Corona wie Grippe bewerten: Omikron zwingt Spanien zur Einsicht

Die hochinfektiöse, aber milde Omikron-Variante des Corona-Virus bringt Spanien dazu, in der Pandemie maßnahmentechnisch abzurüsten. Eine Totalüberwachung der Fälle ist nicht mehr möglich. Stattdessen wird auf Überwachungssysteme gesetzt, die schon bei der Grippe zum Einsatz kommen. Infektionen will man weiterhin mit Booster-Impfungen bekämpfen. Zudem soll die neue Corona-Pille von Pfizer zum Einsatz kommen.
Titelbild
Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez.Foto: KENZO TRIBOUILLARD/POOL/AFP via Getty Images
Von 12. Januar 2022

Spanien geht neue Wege in der Pandemie. Man ist zu der Einsicht gekommen, die Corona-Pandemie als einfache saisonale Epidemie zu behandeln, wie es bei der Grippe seit einem Jahrhundert der Fall sei, berichtet unter anderem die spanische Tageszeitung „El Comercio“. Regierungschef Pedro Sánchez erklärte, dass sich die aktuelle Situation der Covid-19-Pandemie von der im März 2020 unterscheide.

Zu den geplanten Maßnahmen im zukünftigen Umgang mit der Pandemie zählen in Spanien nach wie vor die Boosterimpfungen. Ein weiteres Standbein soll die von Pfizer entwickelte Corona-Pille „Paxlovid“ sein. Spanien plant, in diesem Monat 344.000 Dosen des Medikaments zu kaufen.

Es soll der Meldung nach hochwirksam bei der Behandlung schwerster Covid-Fälle sein und die Zahl der Todesfälle reduzieren. Pfizer selbst habe kürzlich zudem bekannt gegeben, dass ab März bereits ein Impfstoff gegen Omikron zur Verfügung stehen könnte.

Punktuelles Überwachungssystem statt Totalüberwachung

Spaniens Gesundheitsexperten und auch die Autonomen Regionen sind gerade dabei, einen Plan fertigzustellen, an dem Spanien bereits seit Sommer 2020 arbeitet. Ein konkretes Datum für die Umsetzung der Änderungen wurde nicht bekannt gegeben. Man geht aber allgemein davon aus, dass die Änderungen nicht vor Ende der aktuellen sechsten Welle umgesetzt werden.

Spanien wendet sich damit von der bisherigen allgemeinen Registrierung aller positiven Fälle und den weitverbreiteten Tests ab. Wie die Tageszeitung „El País“ dazu schreibt, wolle man die Lage nicht mehr durch „erschöpfende Zählungen, sondern durch Hochrechnungen“ im Blick behalten – „ohne jeden Fall zu zählen, ohne auf das kleinste Symptom zu testen“.

Amparo Larrauri, Leiter der Überwachungsgruppe für Influenza und andere Atemwegsviren beim National Epidemiology Center (CNE), erklärte, dass es jetzt „angesichts der enormen Übertragbarkeit von Covid“ eine sehr große Herausforderung sei, die universellen Überwachungsprotokolle strikt einzuhalten. „Es wird unmöglich“, sagte der Epidemiologe.

Stattdessen soll ein spezielles Überwachungssystem installiert werden, um die Virus-Situation im Blick zu behalten und Bekämpfungsstrategien zu entwickeln. Eine Gruppe von Grundschulärzten, Gesundheitszentren und Krankenhäusern soll strategisch ausgewählt werden, um statistisch signifikante Werte zu erheben.

Zur Überwachung sollen dabei leichte akute Atemwegsinfektionen in Grundschulen und schwere Fälle in Krankenhäusern kommen. Mit diesen mildesten und schwersten Ausbreitungen der Krankheit will man dann Hochrechnungen zur Lage machen.

CNE-Wissenschaftler Larrauri erklärte: „Die Meldeposten müssen so gewählt werden, dass sie repräsentativ für die Bevölkerung des überwachten Gebiets sind, damit wir aufgrund der Erfahrungen, die wir bereits mit der Influenza-Überwachung haben, die epidemiologische Entwicklung und die Zirkulationsmerkmale erkennen können.“

Aktuell gibt es in Spanien fünf Gemeinden, die diese Art der Überwachung als Pilotprojekt an Grundschulen betreiben und neun in Krankenhäusern.

Spanische Statistik

Aufgrund der Impfstoffe und der aktuellen Virusmutation mit milden Verläufen sei das individuelle Risiko zwar stark gesunken, die Zahl der Krankenhauspatienten sei aber dennoch hoch, so „El País“. Vergangenen Freitag wurden demnach 14.426 Corona-Patienten gemeldet, was mehr sei, als auf dem Höhepunkt der vierten und fünften Welle. Auch die Zahl der Intensivpatienten sei mit 2.056 höher als die in der fünften Welle (2.031), liege jedoch noch unter jener der vierten Welle (2.356).

Allerdings sei auch mit der Grippe nicht zu spaßen, so das Blatt. Laut dem spanischen „Carlos III Health Institute“ habe die Grippe in der Saison 2017/2018 etwa 15.000 direkte oder indirekte Todesfälle verursacht oder rund 41 pro Tag. Dennoch habe diese Krankheit das Leben der Bürger Spaniens in den letzten 100 Jahren nicht beeinträchtigt.

Kürzlich habe Helena Legido-Quigley, Expertin für Gesundheitssysteme, im Interview mit „El País“ gesagt, dass es an der Zeit sei, dass man als Gesellschaft eine Debatte darüber führe, wie viele Covid-Todesfälle pro Tag man zu akzeptieren bereit sei, um zur Routine zurückzukehren und das Blatt zu wenden.



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