Das „Afghanistan-Problem“ ist für Biden noch lange nicht erledigt

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Joe Biden hält eine Ansprache nach den Anschlägen in Kabul.Foto: Drew Angerer/Getty Images
Epoch Times31. August 2021

Es ist genau eine Minute vor Mitternacht, als am Flughafen von Kabul die letzte US-Militärmaschine abhebt. Und im fernen Washington dürfte Präsident Joe Biden erleichtert aufgeatmet haben. Mit dem Abzug der letzten Soldaten aus Afghanistan endet der 20-jährige Militäreinsatz der USA am Hindukusch. Nach beispiellosen Krisenwochen will Biden das Kapitel Afghanistan jetzt möglichst schnell schließen – doch dem Präsidenten droht noch viel Ungemach.

Jetzt schon steht fest: Bidens Ansehen hat massiven Schaden erlitten. Inmitten des US-Truppenabzugs überrannten die radikalislamischen Taliban das Land und kehrten nach 20 Jahren an die Macht zurück. Die folgende Evakuierungsmission für westliche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte begann chaotisch, am Flughafen von Kabul spielten sich dramatische Szenen ab. Dann wurden bei einem Selbstmordanschlag der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) mehr als hundert Menschen getötet, unter ihnen 13 US-Soldaten.

Joe Biden erlebt politisches Fiasko

Der Afghanistan-Abzug wurde für Biden damit zu einem politischen Fiasko. Die oppositionellen Republikaner haben schon einen Rücktritt oder ein Amtsenthebungsverfahren gefordert, einige Medien stellen den Politiker als inkompetent dar, und selbst eher wohlgesonnene Medien sparen nicht mit Kritik – unter anderem, weil dutzende oder gar hunderte US-Bürger und tausende Ortskräfte zurückgelassen wurden.

Wie groß und dauerhaft der politische Schaden für den 78-Jährigen tatsächlich ist, darin sind Experten sich uneins. „Normalerweise ist Außenpolitik kein großes Thema, wenn es nicht gerade eine große Krise in Wahlzeiten gibt, etwa einen beginnenden Krieg“, sagt der Politikwissenschaftler David Karol von der Universität Maryland. „Die Vorstellung, dass das jetzt das Ende der Präsidentschaft (von Biden) ist, ist stark übertrieben.“

Auch der Historiker Allan Lichtman von der American University in Washington hebt hervor, dass US-Präsidenten außenpolitische Krisen häufig unbeschadet überstanden haben. Der in Lichtmans Augen außenpolitisch höchst erfolgreiche George Bush wurde dagegen 1992 nach nur einer Amtszeit abgewählt. Sein demokratischer Herausforderer Bill Clinton punktete mit der Parole „It’s the economy, stupid“ (Auf die Wirtschaft kommt’s an, Dummkopf).

Ein Motto, auf das jetzt auch Biden setzt. Der Demokrat will billionenschwere Investitions- und Reformpakete durchsetzen, um die marode Infrastruktur des Landes zu erneuern und das Sozialsystem auszubauen. Neue Straßen und Brücken und ein besserer Zugang zu Bildung „wird den Amerikanern in sechs Monaten mehr bedeuten als Afghanistan“, glaubt Lichtman.

Kein großer Rückhalt für Afghanistan-Einsatz

Außerdem gibt es in der Bevölkerung grundsätzlich großen Rückhalt für ein Ende des Afghanistan-Einsatzes, der nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 begonnen hatte. Schon Bidens Vorgänger Donald Trump hatte ein Ende von „endlosen Kriegen“ versprochen.

Der Sicherheitsexperte James Jay Carafano von der konservativen Denkfabrik Heritage Foundation warnt aber, Afghanistan könne Biden auch weiterhin „plagen“. Denn was passiert, wenn sich in dem von den Taliban kontrollierten Land das Terrornetzwerk Al-Kaida erneut ausbreitet? Was, wenn in Afghanistan zurückgebliebene US-Bürger als Geiseln genommen werden? „Das Afghanistan-Problem wird für diese Regierung nicht verschwinden“, prophezeit Carafano.

Die Republikaner, die schon auf die Kongresswahlen im kommenden Jahr blicken und 2024 das Weiße Haus zurückerobern wollen, setzten ihre Kritik der vergangenen Tage gegen Biden fort. Sie werfen ihm vor, die USA international geschwächt und der Lächerlichkeit preisgegeben zu haben.

„US-Präsident Joe Biden hat große Schande über die amerikanische Bevölkerung gebracht“, wütete der konservative Abgeordnete Richard Hudson nach dem Abflug der letzten US-Soldaten. „Er hat unsere Verbündeten aufgegeben und US-Bürger schutzlos IS-K, Al-Kaida und dem brutalen Taliban-Regime ausgeliefert.“

Nach dem Abflug der letzten Militärmaschine dankte Biden seinen Militärkommandeuren und den beteiligten Soldaten dafür, den „gefährlichen“ Abzug „ohne weiteren Verlust amerikanischer Leben“ zu Ende gebracht zu haben. Doch eines ist klar: Aus dem Afghanistan-Krisenmodus wird der Präsident so schnell nicht herauskommen. (afp/oz)



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