Der 4. Juni – Tod und Aufstieg der Demokratie

Polen wählte erstmals frei, in China rollten Panzer über Studenten.
Titelbild
(Yaira Yasmin/ET)

Für Polen ist der 4. Juni gleichzusetzen mit demokratischer Freiheit. In China ist es der Tag, an dem die Hoffnung auf die­se Freiheit fiel.

Der mittlerweile in Los Angeles lebende Chen Yizi, ehemaliger Berater des von 1980 bis 1987 amtierenden chinesischen Premierministers Zhao Ziyang, erinnert sich gegenüber Radio Free Asia an die damaligen Ereignisse am Tiananmen in Peking, dem Platz des Himmlischen Friedens. „Die Menschen geben den Erdbeben-Opfern heute selbstlose Unterstützung, egal welcher Rasse, Nation oder politischen Partei sie angehören. Hier zeigt sich die Herrlichkeit der menschlichen Natur. Die gleiche Herrlichkeit haben wir am Platz des Himmlischen Friedens vor 19 Jahren gesehen. Als Peking von 300.000 Soldaten der chinesischen Armee umringt war, gingen Millionen von Erwachsenen auf die Straße. Wenn sie sahen, dass eine große Anzahl von Menschen erschossen wurde, wichen große Haufen zurück. Sobald die Schüsse aufhörten, bewegten sie sich wieder vorwärts. Das war eine wirklich berührende Szene. Gleichzeitig konnte man auch die größte Boshaftigkeit der menschlichen Natur beobachten – zur Befriedigung ihrer eigenen Interessen schlachteten Deng Xiaoping und Li Peng junge Studenten und Bürger ab, die sich für Demokratie und Freiheit einsetzten, gegen Korruption und Machtmissbrauch. Im modernen China wird Deng Xiaoping als Gott gesehen und Zhao Zi­yang belächelt. Die Geschichte wird verfälscht.“ Um der Nachwelt ein differenzierteres Bild über die Vorgänge am Platz des Himmlischen Friedens zu hinterlassen wird Chen zum 20. Jahrestag des Massakers im kommenden Jahr die Dokumentation „Der Schock der Geschichte“ der Öffentlichkeit vorstellen.

Am 4. Juni brannte die „Fackel für Menschenrechte“ vor dem Warschauer Rathaus. (Cindy Drukier/ET)
Am 4. Juni brannte die „Fackel für Menschenrechte“ vor dem Warschauer Rathaus. (Cindy Drukier/ET)

Zum 19. Jahrestag des Massakers kamen am 4. Juni 2008 mehr als hundert Menschen vor der chinesischen Botschaft in der polnischen Hauptstadt Warschau zusammen. Für sie hatte der Tag eine doppelte Bedeutung. An genau diesem Tag wählten die Polen im Jahr 1989 zum ersten Mal in freien Wahlen. Es war der größte Sieg der Gewerkschaft Solidarnosc – einer Bewegung, die in den 1980er Jahren neun Millionen Menschen mobilisierte und einen Dominoeffekt in Gang setzte, der das kommunistische Regime zu Fall brachte. Weniger als sechs Monate später fiel die Mauer in Berlin. Die Solidarnosc wurde vom Regime in Peking als „Plage“ bezeichnet.

„China ist das größte Land der Erde, der größte totalitäre Staat, das größte Land ohne Demokratie“, sagte Miroslaw Chojecki, ein ehemaliger Held der Solidarnosc, am 4. Juni vor der Chinesischen Botschaft in Warschau, nachdem er am „Fackellauf für Menschenrechte“ teilgenommen hatte. „Wir sollten unsere Gesellschaft dazu bewegen, nicht nur auf unsere Nachbarstaaten zu schauen, sondern auch ein wenig weiter.“

