Britische Abgeordnete im EU-Parlament: „Brexit ist wie Freiheit aus Sklaverei zu erlangen“
Als erste Abgeordnete der Brexit-Partei hat am Donnerstag (4.7.) die frühere langjährige Tory-Politikerin Ann Widdecombe im neu konstituierten EU-Parlament das Wort ergriffen und dabei die Entscheidung Großbritanniens, die Europäische Union zu verlassen, mit der Emanzipation der Sklaven und der Entkolonialisierung verglichen.
Hätte es noch eines Beweises bedurft, um sie von der Notwendigkeit eines Brexits zu überzeugen, so begann die frühere langjährige Staatssekretärin in mehreren Ministerien der Regierung John Major, dann hätte die jüngste Ratsentscheidung über die künftige Besetzung von Spitzenposten diesen geliefert.
Die EU sei „in keiner Weise demokratisch und das ist nur einer von vielen Gründen, warum Großbritannien richtig liegt mit seiner Entscheidung, zu gehen, hoffentlich an Halloween“. Wenn das, was die europäischen Institutionen böten, das ist, was auch das Europäische Parlament sich unter Demokratie vorstelle, dann sei dies „ein ernsthafter Betrug an allen Ländern, die hier vertreten sind“.
„Wir gehen und wir freuen uns, zu gehen“
Am Jahrestag der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, die ihre Partei in sozialen Netzwerken nutzte, um die Abspaltung der damaligen Kolonien von der Britischen Krone mit einem „Brexit ohne Vereinbarung“ zu vergleichen, stellte auch Widdecombe die britischen Austrittsambitionen in einen größeren Zusammenhang:
Es gibt durch die gesamte Geschichte hindurch ein Muster von unterdrückten Menschen, die sich gegen ihre Unterdrücker wenden, Sklaven gegen ihre Eigentümer, Bauern gegen ihre Feudalherren, Kolonien gegen Reiche, und das ist der Grund, warum Großbritannien geht.“
An den liberalen Abgeordneten und Koordinator für die Brexit-Verhandlungen, Guy Verhofstadt, gerichtet, fügte Widdecombe hinzu:
Es ist egal, welche Sprache Sie benutzen, wir gehen und wir freuen uns, zu gehen. Nous allons, wir gehen, we are off.”
Widdecombes Parteikollegin Alexandra Phillips quittierte auf Twitter die Rede mit den Worten:
Tränen in meinen Augen. Sie spricht für die vernachlässigte Mehrheit. Tapfer und prinzipientreu. Unsere Ann.“
Noch-Premierministerin May missbilligt die Wortwahl
Hingegen empörte sich der liberale Abgeordnete Martin Horwood, der auch an der Debatte teilnahm und erklärte:
Anzudeuten, dass das Vereinigte Königreich sich in irgendeiner Weise in einer ähnlichen Lage befinde wie die Kolonien unseres früheren Empires oder wie ein Opfer der Sklaverei, ist zutiefst beleidigend. Widdecombes Kommentare verniedlichen das Leid derjenigen, die Sklaverei und Kolonialismus durchlitten haben.“
Auch aus dem Büro der scheidenden britischen Premierministerin Theresa May hieß es, man sei mit diesem Vergleich nicht einverstanden:
Das ist keine Charakterisierung, die sie [die Premierministerin] anerkennen würde, und auch keine Phrase, die sie jemals benutzen würde, um den Austritt aus der Europäischen Union zu beschreiben.“
Widdecombe hat mit ihrer Rede auf einen Beitrag des EU-Ratspräsidenten Donald Tusk geantwortet, in dem dieser die Abgeordneten um Zustimmung zu den Personalvorschlägen bat, die der Rat Anfang der Woche für mehrere EU-Spitzenpositionen ausgearbeitet hatte – darunter auch die deutsche Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen als künftige EU-Kommissionspräsidentin.
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