China bietet Vorteile für Orbán – aber nicht umsonst
Es war das fünfzehnte Mal, dass sich der ungarische Außenminister Péter Szijjártó und der ehemalige chinesische Außenminister – jetzt Staatsrat – Wang Yi trafen. Eine Reihe von Gesprächen im Laufe der Jahre hat zu einer großen Zahl chinesischer Investitionen in Ungarn geführt. Diese scheinen in Anzahl und Umfang zuzunehmen.
Bei den Gesprächen am 20. Februar in Budapest erklärten die Politiker nun gegenseitig ihr Engagement für den Frieden im aktuellen Kriegskonflikt. Außerdem sicherten sie einander ihre politische Unterstützung für die wirtschaftliche Aussöhnung zu. Als Schlussakkord der Ereignisse wurde der kommunistische Politiker von Viktor Orbán sogar zu einem privaten Abendessen eingeladen.
Die Öffnung der ungarischen Regierung gegenüber der Kommunistischen Partei Chinas wird von vielen kritisiert. Insbesondere wurde sie für Investitionen kritisiert, die den ungarischen Steuerzahler stark belasten und Peking mehr nutzen als der ungarischen Bevölkerung. Auch die ungarische Erfahrung mit dem Kommunismus mahnt zur Vorsicht.
Investitionsrausch
Der ungarische Außenminister informierte über den wirtschaftlichen Hintergrund des jüngsten Treffens. Demnach „laufen Verhandlungen mit vier großen chinesischen Unternehmen, die zu neuen Investitionen im Wert von acht bis zehn Milliarden Euro in Ungarn führen könnten“, sagte Péter Szijjártó.
Szijjártó wies darauf hin, dass in Europa aus Umweltgründen die politische Entscheidung getroffen wurde, den Verkehr umweltfreundlicher zu gestalten. Das erfordere Elektroautos und Batterien. In diesem Bereich seien östliche Unternehmen – einschließlich der Chinesen – bei Weitem die Marktführer. Die ungarische Regierung habe vor, dass Ungarn nach China, den USA und Deutschland die viertgrößte Batteriemacht wird.
Szijjártó bezeichnete die Gespräche als Erfolg. Er fügte hinzu, dass die chinesischen Investitionen Tausende Arbeitsplätze in Ungarn geschaffen hätten – beispielsweise in der Telekommunikation und der Autoindustrie. „Wir sollten nicht vergessen, dass wir im dunkelsten Jahr der Weltwirtschaft die größten Investitionen in der Geschichte der ungarischen Wirtschaft ankündigen konnten.“
Der bilaterale Handel zwischen den beiden Ländern erreichte im vergangenen Jahr 12 Milliarden Dollar. Darüber hinaus entwickelt sich auch die Zusammenarbeit in der Landwirtschaft weiter, da Ungarn über die meisten Importlizenzen für Lebensmittel in der mitteleuropäischen Region verfügt.
Der ungarische Minister begrüßte, dass chinesische Touristen zuerst nach Ungarn wieder kommen. Bislang haben die chinesischen Behörden nach dem Pandemieausbruch nur in zwei europäische Länder Gruppenreisen zugelassen. Ungarn ist eines von ihnen. Aktuell gibt es fünf Flüge pro Woche zwischen China und Ungarn.
Nach Angaben des Ministeriums lobte der chinesische Staatsrat Ungarns aktive Beteiligung an Chinas „Neuen Seidenstraße“-Initiative und die Instandsetzung der Eisenbahnlinie Budapest-Belgrad.
Der Beifall der ungarischen Steuerzahler bleibt aus
Dóra Győrffy, Wirtschaftswissenschaftlerin und Doktorin der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, klärte in einem Interview mit dem ungarischen Sender RTL die versteckten Nachteile chinesischer Investitionen auf. Győrffy kritisiert die Einseitigkeit der veröffentlichten Mitteilungen vom Ministerium. Sie beschreiben lediglich den Umfang der ausländischen Investitionen, sagen aber nicht, welche Verpflichtungen die ungarische Seite bei diesen Geschäften eingeht.
Zwischen 10 und 15 Prozent des Gesamtwerts der Investitionen werden als staatliche Beihilfe gewährt – das sind öffentliche Gelder. Mit anderen Worten:
Das Geld der Steuerzahler wird nicht für traditionelle öffentliche Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit oder Sozialfürsorge ausgegeben, sondern geht als Subvention an die asiatischen Batteriefabriken.“
Auch RTL hat Berechnungen zu den neu angekündigten Projekten veröffentlicht. Wenn die neuen chinesischen Investitionen einen Wert von acht bis zehn Milliarden Euro haben werden, wären zehn bis 15 Prozent staatliche Beihilfen zu erwarten. Die ungarischen Steuerzahler könnten demnach zwischen 815 Millionen und 1,5 Milliarden Euro zu den Investitionen beitragen.
Darüber hinaus bekommen diese Investoren „Zuschüsse zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Steuererleichterungen, öffentliche Mittel zur Verbesserung der Straßenverbindungen, für Investitionen und die Infrastruktur sowie für die Ansiedlung von Fabriken“.