Der Fackellauf für Menschenrechte brachte am 4. Juni in Warschau mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen wie amnesty international und Save Tibet, aber auch Falun Gong-Praktizierende und viele Polen, die ihre Unterstützung gegen kommunistische Regimes aussprachen, zusammen. „Ich glaube, für uns ist es sehr wichtig, die Schulden zurückzuzahlen und Menschen in anderen Ländern zu helfen, in denen Demokratie nicht existiert – wie China, Burma, Vietnam und Kuba, ebenso wie vielen post-sowjetische Länder“, sagte Chojecki. Der „Weltweite Fackellauf für Menschenrechte” ist eine internationale Initiative, die viel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen hat und auf die Menschenrechtsverletzungen in China im Vorfeld der Olympischen Spiele hinweist. Ihre Reise führte die Fackel bisher in mehr als 150 Städte in 37 Ländern. Die Teilnehmer laufen unter dem Motto: „Olympia und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht koexistieren“.

„Dem chinesischen Volk zeigen, dass wir es nicht vergessen haben.“

An dem Fackellauf nahmen auch Jugendliche teil, die das Erbe der Solidarnosc hochhalten. „Polen hat eine schwer wiegende Verantwortung wenn es um Menschen geht, wegen der Zeit, als wir selbst eingesperrt waren, als meine Eltern und Großeltern verfolgt wurden, weil sie an Jesus glaubten oder einfach nur Mitglieder der Solidarnosc waren“, sagte Tomasz Korczynski, ein Soziologe an der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität in Warschau. „Wir gedenken der Menschen, die 1989 im Gefängnis landeten, genau zu diesem Jahrestag, den wir heute begehen, und die noch immer dort sind.“ – „Diese Menschen sind ruiniert, wissen Sie, Studenten, junge Menschen wie ich, so wie die vielen Warschauer Bewohner, die heute eine Chance hatten, hier her zu kommen und vor der chinesischen Botschaft zu stehen.“ Korczynski, der auch für die katholische Kirche in Not tätig ist, möchte mehr Polen dazu motivieren, für die Unterdrückten in China einzutreten. „Wir wollen dem chinesischen Volk zeigen, dass wir es nicht vergessen haben, dass wir seine Botschafter sind….dass wir eine Art Lautsprecher für sie sind, der für sie spricht, da sie nicht für sich selbst sprechen können.“

Die Fackel vor dem Warschauer Weltkriegs-Denkmal. (Cindy Drukier/ET)Die Fackel vor dem Warschauer Weltkriegs-Denkmal. (Cindy Drukier/ET)

Während die Menge vor der chinesischen Botschaft in Warschau zu einem 15 Stunden dauernden Protest zusammenkam, passierte der Fackellauf auf einer Strecke von acht Kilometern einige der wichtigsten und symbolträchtigsten Sehenswürdigkeiten Warschaus. Unter diesen war auch das Monument zu Ehren von Kardinal Stefan Wyszynski, der dem Kommunismus zum Opfer fiel und während der Stalin-Herrschaft in den 1950er Jahren viele Jahre im Gefängnis verbrachte.

Den Beitritt Polens zur Europäischen Union sieht Korczynski als weitere Motivation, die Demokratie zu verteidigen. “Wir sind jetzt in der Europäischen Union, ein Land, das sich entwickelt, das wirtschaftlich immer reicher wird. Vielleicht vergessen wir manchmal darüber unsere Verantwortung, die Menschen aufzuwecken, ihnen zu sagen „Wacht auf!“ Das chinesische Regime töte den „Geist von Wahrheit und Freiheit“ bereits seit Jahrzehnten und zerstöre damit die „erstaunliche Dimension antiker chinesischer Kultur“, die 5.000 Jahre Bestand hatte.

Es sind die Worte des späten Papst Johannes Paul II., die weiterhin eine Hauptkraft im Kampf gegen die kommunistische Unterdrückung sind. Johannes Pau II. war ein scharfer Kritiker des Regimes und wird oft als derjenige angesehen, der die Polen dazu befähigte, gegen die Invasion der UDSSR zu rebellieren. „Diese Ideologie des Bösen, die Johannes Paul II. wiederholt eine Zivilisation des Todes genannt hat, hat von den Menschen in China Besitz ergriffen und will sie völlig versklaven“, sagte Korczynski eindringlich.

