Demokratisches Taiwan im Visier: Präsident Lai kritisiert Chinas Militärmanöver
In einem Facebook-Post erklärte Taiwans Präsident Lai Ching-te am Montag, dass er eine Sitzung mit seinem nationalen Sicherheitsteam einberufen habe. Seine Regierung sei zum frühestmöglichen Zeitpunkt über die Aktivitäten des chinesischen Militärs informiert gewesen.
„Angesichts der Bedrohungen von außen möchte ich meinen Mitbürgern versichern, dass die Regierung weiterhin das demokratische und freie Verfassungssystem verteidigen, das demokratische Taiwan schützen und die nationale Sicherheit gewährleisten wird“, so Lai.
Er fügte hinzu, dass die militärischen Zwangsmaßnahmen des chinesischen Regimes gegen Nachbarländer „nicht mit den Erwartungen der internationalen Gemeinschaft übereinstimmen“.
„Strenge Warnung“ an Taiwan
Wenige Stunden vor Lais Äußerungen begann das chinesische Kommando für das östliche Territorium mit sogenannten „Joint Sword-2024B“-Militärmanövern in der Straße von Taiwan und in Gebieten nördlich, südlich und östlich von Taiwan. Das Kommando erklärte, die Übungen sollten als „strenge Warnung“ vor „separatistischen Handlungen der taiwanesischen Unabhängigkeitskräfte“ dienen, ohne dies näher zu erläutern.
Die Kommunistische Partei Chinas (KPCh), die Taiwan als eine ihrer Provinzen betrachtet, hat seit dem Wahlsieg von Lai im Januar ihren militärischen Druck und ihre Zwangsmaßnahmen gegenüber Taiwan verschärft.
Chinas aggressives staatliches Sprachrohr, die englischsprachige Tageszeitung „Global Times“, erklärte in einem am Montag veröffentlichten Meinungsartikel, Peking habe eine „scharfe Antwort“ auf die „illegale Provokation“ von Lais „separatistischen“ Äußerungen während seiner Rede am 10. Oktober, dem taiwanesischen Nationalfeiertag, ergriffen.
In seiner Antrittsrede im Mai und in seiner Grundsatzrede zum 113. Geburtstag Taiwans im Oktober hatte Lai gesagt, dass das kommunistische China und das demokratische Taiwan „einander nicht untergeordnet sind“.
Wenige Tage nach Lais Antrittsrede begann das chinesische Militär mit der Übung „Joint Sword-2024A“, bei der Taiwan eingekreist wurde.
Zweimal „Ein China“
Am Montag entsandte China auch Schiffe seiner Küstenwache. Zum ersten Mal umkreisten die Schiffe Taiwan, um Patrouillen zur „Rechtsdurchsetzung“ durchzuführen. In einer Erklärung sagte der Sprecher der chinesischen Küstenwache, Liu Dejun, die Patrouillen stünden im Einklang mit dem Ein-China-Prinzip der KPCh.
Die Vereinigten Staaten verfolgen eine „Ein China“-Politik, die besagt, dass es nur einen souveränen Staat namens „China“ gibt. Dies unterscheidet sich jedoch von dem „Ein China“-Prinzip, nach dem die KPCh die Souveränität über Taiwan behauptet.
Das taiwanesische Außenministerium (MOFA) erklärte, dass es China wegen der Militärübungen „mit Nachdruck anprangert“, und fügte hinzu, dass Lai in seiner Rede zum Nationalfeiertag „seinen guten Willen gegenüber China“ zum Ausdruck gebracht habe.
„Das MOFA ruft die Nationen auf der ganzen Welt dazu auf, Chinas autoritäres und expansionistisches Wesen zu erkennen, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um das demokratische Taiwan in diesem kritischen Moment zu unterstützen, sich bei der Verteidigung der Werte von Freiheit und Demokratie zu vereinen und die auf Regeln basierende internationale Ordnung zu schützen“, heißt es in der Erklärung.
