Britische Premierministerin May bietet Rücktritt an – unter einer Bedingung
Die britische Premierministerin Theresa May hat kurz vor einer wegweisenden Abstimmung über Alternativen zum Brexit-Vertrag im Unterhaus ihren baldigen Rücktritt angeboten. Sie sei bereit, vor der „nächsten Phase“ der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zur EU aufzugeben, erklärte May am Mittwoch. Parlamentspräsident John Bercow hatte zuvor acht Anträge von Abgeordneten ausgewählt, über die am Abend abgestimmt werden soll.
Es gebe den Wunsch nach einem „neuen Ansatz, einer neuen Führung“, erklärte May. Sie werde dem nicht entgegenstehen. „Aber wir müssen das Abkommen durchbringen und den Brexit abschließen.“ Die Premierministerin sah sich zuletzt mit Rücktrittsforderungen auch aus den eigenen Reihen konfrontiert. Der Abgeordnete Nigel Evans hatte May zuvor aufgefordert, ihren Rückzug anzukündigen, um so doch noch eine Verabschiedung ihres Brexit-Deals im Unterhaus erreichen zu können.
Alternativen für den Brexit-Vertrag
Am Abend stand im Unterhaus die Abstimmung über acht Alternativen für den Brexit-Vertrag an, die Bercow aus 16 Anträgen ausgewählt hatte. Dazu gehören ein harter Brexit, eine Zollunion mit der EU und ein Referendum über einen vom Parlament abgesegneten Austrittsvertrag.
Ziel der Abstimmungen ist es herauszufinden, welche Vorlagen im Unterhaus mehrheitsfähig sind. Die Vorschläge, welche die größte Unterstützung bekommen, sollen voraussichtlich am Montag erneut ins Plenum kommen.
Ab 20.00 Uhr (MEZ) sollen Stimmzettel verteilt werden, auf denen die unterschiedlichen Optionen aufgelistet sind. Neben jedem Vorschlag dürfen die Abgeordneten ankreuzen, ob sie dafür oder dagegen sind. Sie können sich dabei für so viele Optionen aussprechen, wie sie wollen. Für die Stimmabgabe ist eine halbe Stunde vorgesehen, die Ergebnisse sollen gegen 22.00 Uhr bekanntgegeben werden.
Dritte Abstimmung über Austrittsvertrag abgelehnt
Das Unterhaus hatte das Abkommen bereits zweimal mit deutlicher Mehrheit verworfen. Parlamentspräsident John Bercow hatte eine dritte Abstimmung über den Austrittsvertrag verhindert, der zudem kaum Erfolgsaussichten eingeräumt worden wären. Bercow verwies auf eine Regelung aus dem Jahr 1604, wonach die Regierung einen bereits abgelehnten Text unverändert nicht mehrmals vorlegen darf.
Am Mittwoch erteilte Bercow einer dritten Abstimmung erneut eine Absage. Diese sei nur bei weitreichenden Änderungen des Vertrags möglich.
Nimmt das Unterhaus den Brexit-Vertrag von May doch noch an, wird der EU-Austritt des Landes auf den 22. Mai verschoben. Ohne einen Beschluss müsste London die EU bis zum 12. April über das weitere Vorgehen informieren. Konkret geht es um die Entscheidung, ob das Vereinigte Königreich an der Europawahl Ende Mai teilnimmt oder nicht. Bei einer Teilnahme müsste das Austrittsdatum noch einmal verschoben werden.
Tusk appelliert an Abgeordnete
EU-Ratspräsident Donald Tusk sprach sich derweil für eine Teilnahme der Briten an der Europawahl aus, sollte das Vereinigte Königreich eine längere Zeit benötigen, um seine „Strategie zu überdenken“. „Sie dürfen die wachsende Mehrheit (der Briten) nicht verraten, die in der Europäischen Union bleiben wollen“, appellierte Tusk vor dem Europaparlament in Straßburg an die Abgeordneten.
Tusk erinnerte in diesem Zusammenhang an die Petition für den Verbleib Großbritanniens in der EU, die von mehr als fünf Millionen Briten unterzeichnet wurde, sowie an die Londoner Massenkundgebung gegen den Brexit vom Wochenende. (afp/dpa)
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