Kanadischer Richter: Notstandsgesetz gegen Freiheitskonvoi „unangemessen und ungerechtfertigt“
Ein Bundesrichter in Kanada hat erklärt, dass die Anwendung des Notstandsgesetzes als Reaktion auf die Proteste des „Freiheitskonvois“ vor zwei Jahren „unangemessen“ war und damit gegen die Rechte der Kanadier verstoßen hat.
Richter Richard Mosley schrieb in seinem Urteil vom 23. Januar, er habe zunächst geglaubt, dass die Berufung auf das Notstandsgesetz als Reaktion auf einen „inakzeptablen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung“ gerechtfertigt sei. Die Argumente der Canadian Constitution Foundation und des Justice Centre for Constitutional Freedoms hätten ihn aber vom Gegenteil überzeugt.
Die beiden Bürgerrechtsorganisationen argumentierten vor Gericht, dass die Regierung unter Premierminister Justin Trudeau die rechtlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Gesetzes als Reaktion auf die Proteste nicht erfüllt habe. Sie unterstützten fünf Kläger, die an dem Protest teilgenommen hatten und deren Bankkonten aufgrund des Notstandsgesetzes eingefroren wurden.
Der Freiheitskonvoi war eine Reaktion auf die gesetzliche Corona-Impfpflicht für Lkw-Fahrer, die die kanadisch-amerikanische Grenze überqueren. Aus Protest versammelten sich Lkw in der Hauptstadt Ottawa, was zu massiven Beeinträchtigungen des Verkehrs führte. Der Protest entwickelte sich zu einer größeren Bewegung gegen die Pandemie-Maßnahmen. Auch blockierten Lkw-Fahrer mehrere Grenzübergängen zwischen Kanada und den USA.
Um die Proteste zu beenden, berief sich die kanadische Bundesregierung schließlich am 14. Februar auf das Notstandsgesetz, das den Strafverfolgungsbehörden erweiterte Befugnisse einräumte.
Dadurch wurde es möglich, Demonstranten zu verhaften, ihre Bankkonten einzufrieren und Abschleppunternehmen zu verpflichten, deren Fahrzeuge aus dem Stadtzentrum Ottawas zu entfernen. Die letztgenannte Befugnis wurde allerdings nicht genutzt.
„Andere Mittel“ verfügbar
In seiner Entscheidung schrieb Richter Mosley, das Notstandsgesetz sei als letztes Mittel gedacht. Ottawa könne es nicht anwenden, weil es „bequem ist oder weil es vielleicht besser funktioniert“ als andere zur Verfügung stehende Mittel.
Der Richter stimmte der Einschätzung der Regierung zu, dass die Situation „kritisch“ war und eine dringende Lösung erforderte. Allerdings widersprach er der Schlussfolgerung, dass andere Gesetze in Kanada nicht in der Lage gewesen wären, die Proteste zu handhaben. Die Provinzregierungen von Quebec und Ontario wären seiner Ansicht nach in der Lage gewesen, mit den Protesten selbst fertig zu werden.
„Aus diesen Gründen komme ich zu dem Schluss, dass kein nationaler Notstand vorlag, der die Anwendung des Notstandsgesetzes rechtfertigte, und die Entscheidung, dies zu tun, daher unangemessen und ultra vires [außerhalb der gesetzlichen Befugnisse] war“.
Richter Mosley schrieb, dass die Anwendung des Notstandsgesetzes gegen mehrere von der Verfassung gewährten Grundrechte verstieß, inklusive der Meinungs- und Redefreiheit sowie dem Recht auf Schutz vor unrechtmäßiger Beschlagnahmung.
Das Einfrieren der Bankkonten einiger Demonstranten, sei „nicht minimal beeinträchtigend“ gewesen, da sie in ganz Kanada galt, auch dort, wo keine Proteste stattfanden. Dabei hätten der Trudeau-Regierung „weniger beeinträchtigende Alternativen“ zur Verfügung gestanden.
Die wirtschaftlichen Sanktionen hätten die Rechte der Demonstranten verletzt, denn sie führten zu „unangemessenen Durchsuchungen und Beschlagnahmungen der finanziellen Informationen einzelner Personen sowie das Einfrieren ihrer Bank- und Kreditkartenkonten“.
Die Kläger hätten nachgewiesen, dass Ottawas Vorgehen „unangemessen“ war und zu einer Verletzung der Charta der Rechte und Freiheiten führte.
Reaktionen auf das Urteil
In einer Pressekonferenz nach dem Urteil erklärte die stellvertretende Premierministerin Chrystia Freeland, dass die Regierung gegen die Entscheidung Berufung einlegen werde.
