„Demokratie im Vogelkäfig“: Größter Prozess in Hongkong gegen Demokratieaktivisten begonnen

In Hongkong stehen 47 Demokratie-Aktivisten vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt sie, durch inoffizielle Vorwahlen im Vorfeld der Parlamentswahlen im Jahr 2020 in Hongkong den Sturz der Regierung beabsichtigt zu haben.
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Mehr als 100 Hongkonger Bürger warten am 6. Februar 2023 in den frühen Morgenstunden vor einem Gericht und warten auf Einlass.Foto: Adrian Yu/The Epoch Times
Epoch Times7. Februar 2023

In Hongkong hat der bisher größte Prozess gegen Demokratieaktivisten begonnen. Zum Auftakt des Verfahrens am Montag plädierten 16 der insgesamt 47 Angeklagten auf nicht schuldig, darunter der ehemalige Abgeordnete Leung Kwok-hung. „Widerstand gegen die Tyrannei ist kein Verbrechen“, sagte er.

Den Angeklagten wird „Verschwörung zum Umsturz“ vorgeworfen. Vor Gericht stehen neben Leung Kwok-hung unter anderem der Rechtsgelehrte Benny Tai, die Ex-Abgeordnete und frühere AFP-Journalistin Claudia Mo, der Ex-Abgeordnete Au Nok-hin, die Demokratieaktivisten Lester Shum sowie der im Westen besonders bekannte Aktivist Joshua Wong.

Das Verfahren dürften etwa vier Monate dauern. Den Rädelsführern drohen nach dem von Peking verhängten Hongkonger Sicherheitsgesetz bei einer Verurteilung lebenslange Haftstrafen.

Der Prozess wird öffentlich verhandelt, jedoch ohne Jury. Damit verstößt der Prozess gegen Hongkongs juristischen Gepflogenheiten in der Tradition des angelsächsischen Rechtssystems (Common Law).

Demonstranten warten seit frühen Morgenstunden

Vor dem Gerichtsgebäude in West Kowloon versammelten sich zum Prozessauftakt trotz massiver Polizeipräsenz mehr als 100 Demonstranten. Einige kamen bereits in den frühen Morgenstunden mit Schlafsäcken und Stühlen, um auf Einlass zu warten.

Die langjährige Aktivistin Chan Po-ying, Ehefrau des Angeklagten Leung Kwok-hung, entrollte vor dem Gerichtsgebäude ein Transparent, auf dem sie die Freilassung „aller politischen Gefangenen“ forderte. Bei dem Prozess handele es sich um „politische Verfolgung“, sagte Chan.

Gegenüber der Epoch Times sagte die Vorsitzende der Liga der Sozialdemokraten, dass sie verzweifelt sei. Hongkong sei nun wie eine „Demokratie im Vogelkäfig“. Alle großen und kleinen Demonstrationen müssten von der Regierung geduldet werden. Fast jede Petition und Demonstration der Liga würde auf unterschiedliche Weise unterdrückt.

Chan war mit zwei anderen Vertretern der Liga vor Ort. Sie baten darum, am Haupteingang protestieren zu dürfen, doch die Polizei verweigerte das. Sie kesselte die Demonstranten in einem Bereich gegenüber dem Gericht ein.

Einer der Liga der Sozialdemokraten, Dickson Chau, zog seine Maske herunter, um auf Fragen von Reportern zu antworten. Dann kam die Polizei und beschuldigte ihn „in der Öffentlichkeit keine Maske zu tragen“ und zerrte ihn in einen Polizeiwagen. Eine Zeit lang herrschte Chaos. Einige Reporter stürmten nach vorn, um das Geschehen zu verfolgen.

Staatsanwaltschaft wertet parlamentarische Vorwahlen in 2020 als „Umsturzversuch“

Die 47 Angeklagten erschienen Anfang März 2021 zum ersten Mal vor Gericht. 13 von ihnen wurden damals gegen Kaution freigelassen. Die übrigen 34 befinden sich seit mehr als 700 Tagen in Untersuchungshaft.

Damals legte die Staatsanwaltschaft den Aktivisten zur Last, im Jahr 2020 eine inoffizielle Vorwahl für Oppositionskandidaten für das Hongkonger Parlamentswahl durchgeführt zu haben.

Ziel der Opposition war es, die Mehrheit der Sitze im Parlament zu erlangen. Dies hätte ihr ermöglicht, den öffentlichen Haushalt Hongkongs zu blockieren und möglicherweise einen Rücktritt der damals amtierenden pro-chinesischen Regierungschefin von Hongkong, Carrie Lam, zu erzwingen.

Trotz staatlicher Warnungen nahmen mehr als 610.000 Menschen an den Vorwahlen teil. Das ist rund ein Siebtel der wahlberechtigten Hongkonger Bevölkerung. Die Staatsanwaltschaft wertete die Vorwahlen als Umsturzversuch.

Aus für die Bastion der Meinungsfreiheit

Die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong galt bis vor wenigen Jahren als Bastion der Meinungsfreiheit in China. Seit Peking im Jahr 2020 das umstrittene Nationale Sicherheitsgesetz erlassen hat, wird in der Sonderverwaltungszone jedoch massiv gegen pro-demokratische Aktivisten und andere Peking-kritische Stimmen vorgegangen.

Bei der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie 1997 an China hatte Peking zugesichert, das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ 50 Jahre lang aufrecht zu erhalten. Dieses sollte den Menschen in Hongkong ihre Bürgerrechte garantieren. (nh)

(Mit Material von The Epoch Times und Nachrichtenagenturen)



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