China und EU einigen sich auf Investitionsabkommen – Peter Altmaier: „Handelspolitischer Meilenstein“ 

Das Investitionsabkommen der Europäischen Union mit China soll Marktbarrieren und Benachteiligung abbauen. Vielen gehen Pekings Zugeständnisse aber nicht weit genug.
Titelbild
Der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel (R) bei einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Wang Yi am 17. Dezember 2019 im EU-Hauptquartier in Brüssel.Foto: John Thys/AFP über Getty Images
Epoch Times30. Dezember 2020

Die EU und China haben sich nach siebenjährigen Verhandlungen grundsätzlich auf ein Investitionsabkommen geeinigt. Das teilte die EU-Kommission am Mittwoch mit.

Der Durchbruch wurde heute nach einem Gespräch per Video zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident Charles Michel mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping verkündet. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron nahmen ebenfalls an den Gesprächen mit dem chinesischen Präsidenten teil, so die EU.

Die Videokonferenz leitete einen Ratifizierungsprozess ein, der mehrere Monate dauern wird, da der Text des Abkommens noch juristisch überprüft und übersetzt werden muss, bevor er vom EU-Rat genehmigt wird. Um in Kraft zu treten, muss das Abkommen vom Europäischen Parlament ratifiziert werden, und die Frage der Menschenrechte könnte ein Knackpunkt sein.

Nach Angaben der EU wurde das Abkommen ausgehandelt, nachdem China sich verpflichtet hatte, die Ratifizierung der Regeln der Internationalen Arbeitsorganisation zur Zwangsarbeit zu verfolgen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonte die Besorgnis der EU-Nationen über die Menschenrechte und forderte die Schließung von Internierungslagern, wie aus der von seinem Büro zur Verfügung gestellten Rede hervorgeht. Er plädierte auch für „Maßnahmen zum Verbot von Zwangsarbeit“ und wünschte sich „einen Besuch von unabhängigen Experten der Vereinten Nationen.“

Die EU hofft, dass das als CAI bekannte Abkommen dazu beitragen wird, ein Ungleichgewicht beim Marktzugang zu korrigieren und neue Investitionsmöglichkeiten für europäische Unternehmen in China zu schaffen, indem es sicherstellt, dass sie auf gleicher Augenhöhe konkurrieren können, wenn sie in dem Land tätig sind. EU-Firmen stehen im Wettbewerb mit chinesischen Staatsunternehmen, die staatliche Unterstützung und einen leichteren Zugang zu Finanzmitteln erhalten können.

Kritiker sehen ein „oberflächliches Lippenbekenntnis“

Zuletzt hatte China bei dem Streitthema der Arbeitsrechte neue Versprechen gemacht. So hat die kommunistische Führung zugesagt, „dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen“ zur Ratifizierung zweier Konventionen der internationalen Arbeitsorganisation ILO gegen Zwangsarbeit zu unternehmen, wie aus einer internen Unterrichtung an die EU-Mitgliedsstaaten hervorgeht, die dpa vorliegt. Kritiker sahen darin nur ein „oberflächliches Lippenbekenntnis“.

Als bevölkerungsreichstes Land der Erde mit 1,4 Milliarden Menschen ist China ein wichtiger Handels- und Wirtschaftspartner für die EU. Im vergangenen Jahr wurden täglich Waren im Wert von durchschnittlich 1,5 Milliarden Euro zwischen beiden Seiten gehandelt. Nach den USA ist China der zweitwichtigste Handelspartner der Europäer. Für die EU gilt der Abschluss des Abkommens auch als Voraussetzung für die Aufnahme von Gesprächen über ein Freihandelsabkommen.

Die grundsätzliche Einigung ist ein „erster Schritt“, dem noch weitere Verhandlungen über den genauen rechtlichen Text des Abkommens und „bedeutende technische Arbeit“ folgen werden, wie aus dem internen Papier an die EU-Mitglieder hervorgeht. Die EU-Kommission rechnet demnach mit einem Abschluss erst „Anfang 2022“.

