. Oder in Bangladesch, das fast ebenso viele Flüchtlinge aufgenommen hat wie Deutschland, obwohl es nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat. Diese Solidarität der Libanesen, Bangladescher und auch der Deutschen hat meinen höchsten Respekt.“
Die Hälfte der Asylbewerber in Deutschland (BAMF) stammt aus Syrien? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schrieb in seiner Mai-Statistik (Quelle, S. 9):
Bei den Top-10-Staatsangehörigkeiten des Monats Mai steht an erster Stelle Syrien mit einem Anteil von 24,4% aller Erstanträge. Den zweiten Platz nimmt Irak mit einem Anteil von 9,8% ein. Danach folgt Nigeria mit 9,1%. Somit entfallen 43,3% (4.830 Erstanträge) aller in diesem Monat gestellten Erstanträge auf diese drei Staatsangehörigkeiten.“
Ob zwischen dem Vorjahr und der Zuwanderung im Mai 2019 so große Unterschiede sind, ist fraglich. Das BAMF rechnet im Mai 2019 mit rund 25 Prozent Syrern, das UNHCR für 2018 mit 50 Prozent (532.000 Zuwanderer auf 1,063 Millionen der Gesamtzahl).
Ausweg und dauerhafte Lösung: Unter sicheren Bedingungen nach Hause zurückkehren
Im Jahr 2018 lag die Zahl der Flüchtlinge, die in ihre Herkunftsländer zurückkehrten, laut UNHCR-Bericht bei 593.800, das ist ein Rückgang gegenüber 2017. Die freiwillige Rückführung bleibt die bevorzugte dauerhafte Lösung für die meisten Flüchtlinge. Dabei arbeitet die UNHCR mit Programmen zur freiwilligen Rückführung, kleinen und individuellen Repatriierungen und der Sicherstellung einer dauerhaften Rückkehr zusammen.
Programme zum Resettlement – Umsiedlung
Basierend auf offiziellen Regierungsstatistiken, die dem UNHCR zur Verfügung gestellt wurden, wurden im Jahr 2018 92.400 Flüchtlinge in 25 Länder umgesiedelt, darunter auch: Kanada (28.100), die Vereinigten Staaten von Amerika (22.900), Australien (12.700), Großbritannien (5.800) und Frankreich (5.600).
Einbürgerungen
Im Jahr 2018 wurden insgesamt 62.600 Einbürgerungen von Flüchtlingen gemeldet – weniger als die 73.400 im Jahr 2017 -, wobei 27 Länder mindestens eine meldeten. Die Türkei meldete die meisten Einbürgerungen mit 29.000 im Jahr 2018, die alle aus Syrien stammten. Kanada meldete die zweitgrößte Zahl mit 18.300 aus 162 Ländern. Weitere Länder, die eine signifikante Anzahl von Einbürgerungen meldeten, waren die Niederlande (7.900), Guinea-Bissau (3.500) und Frankreich (3.300).
UNHCR-Definition: „Langwierige, langfristige Flüchtlingssituation“
Der UNHCR definiert im neuen Bericht eine langwierige Flüchtlingssituation als eine Situation, in der 25.000 oder mehr Flüchtlinge derselben Nationalität seit fünf aufeinander folgenden Jahren oder mehr in einem bestimmten Aufnahmeland im Exil leben. Die Definition hat Grenzen, da sich die Flüchtlingslage in jeder Situation mit Neuankömmlingen und Rückkehrern ständig ändert. Wenn eine langwierige Flüchtlingssituation seit 20 Jahren andauert, bedeutet das nicht, dass sie während dieser Zeit stabil war oder dass alle Flüchtlinge schon so lange dort sind.
Ende 2018 befanden sich 15,9 Millionen Flüchtlinge in einer solchen langwierigen Situation. Das waren 78 Prozent aller Flüchtlinge, verglichen mit 66 Prozent im Vorjahr.
Im Jahr 2018 wurden neun Situationen neu als langwierig eingestuft, da sie die Fünfjahresgrenze erreichten – südsudanesische Flüchtlinge in Kenia, Sudan und Uganda, Nigerianer in Kamerun und Niger, Flüchtlinge aus der Demokratischen Republik Kongo und Somalia in Südafrika, pakistanische Flüchtlinge in Afghanistan und ukrainische Flüchtlinge in der Russischen Föderation.
Hinzu kommt die Lage in Venezuela. Bis Ende 2018 verließen mehr als 3 Millionen Venezolaner ihre Heimat und reisten hauptsächlich nach Lateinamerika und in die Karibik. Es ist eine der größten Krisen der Welt und der größte Exodus in der jüngsten Geschichte der Region. Die lateinamerikanischen Länder haben den Venezolanern bis Ende 2018 schätzungsweise 1 Million Aufenthaltsgenehmigungen und andere Formen des legalen Aufenthalts gewährt, die den Zugang zu einigen Grundversorgungen ermöglichen.
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