„Wir respektieren Kanadas unabhängige Justiz sehr“, sagte sie vor Reportern in Montreal. „Allerdings sind wir mit dieser Entscheidung nicht einverstanden.“
Freeland zufolge befand sich Kanada in einer Krise und ihre Regierung habe den richtigen Ansatz gewählt.
Der Oppositionsführer, Pierre Poilievre, begrüßte das Urteil. Der Richter habe entschieden, dass Trudeau „das höchste Gesetz des Landes gebrochen hat“, kommentierte er auf der Plattform X.
„Er hat die Krise verursacht, indem er die Bevölkerung gespalten hat. Dann hat er gegen die Charta verstoßen, um die Bürger rechtswidrig zu unterdrücken. Als Premierminister werde ich unser Land für die Freiheit vereinen“, sagte Poilievre.
Edward Cornell, einer der Kläger, bezeichnete die Entscheidung des Bundesgerichts als „großen Sieg“ für alle Kanadier. Cornell konnte während des Ausnahmezustands nicht auf seine Konten zugreifen, da sie eingefroren waren.
„Ich denke, wir haben heute die Tür zum Justizsystem aufgestoßen. Das macht vielen Kanadiern im Land Hoffnung, die während der Corona-Maßnahmen in den vergangenen drei Jahren verfolgt wurden“, sagte er gegenüber Epoch Times.
Chris Barber, einer der Hauptorganisatoren des Truckerprotests, sprach von einer „großartigen Nachricht“ zum zweijährigen Jahrestag des Freiheitskonvois in Ottawa.
„Die Wahrheit wird ans Licht kommen. Wir werden siegen“, sagte er gegenüber Epoch Times.
Barber und seine Mitorganisatorin Tamara Lich sind derzeit wegen ihrer Rolle bei dem Protest wegen Unruhestiftung, Behinderung der Polizei, Anstiftung zu Unruhestiftung und Einschüchterung angeklagt.
Kommission kommt zu anderem Schluss
Die Entscheidung von Richter Mosley steht im Widerspruch zur Entscheidung der offiziellen Untersuchungskommission, die eingesetzt wurde, um zu prüfen, ob die Trudeau-Regierung das Notstandsgesetz zu Recht angerufen hat.
Diese Kommission hörte im Laufe mehrerer Monate Dutzende Zeugen an, darunter Mitglieder der Bundesregierung, Polizeibeamte, Beamte der Stadt Ottawa und Protestorganisatoren.
Paul Rouleau, ein Richter am Berufungsgericht von Ontario, stellte am 17. Februar 2023 fest, dass die Regierung die „sehr hohe“ Schwelle für die Anwendung des Gesetzes erreicht hatte.
Es hatte „vernünftige Gründe für die Annahme, dass ein nationaler Notstand aufgrund von Bedrohungen für die Sicherheit Kanadas bestand, der die Ergreifung besonderer vorübergehender Maßnahmen erforderlich machte“.
Das Notstandsgesetz kann in Anspruch genommen werden, wenn eine Bedrohung der Sicherheit Kanadas so ernst ist, dass sie einen nationalen Notstand darstellt. Wie in dem Canadian Security Intelligence Service Act (CSIS-Gesetz) beschrieben, umfasst die Bedrohung Spionage und Sabotage, vom Ausland beeinflusste Aktivitäten, Drohungen oder schwere Gewaltakte mit ideologischen Motiven und gewaltsame Revolutionen.
Als Trudeau am 25. November 2022 vor der Kommission aussagte, bekräftigte er, dass eine Bedrohung der nationalen Sicherheit Kanadas vorlag. Er verwies auf die Beschlagnahmung von Schusswaffen und die Verhaftung von vier Männern an dem Grenzort Coutts, Alberta. Sie hatten angeblich geplant, Beamte der Landespolizei zu töten.
Die Kommission wusste jedoch auch, dass der kanadische Geheimdienst den Freiheitskonvoi nicht als Bedrohung der nationalen Sicherheit im Sinne des CSIS-Gesetzes ansah.
Trudeaus Beraterin für nationale Sicherheit und Nachrichtendienste, Jody Thomas, hatte am 17. November argumentiert, dass die Definition des CSIS-Gesetzes für eine Bedrohung der Sicherheit Kanadas zu eng gefasst sei.
Sie meinte, dass eine breitere Definition angewendet werden könne, um das Notstandsgesetz in Anspruch zu nehmen.
In seinem Abschlussbericht empfahl Richter Rouleau, die Definition von der „Bedrohung der Sicherheit Kanadas“ im CSIS-Gesetz zu streichen.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: “Emergencies Act: Federal Court Rules Invocation Against Freedom Convoy ‘Unreasonable,’ Unjustified“. (deutsche Bearbeitung nh)
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