Das freie Netz in Gefahr? EU-Parlament diskutiert über Urheberrecht
Die hitzige Debatte um die Reform des europäischen Urheberrechts geht in die nächste Runde. Nachdem das Europaparlament die ursprünglichen Pläne im Juli zurückgewiesen hat, diskutiert es am Dienstag erneut über die umstrittene Reform. Einen Tag später stimmen die Parlamentarier dann über eine gemeinsame Position ab.
Besonders kontrovers sind zwei diskutierte Neuerungen im EU-Urheberrecht: Die mögliche Einführung des Leistungsschutzrechts (LSR) für Verleger sowie sogenannter Upload-Filter bei Plattformen wie YouTube. Sollte das Parlament eine gemeinsame Position finden, muss es noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. Andernfalls käme das Dossier zurück in den zuständigen Ausschuss. Ein Abschluss vor der Europawahl im Mai wäre somit sehr unwahrscheinlich.
Im Juli hatten die Parlamentarier den Kompromissvorschlag des Berichterstatters Axel Voss (CDU) noch mit knapper Mehrheit zurückgewiesen. Die damals geplanten Regeln sahen vor, dass Online-Plattformen wie YouTube künftig schon während des Hochladens der Inhalte hätten prüfen müssen, ob diese urheberrechtlich geschützt sind. Technisch möglich wäre das mit den Upload-Filtern. Bisher müssen Plattformen hochgeladene Filme, Bilder oder Texte erst im Nachhinein löschen, wenn sie keine Rechte an ihnen haben.
Nach dem damals geplanten Leistungsschutzrecht sollten Plattformen wie Google künftig außerdem nicht mehr ohne Weiteres Überschriften oder Ausschnitte von Pressetexten anzeigen dürfen. Sie bräuchten eine Erlaubnis der Verlage und müssten gegebenenfalls dafür zahlen. In Deutschland gilt das LSR schon seit 2013. Es führte nicht zu nennenswerten Geldzahlungen von Konzernen wie Google an die Verlage.
Zeitungsverlage, Autoren, Plattenfirmen und andere Rechteinhaber sollten mit den neuen Urheberrechts-Vorschriften fairer für ihre Leistung entlohnt werden. Kritiker sahen von den Vorschlägen das freie Internet bedroht.
Für die Abstimmung am Mittwoch haben die Parlamentarier nun mehr als 200 Alternativvorschläge eingereicht. Auch Berichterstatter Voss hat nochmal an seinem Vorschlag gefeilt und einen Kompromiss vorgelegt.
Er betont, sein aktueller Vorschlag verzichte auf die Einführung von Upload-Filtern. Nur Plattformen, die Inhalte bewerben, sollten demnach künftig von dem umstrittenen Artikel 13 betroffen sein, Zusätzliche Ausnahmen hat Voss für kleine Firmen eingeführt. Zudem sollten die EU-Staaten den Dialog zwischen Rechteinhabern und jenen Plattformen, auf die Nutzer Inhalte hochladen, fördern und an Lösungen arbeiten.
Gleichzeitig sieht sein Vorschlag vor, dass die Verantwortung – also die Haftung – für Uploads bei den Plattformen liegt. Kritiker erwarten deshalb, dass die Plattformen alles tun werden, um keine Rechte zu verletzten – und deshalb Upload-Filter einführen würden, wie der SPD-Abgeordnete Tiemo Wölken sagte.
Wölken hat zusammen mit anderen Abgeordneten seiner Fraktion einen anderen Vorschlag vorgelegt, bei dem seiner Meinung nach komplett auf derlei Filter verzichtet wird. Stattdessen schlägt er die Einführung von Schnittstellen vor, durch die Rechteinhaber die Uploads der Plattformen auf Copyright-Verletzungen untersuchen können.
Auf eine generelle Haftung der Plattformen verzichtet der Vorschlag. So besteht Wölken zufolge nicht die Gefahr, dass Plattformen in vorauseilendem Gehorsam Inhalte sperren könnten. Upload-Filter bezeichnete Wölken als „rote Linie“. Auch die Bundesregierung hat Upload-Filtern eine Absage erteilt: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Upload-Filtern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden Inhalten zu „filtern“, lehnen wir als unverhältnismäßig ab“, heißt es im Koalitionsvertrag.
Berichterstatter Voss hat seinen Vorschlag auch in Sachen Leistungsschutzrecht noch ein wenig angepasst. Er sieht vor, dass die Veröffentlichung von Hyperlinks zu Presseartikeln inklusive einzelner Wörter künftig weiter ohne Lizenz erlaubt sein soll. Unter dem vorherigen Entwurf war auch das Anzeigen einzelner Wörter verboten. Auch für diesen Artikel 11 des Gesetzes wurden mehrere Alternativen eingereicht. (dpa)
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