„Irgendwann kippt das“: EU-Abgeordneter Gahler über Resolution gegen die Verfolgung von Falun Gong
Verhaftet, gefoltert, der Organe beraubt. Am 18. Januar setzte das Europäische Parlament im französischen Straßburg mit seiner Resolution 2024/2504 (RSP) ein Zeichen gegen die brutale Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden in China und die erzwungene Organentnahme. Epoch Times sprach mit dem Initiator der Resolution, dem deutschen EU-Abgeordneten Michael Gahler aus Hessen, was von der Resolution zu erwarten ist – und was nicht.
Anlass für die Resolution gab der Fall des Teebauern Ding Yuande aus einem ostchinesischen Dorf. Er wurde während der Arbeit verhaftet, weil er Falun Gong (auch Falun Dafa genannt) praktiziert. Das Paradoxe: In China wird die Religionsfreiheit eigentlich durch das Gesetz geschützt und garantiert. Doch die KPC duldet keine Autorität neben oder gar über sich. Wer sich nicht der Kontrolle unterwirft, wird „drangsaliert, verfolgt und willkürlich verhaftet“, schreibt die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) auf ihrer Website.
Darunter leiden bis heute über 100 Millionen Falun-Gong-Praktizierende in China, die seit Juli 1999 verfolgt werden, weil sie sich an Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht ausrichten – buddhistische Prinzipien, die mit den aus Korruption, Unterdrückung und Gewalt bestehenden Idealen der KPC unvereinbar sind.
Der Fall des chinesischen Teebauern, der exemplarisch für unzählige inhaftierte Falun-Gong-Praktizierende steht, erregte internationale Aufmerksamkeit durch den Einsatz seines in Berlin lebenden Sohnes Ding Lebin. Der deutsche EU-Abgeordnete Michael Gahler, außenpolitischer Sprecher der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und langjähriger Kämpfer für Menschenrechte, brachte daraufhin die Resolution beim EU-Parlament ein.
Für die Kommunistische Partei Chinas ist Gahler kein Unbekannter. Im März 2021 wurden er und vier weitere EU-Parlamentarier von der KPC sanktioniert, weil die EU Sanktionen gegen KPC-Beamte wegen Völkermordes an Uiguren verhängt hatte. Epoch Times sprach mit Michael Gahler über die neue Resolution und die andauernde Verfolgung von Falun Gong in China.
In der Entschließung wird insbesondere der Fall von Ding Yuande erwähnt. Spielt dieser Fall eine wichtige Rolle in dieser Entschließung?
Gahler: Das Konzept dieser Dringlichkeitsresolutionen ist, einen Einzelfall einer Menschenrechtsverletzung hervorzuheben, der aber in der Regel symbolisch für eine breitere Verfolgung steht. Im vorliegenden Fall ist Herr Ding Yuande ausschließlich wegen des Praktizierens von Falun Gong verurteilt worden. Vielen anderen geht es genauso.
Welche Auswirkungen hat diese Resolution auf die EU und ihre Mitgliedstaaten?
Gahler: Die Resolution kann bei Gelegenheit der Befassung mit China als Referenz herangezogen werden, um die Forderung nach Freilassung aus politischen Gründen Verfolgter zu unterstreichen. Uiguren, Tibeter, Hongkonger, Christen der Untergrundkirchen und eben auch Falun-Gong-Praktizierende werden verfolgt.
Wenn wir etwas beschlossen haben, erleichtert das anderen, sich darauf zu beziehen.
Wie wirkt sich die Resolution auf die KPC aus? Inwieweit wird sie die KPC zwingen, Ding Yuande freizulassen?
Gahler: Die KPC nimmt solche Resolutionen sehr bewusst zur Kenntnis. Zur unmittelbaren Freilassung wird diese Resolution aber wahrscheinlich nicht führen.
Aber die Bekanntheit von Ding Yuande wird präventiv den Effekt haben, dass er nicht unbemerkt verschwindet. Und ständige Nachfragen von Gesprächspartnern bei Anlässen im In- und Ausland führen vielleicht dazu, dass er früher freigelassen wird.
Seit vielen Jahren unterstützen Sie Falun Gong, was halten Sie von dieser Gruppe?
Gahler: Ich unterstütze Falun Gong, wie ich auch die Demokratiebewegung in Hongkong oder die Tibeter unterstütze, weil es sich um die Verwirklichung von Menschenrechten handelt.
