Der Slowakei droht eine Gaskrise – Ministerpräsident Fico besucht Putin in Moskau
Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico ist am Sonntag von Kreml-Chef Wladimir Putin in Moskau empfangen worden. Es sei um künftige russische Gaslieferungen in die Slowakei gegangen, erklärte Fico im Anschluss an das Treffen am Sonntag im Onlinedienst Facebook.
Das russische Präsidialamt erklärte bei Telegram, es habe sich um einen „Arbeitsbesuch“ gehandelt. Es verbreitete zudem ein Video, auf dem sich Fico und Putin lächelnd die Hände schütteln und sich dann zusammensetzen.
Gastransit durch Ukraine läuft am 31. Dezember aus
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wollte zu den Gesprächsthemen keine konkreten Angaben machen. Er nehme aber an, dass es um russische Gaslieferungen gehen werde, sagte Peskow. In einem Interview des russischen Fernsehjournalisten Pawel Sarubin gab Peskow zudem an, der Besuch sei „vor einigen Tagen“ geplant worden.
Fico erklärte, das Treffen sei „eine Reaktion“ darauf gewesen, dass sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gegen den „Transit von Gas durch die Ukraine auf unser Territorium“ ausgesprochen habe.
Die Ukraine hatte im Sommer angekündigt, einen Vertrag mit Russland für den Transport von russischem Gas nach Europa durch ukrainische Pipelines nicht verlängern zu wollen. Der Transitvertrag läuft am 31. Dezember aus. Die Slowakei und Ungarn, die weiterhin stark von russischem Gas abhängig sind, befürchten Probleme bei der Gasversorgung.
Russland ist weithin bereit, Gas in den Westen zu liefern
Putin habe in dem Gespräch Russlands Bereitschaft bestätigt, „weiterhin Gas in den Westen und in die Slowakei zu liefern“, erklärte Fico – ohne darauf einzugehen, auf welchem Weg dies erfolgen sollte.
Er und Putin hätten sich zudem über den Konflikt in der Ukraine und „die Möglichkeit einer baldigen friedlichen Beendigung“ des Konfliktes ausgetauscht, erklärte Fico weiter.
Fico ist einer der wenigen europäischen Regierungschefs, die noch enge Verbindungen zu Moskau pflegen. Als er 2023 erneut das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, lehnte er weitere Militärhilfe für Kiew ab.
Fico setzt sich ebenso wie sein ungarischer Kollege Viktor Orban für Friedensgespräche mit Russland ein. Ende November hatte er mitgeteilt, im Mai kommenden Jahres auf Einladung Putins zum Weltkriegsgedenken nach Moskau zu reisen.
Beratung mit Selenskyj blieb erfolglos
In den Tagen vor seinem Treffen mit Putin hatte Fico unter anderem beim EU-Gipfel in Brüssel vergeblich versucht, das von der Ukraine angekündigte Ende des Transits von russischem Gas in die Slowakei abzuwenden. Seinem Land drohe dadurch eine schwere Krise, weil es völlig von russischem Gas abhängig sei und kaum Alternativen habe, betonte er.
Die Slowakei hatte deshalb von der EU die Erlaubnis bekommen, weiter russisches Gas zu beziehen. Diese EU-Genehmigung ist für das Land jedoch faktisch wertlos, da die Ukraine den Gas-Transit ab dem Jahreswechsel nicht mehr erlaubt.
Beim jüngsten EU-Gipfel kam es deshalb zu einem Wortwechsel zwischen Fico und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, den beide Politiker bestätigten. Selenskyj erklärte demnach, während die Slowakei nur wirtschaftliche Probleme habe, würden in seinem Land täglich Menschen sterben.
EU-Ratspräsident António Costa sei über die Reise Ficos nach Moskau informiert gewesen, hieß es aus EU-Kreisen am Sonntagabend. Eine offizielle Abschlusserklärung nach der Unterredung im Kreml gab es nicht.
Auch die Stromversorgung der Slowakei ist gefährdet
Fico verbreitete anschließend eine Stellungnahme auf Facebook, versehen mit einem Foto von sich und Putin. Er mache souveräne Politik und habe die höchsten Vertreter der EU am Freitag über seine Reise informiert, schrieb der Slowake.
Diese sei eine Reaktion auf den angekündigten Stopp des Gas-Transits und Selenskyjs Forderung nach Sanktionen gegen das russische Atomprogramm, womit Kiew auch die Stromerzeugung in slowakischen Kraftwerken gefährde.
Außerdem habe er sich mit Putin über die militärische Lage in der Ukraine und die Möglichkeit einer baldigen friedlichen Beendigung des Krieges ausgetauscht.
Kritik von slowakischer Opposition
Der Besuch wird von slowakischen Oppositionspolitikern kritisiert. Diese werfen ihm vor, mit seiner Reise nach Moskau – der ersten eines offiziellen Vertreters der Slowakischen Republik seit Russlands Einmarsch in der Ukraine vor knapp drei Jahren – sein eigenes Land verraten zu haben.
„Den Gastransit für die Slowakei sollte der Premier in Kiew besprechen“, sagte Michal Simecka, der Vorsitzende der größten Oppositionspartei, der Nachrichtenagentur TASR.
Branislav Gröhling, Chef der kleineren liberalen Oppositionspartei Freiheit und Solidarität (SaS), erklärte: „Robert Fico ist eine Schande für die Slowakei. Er verhält sich nicht wie ein Regierungschef eines souveränen Landes, sondern wie ein gewöhnlicher Kollaborateur.“ (afp/dpa/red)
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