„Bürgerkrieg“ in Paris: Geschosse, Knallkörper, Tränengas, Ausschreitungen und Verhaftungen

„Das Spektakel, das Paris abgeliefert hat, ist katastrophal“, sagte Emmanuel Grégoire, Beigeordneter der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo.
Epoch Times9. Dezember 2018

Am Rande der „Gelbwesten“-Proteste in Frankreich sind fast tausend Menschen vorläufig festgenommen worden. Mehr als 720 seien weiter in Polizeigewahrsam, hieß es am Samstagnachmittag von Seiten der Polizei. Die meisten Festnahmen erfolgten demnach in Paris. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten am Nachmittag landesweit auf fast 77.000.

Allein in Paris wurden nach Angaben der Polizeipräfektur rund 650 Menschen vorläufig festgenommen, 536 verblieben in Polizeigewahrsam.

In der Hauptstadt kam es zu Ausschreitungen: Demonstranten setzten Fahrzeuge und Barrikaden in Brand und setzten Geschosse und Knallkörper gegen die Polizei ein. Die Beamten antworteten mit Tränengas und vereinzelt auch Wasserwerfern. Zudem waren erstmals gepanzerte Räumfahrzeuge der Militärpolizei im Einsatz.

Im Zentrum der Hauptstadt versuchten am frühen Nachmittag mehrere Demonstranten, das Luxuskaufhaus „Publicis“ in Brand zu stecken, wie AFP-Reporter berichteten. Die Protestteilnehmer – einige von ihnen in gelben Westen – entzündeten eine Tanne, die sie gegen die Fassade des Kaufhauses lehnten. Die Polizei drängte die Demonstranten unter Einsatz von Tränengas ab. Eine junge Frau wurde mit einer Kopfverletzung zur Behandlung fortgebracht.

Auch an anderen Orten in Paris gab es Ausschreitungen. Nahe der Metro-Station Grands Boulevards setzten die Demonstranten eine Straßenbarrikade in Flammen. In der Avenue de Friedland schlugen sie Fensterscheiben ein. Die Polizei setzte gepanzerte Fahrzeuge in der Innenstadt ein.

„Die Regierung benutzt die Randalierer, um die Gelbwesten zu diskreditieren“, empört sich ein 50-jähriger Demonstrant am Triumphbogen, der von Anfang an bei den Protesten dabei ist. Innenminister Christophe Castaner hat von einem „Monster“ gesprochen, das seinen Schöpfern entgleitet, und hat damit viele Aktivisten empört.

„Macron, gib das Geld zurück“, steht auf einem gelben Banner, das zwei Demonstranten tragen. Sie fordern eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, deren Abschaffung den früheren Investmentbanker in den Augen vieler Franzosen zum „Präsident der Reichen“ gemacht hat.

Die französische Bereitschaftspolizei setzt am Samstag (8. Dezember) am Pariser Arc de Triomphe-Denkmal auch Hunde gegen die „Gelbwesten“ ein. Die Behörden gaben bekannt, dass heute (bis Mittag) durch die Polizei 211 Leute festgehalten worden waren, nachdem Polizeikräfte Waffen wie Hämmer, Baseballschläger und Metall-Petanquebälle (Boule-Kugeln) bei ihnen fanden.

Landesweit beteiligten sich nach Regierungsangaben bis zum Mittag 31.000 Menschen an den Kundgebungen, 700 Menschen seien vorläufig festgenommen worden, die meisten von ihnen in Paris. Am vorangegangenen Samstag war es in Paris bei „Gelbwesten“-Protesten zu bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen gekommen.

Die meisten Einzelhändler auf den Champs-Elysées sind dem Aufruf der Polizeipräfektur gefolgt und haben ihre Schaufenster mit Holzplatten verrammelt. Eine Gruppe von Demonstranten versucht, die Absperrungen des Nobelkaufhauses Drugstore Publicis in Brand zu setzen. Einzelne dringen in das Geschäft ein, werden aber mit Tränengas vertrieben. Eine Frau wird am Kopf verletzt.

In der Nähe des Kaufhauses löschen Feuerwehrleute brennende Weihnachtsbäume. Immer mehr Vermummte kommen vor dem Triumphbogen zusammen, der am vergangenen Wochenende von Randalierern beschmiert und zum Teil verwüstet wurde. Einzelne schwenken die Trikolore als Zeichen für den selbst ernannten „Volksaufstand“.

Auch in anderen französischen Städten, darunter Marseille und Grenoble, gingen wieder „Gelbwesten“ auf die Straße. Die Polizei schätzte die Zahl der Demonstranten am Nachmittag landesweit auf fast 77.000. Vielerorts verursachten die „Gelbwesten“ Behinderungen auf den Autobahnen.

Moderate Vertreter der „Gelbwesten“ hatten ihre Anhänger aufgerufen, den Kundgebungen in Paris fernzubleiben, um in den Augen der Öffentlichkeit nicht mit den Randalierern in einen Topf geworfen zu werden. Einzelne Aktivisten riefen dagegen zur Einnahme des Elysée-Palasts in Paris auf, des Amtssitzes von Präsident Emmanuel Macron.

Auch in Belgien wird von „Gelbwesten“ protestiert

Die Protestkundgebungen der „Gelbwesten“ haben sich am Samstag auf die belgische Hauptstadt Brüssel ausgeweitet. Die Polizei nahm dort nach eigenen Angaben rund 100 Menschen fest. Bei den Festnahmen handle es sich um „präventive Maßnahmen“, teilte sie mit. Die Polizei riegelte das Brüsseler Europaviertel ab. Dort haben Institutionen wie die EU-Kommission, der EU-Rat und das EU-Parlament ihren Sitz. Selbst Fußgänger erhielten keinen Zugang zu dem Viertel, wie ein AFP-Reporter berichtete.

An den Demonstrationen im Stadtzentrum nahmen am Vormittag mehrere Dutzend „Gelbwesten“ teil. Die Kundgebungen verliefen – anders als im Nachbarland Frankreich – zunächst friedlich. Sie führten aber zu erheblichen Verkehrsbehinderungen in der belgischen Hauptstadt.

Nach Angaben der belgischen Nachrichtenagentur Belga gingen „Gelbwesten“-Demonstranten am Samstag auch in der Region Westflandern auf die Straße. Sie blockierten demnach bei Rekkem nahe der Grenze zu Frankreich eine Autobahn. Auch auf der Autobahn bei Adinkerke errichteten Aktivisten laut Belga eine Straßensperre.

Die Protestbewegung hat ihren Ursprung in Frankreich, wo die „Gelbwesten“ seit Wochen den Rücktritt von Präsident Emmanuel Macron sowie Steuersenkungen, höhere Renten und Löhne fordern. Ende November waren Proteste der „Gelbwesten“ in Brüssel in Gewalt umgeschlagen. Zwei Polizeifahrzeuge wurden in Brand gesteckt.



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