„Ungerechtfertigt“
Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, hält Chinas Militäraktion für „ungerechtfertigt“. Sie riskiere eine Eskalation.
„Wir fordern die Volksrepublik China auf, zurückhaltend zu handeln und weitere Aktionen zu vermeiden, die den Frieden und die Stabilität in der Straße von Taiwan und in der gesamten Region untergraben könnten“, sagte Miller.
„Wir werden die Aktivitäten der VR China weiterhin beobachten und uns mit unseren Verbündeten und Partnern über unsere gemeinsamen Anliegen abstimmen.“
Der Europäische Auswärtige Dienst, der diplomatische Arm der Europäischen Union, teilte mit, dass Chinas Militärübungen die Spannungen in der Taiwanstraße verschärfen.
„Die EU bekräftigt, dass Frieden und Stabilität in der Straße von Taiwan von strategischer Bedeutung für die regionale und globale Sicherheit und den Wohlstand sind“, so die EU-Einrichtung. „Wir lehnen alle einseitigen Aktionen ab, die den Status quo mit Gewalt oder Zwang verändern.“
Am Montagabend erklärte Hauptmann Li Xi, Sprecher des chinesischen Ostkommandos, die Übungen für beendet.
Tagesrekord
Das taiwanesische Verteidigungsministerium erklärte am Montagabend auf einer Pressekonferenz, es habe zwischen 5 und 16:30 Uhr Ortszeit 125 chinesische Flugzeuge in der Nähe der Insel entdeckt. 90 von ihnen seien in die „Reaktionszone“ der Insel eingedrungen. Nach Angaben des Ministeriums stellt diese Zahl einen Tagesrekord für gesichtete chinesische Flugzeuge dar.
Darüber hinaus wurden nach Angaben des Ministeriums 17 chinesische Marineschiffe und 17 Schiffe der Küstenwache in den nahen Gewässern der Insel gesichtet.
Die taiwanesische Küstenwache teilte am Montag mit, dass sie vier Schiffe der chinesischen Küstenwache aus den „Sperrgewässern“ von Taiwans vorgelagerter Insel Matsu vertrieben habe.
Quarantäne über Taiwan
Rush Doshi, Direktor der China Strategy Initiative beim Council on Foreign Relations und ehemaliger stellvertretender Direktor für China und Taiwan beim National Security Council in den USA, stellte auf der Social-Media-Plattform X die Rolle der chinesischen Küstenwache infrage.
„Ich glaube, dies ist eine ungewöhnliche Aktivität, die nicht auf einen Präzedenzfall zurückgeht. Ein Vorspiel für künftige Strafverfolgungsmaßnahmen? Das wäre eine erhebliche Eskalation“, schrieb Doshi.
Im Juni veröffentlichte das Center for Strategic and International Studies (CSIS) einen Bericht, in dem die Möglichkeit untersucht wurde, dass China seine Küstenwache einsetzt, um eine Quarantäne über Taiwan zu verhängen.
In einem solchen Szenario würden die chinesischen Schiffe die Zollvorschriften der KPCh rund um Taiwan durchsetzen und Frachtschiffe, Tanker und deren Personal, die für die Insel bestimmt sind, zur Inspektion und Befragung durch chinesische Behörden verpflichten.
Auf diese Weise könnte China Taiwan wirtschaftlich bestrafen und die Souveränität der Insel untergraben, so das CSIS.
Taiwans oppositionelle Kuomintang-Partei hielt Chinas Entschluss, Militärübungen rund um die selbstverwaltete Insel durchzuführen, für „äußerst bedauerlich“. Dies würde die regionale Sicherheit „ernsthaft beeinträchtigen“.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „President Lai Vows to ‘Protect Democratic Taiwan’ as China Holds Military Exercises Encircling the Island“. (deutsche Bearbeitung jw)
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