Debatte über Afrikas Austrittspläne aus Haager Strafgerichtshof: Nur Afrikaner angeklagt – keine Kriegsverbrecher aus dem Westen
Nach Burundi und Südafrika hat nun auch der westafrikanische Staat Gambia seinen Rückzug aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) angekündigt – und damit die Debatte über die Tätigkeit des Haager Gerichts angeheizt. Gambias Regierungssprecher Sheriff Bojang warf dem Gericht in der Nacht zum Mittwoch die „Verfolgung und Demütigung von Menschen dunkler Hautfarbe, insbesondere von Afrikanern“ vor. Kriegsverbrechen westlicher Politiker ignoriere das Gericht.
Innerhalb von wenigen Wochen gaben nun drei afrikanische Staaten ihre Absicht bekannt, den IStGH zu verlassen. Auch Namibia und Kenia schließen einen solchen Schritt nicht aus. Einige afrikanische Länder werfen dem IStGH eine postkoloniale Voreingenommenheit gegenüber Anführern des Kontinents vor.
Der Schritt Gambias kam dennoch überraschend – zum einen stammt die IStGH-Chefanklägerin Fatou Bensouda aus Gambia, zum anderen hatte Präsident Yahja Jammeh noch im Mai dem Magazin „Jeune Afrique“ gesagt, das Gericht nehme „nicht speziell Afrika ins Visier“.
Neun der bislang zehn Ermittlungen des IStGH betrafen afrikanische Länder, eine Georgien. Der IStGH ahndet seit 2002 schwerste Vergehen im Rahmen des Völkerstrafrechts, darunter Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Vorermittlungen laufen zu Verbrechen, die in Kolumbien, Afghanistan, dem Irak und den Palästinensergebieten begangen wurden.
Als Beleg für eine Voreingenommenheit des Strafgerichtshofs nannte Gambias Regierungssprecher die Weigerung des IStGH, den früheren britischen Premierminister Tony Blair wegen des Irak-Kriegs anzuklagen. „Seit der Gründung des IStGH haben viele westliche Länder, mindestens 30 von ihnen, abscheuliche Verbrechen gegen unabhängige Staaten und deren Bürger begangen, und kein einziger westlicher Kriegsverbrecher wurde je angeklagt“, kritisierte Bojang.
Gambia hatte vergeblich versucht, beim IStGH wegen des Todes afrikanischer Flüchtlinge bei ihrer Fahrt über das Mittelmeer ein Verfahren gegen europäische Staaten anzustrengen. Nichtregierungsorganisationen werfen der Regierung Gambias ihrerseits regelmäßig schwere Verletzungen der Menschenrechte vor. Präsident Jammeh, der 1994 durch einen Putsch an die Macht kam, regiert das kleine Land mit harter Hand. Ihm wurde mehrfach vorgeworfen, politische Gegner verschwinden zu lassen.
Der gambische Präsidentschaftskandidat Adama Barrow, der sich bei dem Wahlgang am 1. Dezember Chancen gegen Amtsinhaber Jammeh ausrechnet, sagte, die Absetzbewegung vom IStGH solle die Machthaber in Gambia „schützen“. Die Menschenrechtsorganisation HRW warf der gambischen Regierung vor, sie habe eine „lange Liste“ von Menschenrechtsverletzungen zu verantworten, darunter Folter, Misshandlungen und das Verschwindenlassen von Oppositionellen und Journalisten.
Amnesty International rief die afrikanischen Regierungen auf, dem neuen Trend zum Austritt aus dem IStGH nicht zu folgen, sondern mit dem Gericht zusammenzuarbeiten, um Streitigkeiten beizulegen. Von 54 afrikanischen Staaten haben 34 das Statut des IStGH ratifiziert.
Der Völkerrechtler Aaron Matta vom Haager Institute for Global Justice sagte, Rückzugserklärungen seien rechtlich zulässig. Sie seien zwar ein „starkes Signal“, letztlich sei aber der Gerichtshof „für die Opfer“ geschaffen worden und nicht für „die Mächtigen, die Gesetze ratifizieren oder nicht“. (afp)
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