Die Epoch Times sprach am 4. Juni 2008 mit Miroslaw Chojecki, einem der wichtigsten Kämpfer der Solidarnosc-Bewegung, die den Kommunismus in Polen zu Fall brachte und deren Vorsitzender Lech Walesa erster Staatspräsident Polens nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde, vor der Chinesischen Botschaft in Warschau. Chojecki war Hauptverantwortlicher für die Publikationen der Solidarnosc und Gründer des Untergrund-Verlags NOWA. Zu Zeiten des Kommunismus wurde er für seine Aktivitäten mehrere Male verhaftet.

ET: Warum sind Sie heute hier?

Chojecki: In den 1980er Jahren, als Kriegsrecht in Polen herrschte, war ich in Frankreich in der Emi-
gration. Ich weiß, dass damals die gesamte demokratische Welt uns mit Ausrüstung, Geld und humanitärer Hilfe unterstützte. Viele Sondertransporte kamen nach Polen. Ich weiß, dass Polen ohne diese Art von Hilfe kein freies, demokratisches Land geworden wäre. Ich glaube, für uns ist es sehr wichtig, die Schulden zurückzuzahlen und Menschen in anderen Ländern zu helfen, in denen Demokratie nicht existiert – wie China, Burma, Vietnam und Kuba ebenso wie viele post-sowjetische Länder.

ET: Glauben Sie, dass Polen wegen der Vergangenheit des Landes anderen Staaten besonders gerne helfen wollen?

Chojecki: Ja, aber bis jetzt ist die Hilfe nur für Weißrussland, auch für die Ukraine. Aber das sind unsere Nachbarstaaten. Wir sollten unsere Gesellschaft dazu bewegen, die Polen dazu bewegen, nicht nur auf unsere Nachbarstaaten zu schauen, sondern auch ein wenig weiter.

ET: Warum gerade nach China?

Chojecki: China ist das größte Land der Erde, der größte totalitäre Staat, das größte Land ohne Demokratie

ET: Macht Ihrer Meinung nach ein Boykott der Olympischen Spiele Sinn?

Chojecki: Es ist sehr schwierig für tausende von jungen Frauen und Männern, die vier Jahre lang auf diese Spiele hingearbeitet haben. Für sie ist es etwas sehr Wichtiges. Aber da gibt es zwei Bereiche. Zum einen den Sport und die jungen Sportler, zum anderen die Politiker. Wenn die Politiker entscheiden würden, diese Olympischen Spiele nicht zu unterstützen, dieses Regime nicht zu unterstützen, wäre das sehr nett. Unser Präsident und unser Premierminister waren die ersten, die sich entschieden, nicht nach China zu gehen. Das ist sehr wichtig, nicht für uns, sondern für die Polen.

Ich glaube jedoch, dass wir mehr tun können, nicht nur während der Olympischen Spiele, denn die werden nur wenige Wochen dauern, und was dann? Was kommt danach? Wenn es einen sehr großen Knall während der Olympischen Spiele gibt, was kommt danach? Wir sollten daran denken, das chinesische Regime zu boykottieren; kein Geld in China zu investieren; keine sehr guten wirtschaftlichen Verbindungen zu China zu haben. Denn in China arbeiten viele Menschen wie Sklaven. Natürlich kann man mit Sklavenarbeit Geld machen, aber ich denke, dass das erstens nicht moralisch ist, und zweitens, dass es unseren wirtschaftlichen Beziehungen nicht hilft. Da China das größte Land ist, hat es das Potenzial, eine sehr große Armee zu organisieren mit modernen Waffen. Das ist eine sehr große Gefahr für die ganze Welt.

(Yaira Yasmin/ET)
(Yaira Yasmin/ET)


Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion