China-Experten: Wie Peking das Südchinesische Meer als Testfeld gegen die USA nutzt

Die Spannungen im Südchinesischen Meer haben in den vergangenen Monaten zugenommen. Grund dafür sind wiederholte Zusammenstöße zwischen chinesischen und philippinischen Schiffen in dieser strategisch wichtigen Wasserstraße.
SPRATLY ISLANDS, AT SEA - OCTOBER 25: Buildings and structures are seen on the artificial island built by China in Mischief Reef on October 25, 2022 in Spratly Islands, South China Sea. China has progressively asserted its claim of ownership over disputed islands in the South China Sea by artificially increasing the size of islands, creating new islands and building ports, military outposts and airstrips. The South China sea is an important trade route and is of significant interest as geopolitical tensions remain high in the region. (Photo by Ezra Acayan/Getty Images)
Gebäude und Strukturen sind auf der von China errichteten künstlichen Insel im Mischief Reef, Spratly-Gebiet, im Südchinesischen Meer zu sehen, am 25. Oktober 2022. (Ezra Acayan/Getty Images)
Von 12. Juli 2024

China könnte das Südchinesische Meer nutzen, um die Reaktion der USA auf seine Verbündeten zu testen, während das kommunistische Regime seine militärische Expansion dort beständig ausweitet, sagen Experten.

In den vergangenen Monaten kam es in dem für die Weltwirtschaft wichtigen Seegebiet immer wieder zu Zusammenstößen zwischen chinesischen und philippinischen Schiffen.

Am 17. Juni kam es in der Nähe des sogenannten Second Thomas Shoal, das zum umstrittenen Spratly-Gebiet im Südchinesischen Meer gehört, zu einem Zusammenstoß zwischen Schiffen aus Manila und Peking. Dabei wurden nach philippinischen Angaben Seeleute verletzt und Schiffe beschädigt.

Das Verteidigungsministerium des kommunistischen Regimes erklärte, die philippinische Seite habe sich den Schiffen der chinesischen Küstenwache „absichtlich und gefährlich“ genähert. Deshalb sei es zu der Kollision gekommen. Das philippinische Außenministerium wiederum wirft den chinesischen Behörden „illegales und aggressives Verhalten“ vor.

Ein internationales Urteil aus dem Jahr 2016 wies den Anspruch der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) auf die Gewässer um die Second Thomas Shoal zurück und erklärte die Insel zur ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen. Die KPC hat die Entscheidung des UN-Gerichtshofs in Den Haag jedoch zurückgewiesen und sich geweigert, am Schiedsverfahren teilzunehmen.

Zweigleisiger Druck auf die Philippinen

June Teufel Dreyer, Expertin für die USA-China-Beziehungen und Professorin für Politikwissenschaften an der University of Miami, wies darauf hin, dass das chinesische Regime schon seit einiger Zeit versuche, Druck auf die Philippinen auszuüben.

„Die Chinesen haben die Philippinen schon lange und immer und immer wieder bedrängt“, sagte sie der Epoch Times am 22. Juni.

Der frühere philippinische Präsident Rodrigo Duterte verfolgte eine pro-chinesische Politik. Dadurch verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den Philippinen und den USA. Das änderte sich 2022, als Ferdinand Marcos Jr. an die Macht kam.

Marcos beabsichtigt, die KPC zurückzudrängen, doch Teufel Dreyer warnt, dass er dafür nur begrenzte Kapazitäten habe.

„Er will sich wehren“, sagte sie über Marcos. „Aber er hat nur sehr begrenzte Mittel dazu. Und er ist sich nicht sicher, inwieweit er sich auf die USA verlassen kann, denn die USA sind, wenn auch nicht offiziell, in einen Krieg in der Ukraine gegen Russland und einen anderen in Israel gegen die Hamas verwickelt.“

Srikanth Kondapalli, Dekan der School of International Studies und Professor für China-Studien an der Jawaharlal Nehru University in Neu-Delhi, Indien, beschreibt Chinas Strategie als „zweigleisig“.

Einerseits übe Peking durch militärische Übungen Druck von außen aus, andererseits versuche es, durch „Beeinflussungsmaßnahmen“ im Inneren Druck auszuüben, so Kondapalli gegenüber der Epoch Times.

Offene Invasion?

Nach dem Vorfall zwischen den Philippinen und China hat US-Außenminister Antony Blinken am 19. Juni mit dem philippinischen Außenminister Enrique Manalo telefoniert. Dabei hat er die „eiserne Verpflichtung der Vereinigten Staaten gegenüber den Philippinen im Rahmen des gegenseitigen Verteidigungsabkommens“ betont, teilte das Außenministerium mit.

Im Mai 2023 besuchte Präsident Marcos die Vereinigten Staaten. Bei dieser Gelegenheit bekräftigten beide Seiten das seit Jahrzehnten bestehende Sicherheitsabkommen. US-Präsident Joe Biden bekräftigte – mit ähnlichen Worten – das „eiserne“ Bekenntnis der USA Staaten, die Philippinen zu verteidigen.

Kondapalli sagte jedoch, er glaube, dass die Vereinigten Staaten in der Praxis „extrem vorsichtig“ sein würden, wenn es darum gehe, den Vertrag über die gegenseitige Verteidigung zwischen den USA und den Philippinen zu initiieren. In dem bilateralen Verteidigungsabkommen verpflichten sich beide Länder, einander zu unterstützen, wenn eines von ihnen von einer dritten Macht angegriffen wird.

Er sagte auch, dass die USA keinen Stützpunkt wie Subic Bay in der Region hätten. Das mache die Umsetzung schwierig. Subic Bay wurde 1992 geschlossen. Er war einst ein wichtiger Vorposten der US-Marine im Südchinesischen Meer.

Ähnlich sieht es Teufel Dreyer.

Sie glaubt, dass sich die USA auf den Vertrag berufen würden, sollte das chinesische Regime eine „offene Invasion“ versuchen.

„Das wird aber nicht passieren, denn die chinesische Regierung ist nicht dumm. Sie würde so etwas nicht tun“, sagte sie.

„Die Lage sondieren“

Es sei möglich, dass das Regime mit seiner militärischen Aggression im Südchinesischen Meer das Konfliktpotenzial in der Straße von Taiwan testen und die Entschlossenheit der USA zur Verteidigung ihrer Verbündeten ausloten wolle, sagte Teufel Dreyer.

Allerdings sei die Situation in Taiwan „ganz anders“ als auf den Philippinen. Taiwan habe sich „als viel willensstärker und fähiger zur Gegenwehr erwiesen als die Philippinen“. Manila wolle sich hingegen auf die Hilfe seiner Verbündeten verlassen.

Dreyer sagte, die Philippinen seien es gewohnt, dass die Vereinigten Staaten für sie einstehen. „Mit anderen Worten: Sie lassen die Vereinigten Staaten gegen China kämpfen, halten sich aber im Grunde selbst heraus“, sagte sie. Deshalb stehe für die USA in Taiwan „viel mehr auf dem Spiel“ als auf den Philippinen. China habe kein Problem damit, „die Lage [im Südchinesischen Meer] zu sondieren“ und zu sehen, wie die USA reagieren würden, fügte sie hinzu.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „CCP Could Use South China Sea Tensions to Gauge US Response to Allies: Experts“. (deutsche Bearbeitung mw)



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