Bundesregierung will Mitsprache bei den AKW-Neubau-Plänen Polens erreichen
Die Bundesregierung will eine Einbeziehung Deutschlands in die polnischen Planungen zum Neubau von zwei Atomkraftwerken an der Ostsee erreichen. Diese Atomkraftwerke wären die ersten, die Polen betreiben würde.
„Nach intensiver Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium haben wir dem dafür zuständigen Espoo-Komitee fristgerecht am 12. Januar mitgeteilt, dass wir eine Betroffenheit Deutschlands von den polnischen Energieplänen nicht ausschließen können“, sagte der Staatssekretär im Bundesumweltministerium Jochen Flasbarth dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Mittwochausgaben).
Dies könne auch andere Bestandteile des polnischen Energiekonzepts für 2040 betreffen als die Atomkraftplanungen, sagte er. Die Bundesregierung werde die nationalstaatliche Hoheit Polens über seine Energie- und Umweltpolitik respektieren und nur dort Beratungsbedarf anmelden, wo Deutschland sich betroffen sieht, so Flasbarth.
Die polnische Regierung hat bereits im März 2010 eine Rangliste von 27 potenziellen Standorten für Kernkraftwerke erstellt. Im Sommer 2010 gab die Regierung bekannt, das erste Atomkraftwerk solle 2022 in Betrieb gehen, das zweite 2023. Ziel ist es Polens Abhängigkeit von Kohle zu vermindern und aufgrund des internationalen Drucks nach niedrigerem CO2-Aussstoß mithilfe von AKWs die CO2-Bilanz zu verbessern. Es gab bereits ein AKW-Bauprojekt in Żarnowiec, das nach dem Unglück in Tschernobyl, sowie dem damit verbundenen Widerstand aus der Bevölkerung und seitens von Umweltschützern, nicht fertiggestellt wurde.
Umweltministerium will Einsicht in alle Details des Projektes bekommen
Der geplante Einstieg in die Atomkraft gehört jedoch dazu: „Die Frage, wie sich der Bau neuer AKW auf Deutschland auswirkt, ist für uns dabei sehr relevant“, so der Umweltstaatssekretär. Das Umweltministerium wolle erreichen, Einsicht in alle Details des Projektes zu bekommen, etwa in die geplanten Reaktortypen und Sicherheitsvorkehrungen.
Polen plant derzeit den Bau von ein bis zwei Atomkraftwerken an der Ostsee, etwa 50 Kilometer nördlich von Danzig, die bis Mitte der 2030er Jahre in Betrieb gehen sollen. Beim Espoo-Büro in Genf, das für die zwischenstaatliche Abstimmung über Umweltauswirkungen in Grenzregionen zuständig ist, hatte die polnische Regierung jedoch angegeben, ihre AKW- Pläne hätten keine Auswirkungen auf die Nachbarstaaten.
Das schätzt das Bundesumweltministerium anders ein, wie es gegenüber dem Espoo-Sekretariat nun offiziell mitteilte. Auch ein Gutachten, das fünf Umwelt- und Nuklearexperten unter anderem von den Universitäten Genf und Luzern im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion erstellten, kommt zu dem Schluss. Demnach wären in drei Viertel der möglichen Wetterbedingungen die Nachbarstaaten stärker von radioaktiver Strahlung nach einem GAU betroffen wären als Polen selbst.
Bei Super-GAU müssten 1,8 Millionen Deutsche evakuiert werden
Deutschland ist in einem Fünftel der Simulationen betroffen, also mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent, heißt es in dem Gutachten, über das die RND-Zeitungen berichten. Im schlimmsten Fall müssten bis zu 1,8 Millionen Menschen in Deutschland für ein Jahr aus ihren Wohnorten evakuiert werden, wenn es am geplanten Standort in Polen zu einem Unfall der höchsten Kategorie kommen würde.
Der nächste Schritt im Verfahren, die Einsicht und Anhörung deutscher Bürger oder der Bundesregierung zu erreichen, wäre nun eine entsprechende Information des Bundeswirtschaftsministeriums an die Regierung in Warschau. Ziel sei, dass dann jeder einzelne deutsche Bürger und Verband das Recht bekommt, Eingaben, Nachfragen und Bedenken bei zur Prüfung durch die polnischen Behörden einzureichen.
Das Wirtschaftsministerium würde darüber mit einem entsprechenden Aufruf und Informationen auf seiner Homepage informieren. Parallel muss die Bundesregierung aufgrund der polnischen Informationen entscheiden, ob sie selbst eine Stellungnahme für Deutschland als Staat zu den Planungen abgibt. „Was die Atomkraft-Pläne betrifft, kann ich mir das nicht anders vorstellen“, sagte der Umweltstaatssekretär dem RND. (dts/er)
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