Für Kanzlerin wäre Durchbruch ein wichtiger Erfolg

Für die Kanzlerin wäre der Durchbruch kurz vor Ende der deutschen Ratspräsidentschaft ein wichtiger Erfolg. Aber auch für Chinas Staats- und Parteichef wäre es ein symbolischer Sieg vor dem Hintergrund des laufenden Handelskrieges mit den USA – und während der Machtübergabe in Washington. Biden will an dem harten Kurs gegenüber China festhalten und Allianzen mit Verbündeten wie den Europäern schmieden. So gibt es Bedenken, dass Brüssel vorschnell und ohne weitere Konsultationen mit der neuen US-Regierung vorgeht.

„Diese Sorgen sind verständlich, aber ungerechtfertigt“, heißt es in dem internen EU-Papier. Die EU begrüße eine Kooperation mit den USA gegenüber China, die aber „auf verschiedenen Pfeilern“ stehen sollte.

Bis zuletzt wurde um das Abkommen gerungen. Neue Zugeständnisse Chinas gab es bei Transportdiensten zur See oder in der Luft, in den Bereichen Finanzen, Computer, Forschung und Entwicklung, Fahrzeuge mit alternativen Antrieben, Telekommunikation, Cloud-Dienste und beim Betrieb privater Krankenhäuser, wie aus einem EU-Papier hervorging.

Peking bestreitet Existenz von Zwangsarbeit

Strittig sind in den jetzigen Verhandlungen unter anderem die Arbeitsrechte. Kritiker des Abkommens fordern weitgehende Zusagen Chinas unter anderem zu Zwangsarbeit.

Peking bestreitet aber, dass es überhaupt Zwangsarbeit gibt, und weist solche Vorwürfe insbesondere im Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Nordwestregion Xinjiang als „völlig grundlos“ zurück.

Neben der Zwangsarbeit gibt es allerdings auch eindeutige Beweise dafür, dass es staatlich organisierten Organraub an inhaftierten Glaubensgefangenen wie Tibetern, Uiguren, Hauschristen und buddhistischen Falun-Gong Praktizierenden gibt. Unabhängige Untersuchungen dazu werden vehement durch Peking unterbunden.

Zudem weist laut den Kritikern der intransparente Umgang Pekings mit der Corona-Pandemie auf große Defizite bei Offenheit, internationaler Zusammenarbeit und friedvollen Handelsabsichten hin.

BDI lobt geplantes Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und China

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hat den sich abzeichnenden Durchbruch beim Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und China gelobt. „Mehr Marktoffenheit in beide Richtungen und bessere Wettbewerbsbedingungen im staatswirtschaftlichen China sind für deutsche, europäische und chinesische Unternehmen von großem Nutzen“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang dem „Handelsblatt“ vom Mittwoch. Zugleich warnte er vor zu hohen Erwartungen.

„Wir sollten uns keine Illusionen machen: Selbst mit dem Abkommen erhalten Investoren noch keinen wirklich freien Marktzugang in China“, sagte Lang. Das Abkommen sei lediglich ein weiterer Schritt. Entscheidend sei, wie die chinesische Regierung diese Verbesserungen tatsächlich umsetze und wie die Regeln durchgesetzt werden könnten.

Besonders wichtig für die deutsche Industrie sei es, dass klare Regeln für den Umgang mit Staatsunternehmen, mit Subventionen und gegen erzwungenen Technologietransfer völkerrechtlich verbindlich festgehalten würden, sagte Lang weiter.

Weber: „Frage der Zwangsarbeit gehört in modernen Handelsverträge mit dazu“

Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber: China sei nicht nur ein spannender Absatzmarkt, sondern auch ein Systemwettbewerber. „Deshalb muss moderne Handelspolitik heute verbunden werden mit unseren Prinzipien, mit unserer Agenda, die von unseren Werten geprägt ist“, sagte Weber.

„Und das heißt ganz konkret, die Frage Zwangsarbeit, die Frage Arbeitsstandards zu definieren, gehört in modernen Handelsverträge mit dazu.“ Daneben gehe es um faire Wettbewerbsbedingungen. Wenn Chinas Konzerne in Europa auf Einkaufstour gehen dürften, müsse es umgekehrt genauso sein. (afp/dpa/er)

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