Chaos bei Frankreichs Konservativen: Parteichef Ciotti hält an Amt fest
Das Chaos bei Frankreichs konservativen Republikanern (LR) nimmt kein Ende: Parteichef Eric Ciotti, der wegen seiner Unterstützung für Marine Le Pen, Gründerin des Rassemblement National (RN), aus der Partei ausgeschlossen wurde, hält an seinem Amt fest. „Ich bin Parteivorsitzender, ich gehe in mein Büro“, sagte er am Donnerstagmorgen bei seiner Ankunft vor der Parteizentrale. Er habe zudem juristische Schritte gegen seinen Parteiausschluss eingeleitet, erklärte Ciotti.
Die Parteiführung der konservativen Republikaner, der Partei des früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy und Schwesterpartei von CDU und CSU, hatte Ciotti am Mittwoch als Parteichef abgesetzt. In Ciottis Abwesenheit wurde auch dessen Ausschluss beschlossen. Diese Sitzung sei nicht rechtmäßig gewesen, sagte Ciotti dem Sender France 2. Den Wirbel um seine Person bezeichnete er als „kleine Streitigkeiten in der zweiten Reihe“.
Republikaner verzichten auf Kandidaten zugunsten von RN
Es werde etwa 70 bis 80 Kandidaten der Republikaner geben, die von der rechtskonservativen RN unterstützt würden, erklärte Ciotti. Im Gegenzug hätten die Republikaner schon im ersten Durchgang der Wahlen darauf verzichtet, eigene Kandidaten aufzustellen, wo ein starker Gegenkandidat des RN ebenfalls im Wahlkreis antritt. „Dank dieses nationalen Blocks zwischen Republikanern und RN wird die Rechte an die Macht kommen“, fügte er hinzu. „Wir werden das Land wieder nach vorn bringen und für Ordnung sorgen“, sagte er. Ciotti wollte am Donnerstagmittag mit RN-Parteichef Jordan Bardella zusammentreffen, wie AFP erfuhr.
Die bisherige Generalsekretärin der Republikaner, Annie Genevard, die gemeinsam mit dem EU-Abgeordneten François-Xavier Bellamy den Interimsvorsitz der Partei übernommen hat, kritisierte die Haltung Ciottis. „Ich erkenne den Mann nicht mehr, mit dem ich jahrelang zusammengearbeitet habe“, sagte sie dem Sender France Info. Die Parteiführung wollte am Donnerstag erneut zusammenkommen, um den Ausschluss von Ciotti zu bekräftigen.
Gegenüber „France Bleu“ hat sich Bellamy wie folgt erklärt: Eric Ciotti „hat mit niemandem über dieses Projekt gesprochen, das er durchführte, und außerdem hat er nicht nur nicht mit uns darüber gesprochen, sondern auch das Gegenteil verkündet “. Bellamy erklärte den Anspruch, unter eigener Flagge an der Wahl teilzunehmen.
Jedoch fügte er in einem Radiointerview des Senders „Europe1“ hinzu, dass er im Fall einer Stichwahl zwischen einem rechten und einem Kandidaten des Linksbündnisses „selbstverständlich“ für den RN stimmen würde.
Kommunalpolitiker treten aus Protest gegen Ciotti zurück
Ciotti hatte sich am Dienstag für ein Wahlbündnis zwischen den Republikanern und dem RN ausgesprochen und damit einen Tabubruch begangen: Bisher verfolgten die konservativen Republikaner die klare Linie, dass sie Kandidaten des RN nicht unterstützen – ebenso wenig wie Kandidaten des linken Lagers. Mehrere Kommunalpolitiker und Senatoren der Republikaner hatten daraufhin ihren Parteiaustritt erklärt.
Die Konservativen sehen sich in der Nachfolge von Charles de Gaulle, der im Zweiten Weltkrieg den Widerstand gegen Nazi-Deutschland angeführt hatte. Der RN hingegen ist die Nachfolgepartei des Front National, zu deren Gründern neben Jean-Marie Le Pen auch ein ehemaliges Mitglied der Waffen-SS zählte.
Der RN hatte Ciottis Angebot begrüßt. Es sei eine „mutige Entscheidung“, die von „Verantwortungsbewusstsein“, zeuge, sagte Fraktionschefin Marine Le Pen.
Unterdessen gab es weitere Verwerfungen am rechten Rand: Der Chef der rechten Partei Reconquête, Eric Zemmour, schloss seinerseits die bisherige EU-Spitzenkandidatin Marion Maréchal aus der Partei aus. Er begründete dies damit, dass die Nichte von Marine Le Pen zur Wahl von RN-Kandidaten aufgerufen hatte.
Nach dem Wahlsieg des RN bei der Europawahl am Sonntag und dem schlechten Abschneiden seiner eigenen Partei hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron überraschend Neuwahlen zur Nationalversammlung ausgerufen. Die Wahl findet in zwei Runden bereits am 30. Juni und 7. Juli statt.
Seit der Verkündung von Macron befindet sich Frankreich im Wahlkampf, der die Spaltung der Gesellschaft noch vertieft. Konservative und Rechtsgerichteten hoffen auf einen Erdrutschsieg verbunden mit einem „Erwachen der Nationen und Völker“, wie es der Essayist Ivan Riofoul gegenüber Epoch Times erklärt hat. Die Linke liebäugelt mit einem breiten Zusammenschluss, ähnlich dem „Front Populaire“. 1936 – 1938 hatte Léon Blum ein Bündnis von Sozialisten, Kommunisten und radikalen Linken angeführt. (afp/red)
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