Chaos im US-Repräsentantenhaus hält an: Jordan scheitert auch im zweiten Wahlgang

Die Fronten der Republikaner sind weiter verhärtet. Eine öffentliche Kampagne, um Jordan-Kritiker umzustimmen, ging dazu nach hinten los. Bevor der Kongress nun gänzlich zum Stillstand kommt, wird noch die McHenry-Lösung diskutiert.
Titelbild
Jim Jordan (M) am 18. Oktober umringt von republikanischen Abgeordneten.Foto: Win McNamee/Getty Images
Von 19. Oktober 2023

Das US-Repräsentantenhaus hat weiterhin keinen Sprecher, da der Vorsitzende des Justizausschusses, Jim Jordan, in einem zweiten Wahlgang am 18. Oktober keine Mehrheit erhielt.

Jordan zählt zu den Hardlinern seiner Partei und setzte sich letzten Freitag als Kandidat bei der Vorwahl gegenüber seinen Mitstreitern durch. Allerdings war unklar, ob er im Kongress die notwendige Mehrheit der Stimmen erhalten könnte.

In der zweiten Abstimmung erhielt Jordan 199 republikanische Stimmen, eine weniger als im ersten Wahlgang und 18 weniger als für seine Wahl erforderlich.

22 Republikaner weigerten sich, für Jordan zu stimmen. Das waren zwei mehr als bei der letzten Wahl am Tag zuvor. Das zeigt, dass sein ohnehin schon schwerfälliger Start an Schwung verliert.

„Es liegt weitgehend an Jordan zu entscheiden, ob er weiterhin versucht, Unterstützung zu gewinnen oder ob er seine Nominierung zurückzieht“, sagte der Abgeordnete Tom Cole, Vorsitzender des Geschäftsordnungsausschusses des Repräsentantenhauses gegenüber Reportern nach der Abstimmung.

„Ich bin sicher, dass Jim Jordan darüber nachdenkt, was er tun wird. Es ist seine Entscheidung, ob es weitergeht oder nicht“. Die Wahl des vorherigen Sprechers im Januar habe 15 Wahlgänge erfordert.

Jordan erklärte später gegenüber Reportern, dass er weiter im Rennen bleibe. „Es gibt 20 Personen, mit denen wir sprechen müssen, und das werden wir auch weiterhin tun“, sagte er.

Schwieriger Wahlkampf

Jordans schwierigem Wahlkampf waren zwei turbulenten Wochen vorausgegangen. Das ganze nahm mit dem Sturz des Parlamentspräsidenten Kevin McCarthy am 3. Oktober durch eine Handvoll Republikaner und Demokraten seinen Anfang.

Die Konferenz der Republikaner nominierte den Mehrheitsführer Steve Scalise als Sprecher und wählte ihn am 3. Oktober anstelle von Jordan. Scalise zog seine Nominierung jedoch zurück, als klar wurde, dass er die Stimmen einiger Jordan-Anhänger nicht erhalten würde.

Die Konferenz nominierte daraufhin Jordan. Diesmal drehten einige Scalise-Befürworter den Spieß herum und verweigerten Jordan ihre Stimme. Nur zwei Republikaner änderten ihre Haltung und stimmten im zweiten Wahlgang für Jordan, alle anderen blieben in ihrer Position verhärtet, sechs weitere Republikaner schlossen sich an.

Jordan ist Gründungsmitglied und erster Vorsitzender des House Freedom Caucus, einer Vereinigung extrem konservativer Politiker innerhalb der Republikanischen Partei.

Er ist als unerbittlicher Kämpfer im Kongress bekannt. Seine Art und Positionen kommen allerdings nicht bei allen Republikanern gleich gut an.

Druckkampagne kommt nicht gut an

Nach dem ersten Wahlgang rief Radio- und Fernsehmoderator Sean Hannity von „Fox News“ zu einer Pro-Jordan-Kampagne auf.

Er veröffentlichte die Namen und Büronummern der zwanzig Republikaner, die nicht für Jordan gestimmt hatten, und schlug vor, dass Jordan-Unterstützer sie anrufen sollten.

Der Aufruf wurde von den Abgeordneten als massive Druckkampagne wahrgenommen. Einige Mitglieder erklärten, dass sie eine große Anzahl von „Hassanrufen“ erhalten hätten.

„Für Jordan müssen die gleichen Maßstäbe gelten wie für McCarthy und Scalise – wir wollen uns nicht vormachen und so eine Tyrannei zulassen“, schrieb Victoria Spartz aus Indiana nach dem ersten Wahlgang auf X, früher bekannt als Twitter. Die Abgeordnete ließ sich dennoch umstimmen und stimmte im zweiten Wahlgang für Jordan.

„Seine Taktik hat bei mir sicherlich nicht funktioniert. Vielmehr wurde ich in meiner Position bestärkt“, sagte der Abgeordnete Carlos Giménez aus Florida gegenüber Reportern. Er behielt seine Position gegen Jordan im zweiten Wahlgang bei.

