Spannung vor Jahrestag der „Gelbwesten“-Proteste

Es gab eine Zeit, da hatten die "Gelbwesten" Paris, ja ganz Frankreich, fest im Griff. Mittlerweile ist das nicht mehr so. Aber ein Jahr nach dem Beginn der Proteste könnten sich viele ihre gelbe Weste noch einmal überstreifen. Knallt es wieder?
Titelbild
Ein "Gelbwesten"-Demonstrant vor Polizisten. Die Polizei sei bereit, an diesem Wochenende einzugreifen, wenn es Vandalismus oder Gewalt bei den "Gelbwesten"-Protesten gebe.Foto: PASCAL GUYOT/AFP via Getty Images
Epoch Times16. November 2019

Die „Gelbwesten“-Proteste könnten am ersten Jahrestag der Demonstrationen wieder an Fahrt aufnehmen. Die Bewegung plant an diesem Wochenende in ganz Frankreich zahlreiche Demonstrationen.

Besonders viele „Gelbwesten“ dürfte es wieder in die Hauptstadt Paris ziehen. Dort haben die Behörden Demonstrationen an verschiedenen Orten untersagt – darunter auf der Prachtmeile Champs-Élysées. Offen ist, wie stark die Bewegung, die in den vergangenen Monaten deutlich an Schwung verloren hat, noch einmal mobilisieren kann. Die Polizei will mit aller Macht verhindern, dass es wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt.

Vor einem Jahr hatte sich der Protest der „Gelbwesten“ an der geplanten Erhöhung der Steuern auf Benzin und Diesel entzündet. Schnell wurde er jedoch deutlich breiter. Viele Demonstranten fühlten sich abgehängt und gingen gegen die Politik von Präsident Emmanuel Macron auf die Straße. Bei den Protesten kam es immer wieder zu Krawallen und Gewalt. Einige Demonstranten lieferten sich Straßenkämpfe mit der Polizei und randalierten. An den ersten Protestwochenenden herrschte regelrecht Ausnahmezustand in Paris.

Die Mehrheit der Franzosen (63 Prozent) wünscht sich keine neue Mobilisierung der „Gelbwesten“, wie das Meinungsforschungsinstitut Elabe in einer aktuellen Umfrage ermittelte. Die Unterstützung für die Bewegung ist dabei aber relativ konstant geblieben. So haben 55 Prozent der befragten Franzosen Sympathie für die „Gelbwesten“ oder unterstützen sie. Das sei zwar weniger als zu Beginn der Proteste, dafür aber ein relativ konstanter Wert seit Frühjahr, so Elabe.

Bei jeder Bewegung gebe es natürlich Ermüdungserscheinungen, sagt Frank Baasner, Leiter des Deutsch-Französischen Instituts in Ludwigsburg. Die Proteste hätten die „Gelbwesten“ auch viel Zeit gekostet. „Das hatte auch ein bisschen was von: Ich gehe in meine Stammkneipe“, so Baasner. Plötzlich hätten sich Leute eingebracht, die sich seit Jahren schon nicht mehr engagiert haben. „Die Unterstützung hat natürlich mit der Zeit nachgelassen, als man die Bilder gesehen hat, auf denen die Champs-Élysées in Flammen standen“, so der Experte. Verständlicherweise hätten viele keine Lust mehr gehabt, bei so etwas dabei zu sein. „Das waren zum Teil ja auch richtig gruselige Bilder.“

Die Polizei hat nun erneut für das gesamte Wochenende Demonstrationen auf den Champs-Élysées verboten. Seitdem die Proteste im März dort noch einmal völlig eskalierten, waren dort Demonstrationen untersagt. Auch an anderen Orten in der Hauptstadt sind Demonstrationen nicht zulässig – etwa rund um den Eiffelturm, am Sitz des Premierministers, am Senat und der Nationalversammlung oder um den Bahnhof Saint-Lazare. Die Polizei sei bereit, „einzugreifen, wenn es Vandalismus oder Gewalt gibt“, sagte Innenstaatssekretär Laurent Nunez dem Sender France 2.

Die zersplitterte Bewegung hat für Paris im Netz zu ganz unterschiedlichen Aktionen an verschiedenen Orten aufgerufen. So gibt es bei Facebook den Aufruf, trotz Verbots auf die Champs-Élysées zurückzukehren. Ein bekanntes „Gelbwesten“-Gesicht hat seine Anhänger dazu ermuntert, die Pariser Périphérique – eine große Ringautobahn – zu blockieren. In sozialen Netzwerken wurde auch dazu aufgerufen, ein großes Kaufhaus zu blockieren – ähnlich wie Aktivisten der Gruppe Extinction Rebellion. Sie hatten im Oktober eine Shoppingmall in Paris besetzt.

Offiziell angemeldet ist ein Marsch, der am Samstag im Süden von Paris beginnen soll. Auch am Sonntag gibt es eine angemeldete Demonstration im Herzen der Hauptstadt. Laut Medienberichten sind landesweit mehr als 200 Aktionen über das gesamte Wochenende geplant.

An den vergangenen Wochenenden waren noch einige Tausende Menschen auf der Straße. Bei der ersten großen Mobilisierung vor einem Jahr waren es mehr als 280.000 – in den Folgewochen mehr als Hunderttausend. Tausende Menschen wurden über die Monate verletzt, immer wieder wurde auch über Polizeigewalt bei den Protesten debattiert. (dpa)

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