Bundesregierung fordert von London dringend „realistische Vorschläge“ zum Brexit
Die Bundesregierung hat Großbritannien aufgefordert, in den Brexit-Gesprächen Zugeständnisse zu machen. „Dringend“ nötig seien „realistische Vorschläge, die die britische Regierung auf den Tisch zu legen hat“, sagte Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) am Dienstag in Brüssel. Es bringe nichts, Forderungen zu stellen, „die für uns völlig inakzeptabel sind“. Dies gelte insbesondere für die von London geforderte Befristung der Auffanglösung für Nordirland, die Grenzkontrollen zu Irland verhindern soll.
In Brüssel hatten sich am Montag erneut die Chefunterhändler beider Seiten getroffen. Der britische Brexit-Minister Stephen Barclay sprach danach von „produktiven Gesprächen“ mit seinem EU-Gegenüber Michel Barnier. Über Fortschritte wurde aber nichts bekannt.
Großbritannien wolle weiter wie vom britischen Parlament gefordert rechtlich verbindliche „Zusicherungen“ bei der Nordirland-Frage, sagte Brexit-Staatsminister Martin Callanan am Dienstag beim Treffen der Europaminister in Brüssel. „Britannien kann nicht endlos in der Auffanglösung gefangen bleiben“.
Die Auffanglösung im mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag sieht vor, dass das Vereinigte Königreich bis auf weiteres Teil einer Zollunion bleibt, wenn in einer Übergangsphase bis Ende 2020 keine andere Lösung gefunden wird. Dies lehnen die Brexit-Hardliner in Großbritannien strikt ab, weil London dann keine eigene Handelspolitik betreiben könnte.
Callanan schloss einen Austritt ohne Abkommen nicht aus. Premierministerin Theresa May habe „sehr klar“ gesagt, dass sie keine Verlängerung über das bisherige Brexit-Datum am 29. März hinaus wolle, sagte er. In diesem Fall werde Großbritannien dann auch auch keine weiteren Zahlungen in das EU-Budget leisten. „Wenn wir kein Mitgliedstaat sind, werden wir nicht in den europäischen Haushalt einzahlen“, sagte er.
Dann würden der EU mehrere Milliarden in ihren Haushalten 2019 und 2020 fehlen, die mit britischen Beiträgen während einer Übergangsphase geplant wurden. Die meisten EU-Programme von Hilfen für Landwirte bis zur Forschungsförderung für die anderen Mitgliedstaaten müssten dann voraussichtlich gekürzt werden.
Nach dem Austrittsvertrag würde Großbritannien in den kommenden Jahren zudem noch viele Milliarden für EU-Projekte zahlen, die es während seiner Mitgliedschaft mitbeschlossen hat. Die britische Regierung schätzt diese Summe auf bis zu 35 bis 39 Milliarden Pfund aus (40 bis 44,5 Milliarden Euro). (afp)
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