Oft werden die Subventionen auf der Grundlage einzelner Regierungsbeschlüsse verteilt. Diese belaufen sich mitunter auf mehrere zehn Milliarden Forint (circa 26,5 Millionen Euro), erklärt die Expertin. Da diese Investitionen „vorrangig“ sind, gelten für sie weniger strenge Regeln. Das gilt auch für Umwelt- und Arbeitsstandards. Dóra Győrffy:
Unter Berücksichtigung all dieser Aspekte schafft Ungarn sehr günstige Bedingungen für diese Unternehmen. Die Regierung rollt ihnen quasi einen roten Teppich aus.“
Natürlich ist es eine andere Frage, wie und wann das Geld der Steuerzahler zurückerstattet wird. Sofern dies überhaupt geschieht. Und nicht zuletzt profitieren chinesische Unternehmen stark von Investitionen in der gesamten Region der EU – zum Beispiel auch durch die Befreiung von Zollgebühren.
Politische Gefälligkeiten
Neben der wirtschaftlichen Zusammenarbeit wurde bei den Budapester Gesprächen auch ein politischer Faktor kurz erwähnt: Wang Yi erklärte, dass Peking die „pro-chinesische Politik“ der ungarischen Regierung schätzt, die „ihr Land in bestimmten Fragen in internationalen Foren unterstützt“. Er betonte, dass „China auch bereit ist, Ungarn bei der Wahrung seiner Souveränität, Sicherheit und Entwicklung zu unterstützen“.
Diese knappen Aussagen haben einen tiefgründigen Inhalt.
Bei der „Neuen Seidenstraße“ geht es Peking nicht nur darum, Absatzmärkte für die Überproduktion im eigenen Land zu finden, sondern um viel mehr. Die Initiative ist Fachleuten zufolge von geopolitischen Motiven geprägt, die darauf abzielen, den chinesischen kommunistischen Einfluss in vielen Weltregionen zu stärken.
Über die geschäftliche Beziehung hinaus entwickelt sich auch Orbáns Regierung zunehmend zu einer „Bastion der östlichen Großmächte in der Europäischen Union“, wie Gergely Karácsony, der Bürgermeister von Budapest, es ausdrückte und kritisierte.
Es gibt viele Beispiele für die Peking-freundliche Haltung der ungarischen Regierung. Eins davon ist von 2021, als Xi Jinping in die Demokratie Hongkongs eingriff, indem er die Wahlen reformierte. Dies führte im Wesentlichen zum Untergang des dortigen demokratischen Systems. Die gesamte Europäische Union war empört. Sie wollten eine gemeinsame Resolution, in der sie die Geschehnisse verurteilten, um Druck auf Peking auszuüben. Diese Initiative scheiterte jedoch am Veto eines Mitgliedstaates – nämlich Ungarns.
Ein anderes Beispiel ist die Fudan-Universität. Die Regierung Orbán plante kürzlich ein neues Projekt. Sie möchte in Budapest eine Zweigstelle der chinesischen Fudan-Universität einrichten. Dieses Projekt wurde jedoch aufgrund des starken gesellschaftlichen Widerstands vorerst auf Eis gelegt. Das Projekt stieß auch bei Orbáns treuen Wählern auf viel Kritik. In China gehört Fudan zweifellos zu einer der führenden Universitäten und steht unter der vollen Kontrolle der KP Chinas.
„Ein Fußabtreter für Peking“
Im Zuge des jüngsten Besuchs eines Mitglieds des chinesischen Staatsrats Wang Yi hat Tom Rogan in einem Artikel im konservativen „Washington Examiner“ Ungarn kritisiert: „Während Polen den roten Teppich für Präsident Biden ausgerollt hat, ist Ungarn wie ein Fußabtreter für China. Wieder einmal macht es Peking ein Kompliment.“
Die Aktivitäten der KP Chinas werden auch in der EU kritisch gesehen – vor allem im Hinblick auf die schweren Menschenrechtsverletzungen in China. Das betrifft vor allem den Völkermord und die Unterdrückung der Bewegung Falun Gong, von Christen und Uiguren.
Die ungarische Regierung wendet sich normalerweise vehement gegen die Unterdrückung der Christen. Sowohl der Außenminister als auch Orbán und viele Mitglieder der Regierung bekennen sich zu einer tiefen Religiosität. Die ungarische Verfassung betont nicht nur christliche Werte und Haltungen. Jenes Dokument enthält mehrere Seiten mit Grundsätzen, die in Bezug auf die repressiven kommunistischen Handlungen gegen Ungarn befolgt werden sollten.
Die neue ungarische Verfassung erklärt vor allem:
Die im Zeichen der kommunistischen Ideologie und zu deren Bedienung geschaffenen sonstigen politischen Organisationen waren kriminelle Organisationen, deren Anführer ohne Verjährung haften.“
Im Interesse der staatlichen Bewahrung der Erinnerung an die kommunistische Diktatur wird ein sogenanntes „Nationale Gedenkkomitee“ tätig. Das Komitee legt die Machtfunktion der kommunistischen Diktatur, die Rolle der machthabenden Personen und Organisationen offen.
Nach dem ungarischen Grundgesetz ist der Kommunismus also nicht nur eine Ideologie. Seine Organisationen sind nicht nur gesellschaftliche Gruppen, sondern werden eindeutig als kriminelle Organisationen eingestuft.
Angesichts all dessen ist es für viele nicht nachvollziehbar, wie die ungarische Regierung eine gute Freundschaft mit der chinesischen kommunistischen Führung anstreben kann.
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