„Ich habe für denjenigen gestimmt, der die Wahl gewonnen hat“, sagte der Abgeordnete Mario Díaz-Balart aus Florida am 17. Oktober und bezog sich dabei auf Scalise.

Zu den Einschüchterungs- und Bedrohungsversuchen, wie er sie nannte, sagte er: „Das ist der Punkt, an dem Verhandlungen unmöglich werden“. Ihm sei allerdings bewusst, dass es nicht Jordan selbst war, der versucht habe, seine Kooperation zu erzwingen.

„Diese Taktik ist offensichtlich nicht aufgegangen“

„Ich denke, jemand, der [Jordan] berät, hielt es für eine gute Idee, uns auf dem Ausstellungsteller zu servieren und lächerlich zu machen“, sagte der Abgeordnete Nick LaLota aus New York.

LaLota unterstützte Jordan im zweiten Wahlgang nicht. „Diese Taktik ist offensichtlich nicht aufgegangen und hat wahrscheinlich einige Mitglieder noch weiter in die Enge getrieben“.

Andere hingegen zeigten sich optimistischer, dass Jordan weiterhin Unterstützung gewinnen könnte und ließen sich von der Aussicht auf mehrere Wahlgänge nicht entmutigen.

„Kevin [McCarthy’s Stimmen] waren am Tiefpunkt seiner Wahl während der 15 Zyklen auf 200 gesunken“, sagte der Abgeordnete Chip Roy aus Texas nach dem zweiten Wahlgang gegenüber dem Sender NTD. „Es ist kein wesentlicher Unterschied. Das ist alles im Prozess.“

„Ich unterstütze Jim. Meine Unterstützung ändert sich nicht“, sagte der Abgeordnete Byron Donalds aus Florida gegenüber Reportern. „Jim kann so viele Runden drehen, wie er will. Ich werde an seiner Seite sein.“

Die McHenry-Option

Der Abgeordnete Patrick McHenry aus North Carolina ist der kommissarische Sprecher des Repräsentantenhauses (Archivfoto). Foto: Madalina Vasiliu/The Epoch Times

Da sich die Republikaner weiter nicht einigen können, könnte es sein, dass eine Ausweitung der Befugnisse des derzeitigen kommissarischen Sprechers Patrick McHenry North Carolina zur Sprache kommt.

Dies würde es dem Repräsentantenhaus ermöglichen, dringende Themen zu behandeln und gleichzeitig den tief gespaltenen Republikanern mehr Zeit geben, sich auf einen Sprecher zu einigen.

McHenry wurde am 3. Oktober im Rahmen einer Post-9/11-Regelung zum vorläufigen Sprecher ernannt. Seine Befugnis besteht allerdings nur darin, die Wahl eines neuen Sprechers zu überwachen.

Die Post-9/11-Regelung soll einen Führungsausfall nach einem nationalen Notstand verhindern.

Die Ermächtigung von McHenry als Sprecher auf Zeit wird seit Tagen diskutiert. Viele Abgeordnete, darunter auch McHenry selbst, haben diese Idee jedoch heruntergespielt.

„Ich möchte Jim Jordan zum Sprecher wählen“, sagte McHenry vor dem zweiten Wahlgang, als er nach dieser Option befragt wurde.

„Ich weiß nicht, ob er [McHenry] sich ermächtigen lassen will“, sagte Cole auf die Frage, ob er diesen Schritt befürworte.

Einige, die sich offen für diese Idee zeigten, betonten jedoch, dass der Schritt von den Republikanern gemeinsam getragen werden müsse und nicht erst über eine Koalition mit den Demokraten.

„Ich würde eine gemeinsame republikanische Anstrengung unterstützen, um eine Öffnung zu erreichen“, sagte Giménez vor der Abstimmung zu Reportern.

Für und Wider

Der Abgeordnete Tim Burchett aus Tennessee sprach sich gegen die Idee aus. Er bezeichnete sie als Verzögerungstaktik, eine sogenannte Überbrückungsmaßnahme des Kongresses um einen Regierungsstillstand abzuwenden.

„Was auch immer sie uns für ein willkürliches Datum geben … wir werden nichts tun, bis etwa einen Tag vorher und dann einen anderen Sprecher wählen. Also lassen Sie uns einfach warten, bis wir eine Lösung gefunden haben“, sagte er.

Andere wehren sich ausdrücklich gegen eine Zusammenarbeit mit den Demokraten, unabhängig von der Idee, McHenry zu ermächtigen.

„Die Zusammenarbeit mit den Demokraten bei der Wahl eines Sprechers sollte für meine republikanischen Kollegen völlig vom Tisch sein“, schrieb der Abgeordnete Andy Ogles aus Tennessee am 18. Oktober auf X.

Der demokratische Minderheitenführer Hakeem Jeffries aus New York deutete an, dass die Demokraten die Resolution zur Ermächtigung von McHenry befürworten könnten. Aber erst, wenn die Kandidatur von Jordan vom Tisch sei. Es steht noch nicht fest, ob Abstimmungen für den 19. Oktober geplant sind.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: Pressure Mounts After Jordan Fails to Win Gavel on 2nd Bid (deutsche Bearbeitung nh)



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