Falun Gong zu praktizieren, ist eine Frage der Glaubens- und Gewissensfreiheit, was niemand anderem schadet und sich auch nicht gegen Dritte oder einen Staat richtet.
Die KPC verfolgt Falun Gong seit 24 Jahren und entnimmt Inhaftierten Organe bei lebendigem Leib. Warum tut die KPC dies Ihrer Meinung nach? Wie sehen Sie das Ende der KPC?
Gahler: Die KPC hat einen angemaßten Alleinvertretungsanspruch, politisch und ideologisch. Wenn sich Menschen in relevanter Anzahl spirituell anders orientieren, wird das offenbar schon als Gefährdung des Machtmonopols betrachtet. Ich bin zuversichtlich, dass sich die intelligenten und fleißigen Chinesen eines Tages von der Bevormundung dieser systemisch korrupten Einparteienherrschaft befreien werden.
Rückblickend fand der Aufstand am Tian’anmen-Platz [am 4. Juni 1989] wahrscheinlich ein Jahr zu früh statt. Hätte er nach dem Mauerfall und dem Ende der kommunistischen Herrschaft in Mittelosteuropa und Russland stattgefunden, hätten sich höchstwahrscheinlich andere Kräfte in der KPC durchgesetzt, die zu Reformen bereit gewesen wären.
Jetzt haben die Chinesen 35 Jahre verloren. Die Partei versucht auch, mit allen Mitteln und mit neuester Technik die Kontrolle zu behalten. Der Aufwand wird immer größer. Irgendwann kippt das Ganze. Ich weiß aber nicht, wann.
Das Interview führte Luo Qiong.
Der Fall Ding Yuande:
Am 20. Dezember 2023 erfuhr die Familie des Teebauern Ding Yuande, dass er zu drei Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 15.000 Yuan (rund 2.000 Euro) verurteilt wurde – und das nur, weil er sein verfassungsmäßiges Recht auf Glaubensfreiheit ausübte. Ob das zwischenzeitlich eingeleitete Berufungsverfahren Aussicht auf Erfolg hat, bleibt ebenso abzuwarten wie die Reaktionen auf die Resolution in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten.
In der EU-Resolution vom 18. Januar 2024 wurde festgehalten, dass die KPC seit 1999 mittels systematischer Verfolgung versucht, die religiöse Bewegung Falun Gong „auszulöschen“. Anhänger dieser spirituellen Meditationslehre würden häufig „gefoltert und psychisch misshandelt und ihnen unter Zwang Organe entnommen, um zu erwirken, dass sie ihrem Glauben abschwören“, heißt es in der Resolution.
Neben der sofortigen Freilassung des Teebauern Ding Yuande und allen anderen Falun-Gong-Praktizierenden forderte das EU-Parlament die chinesische Regierung auf, die Überwachung, Kontrolle und Unterdrückung der Religionsfreiheit im In- und Ausland einzustellen. Von den EU-Mitgliedsstaaten wurde gefordert, „die Verfolgung religiöser Minderheiten bei allen politischen und Menschenrechtsdialogen mit den Staatsorganen Chinas anzusprechen“ sowie Beobachter zu Gerichtsverhandlungen zu entsenden.
Außerdem forderte das EU-Parlament die EU und ihre Mitgliedstaaten auf, „die in China üblichen Missstände bei den Organtransplantationen öffentlich zu verurteilen“ und Sanktionen gegen beteiligte Täter und Einrichtungen zu verhängen. Dazu gehört das Einfrieren von Vermögenswerten, die Ausweisung aus dem Hoheitsgebiet der EU und die strafrechtliche Verfolgung.
Laut Minghui.org, einem ehrenamtlichen Netzwerk von Falun-Gong-Praktizierenden, welches Informationen über die Verfolgung aus erster Hand sammelt, sind bislang mindestens 5.031 Falun-Gong-Praktizierende (Stand 18. Februar 2024) nachweislich an den Folgen der Verfolgung verstorben. Allein im Jahr 2023 wurden 3.629 Praktizierende als verhaftet gemeldet, weitere 2.885 wurden schikaniert. Mehr über die Verfolgung von Falun Gong gibt es im Minghui Report, der über den Shop der Epoch Times erhältlich ist.
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