„Brexit-Notbremse“ geeinigt: Briten dürfen Sozialleistung für EU-Ausländer kürzen
Premierminister David Cameron habe sich mit EU-Ratspräsident Donald Tusk auf die Modalitäten einer neuen „Notbremse“ geeinigt, die die Kürzung von Sozialleistungen für zugewanderte EU-Ausländer erlauben soll, teilte das Büro des britischen Regierungschefs am Sonntagabend mit. Tusk hatte bei seiner Reise nach London Vorschläge mitgebracht, wie die EU Großbritannien mit Reformen von einem Austritt aus der Union („Brexit“) abhalten könnte.
Gemäß einer von Tusk unterbreiteten Kompromissvorlage seien die Voraussetzungen für eine Nutzung der „Notbremse“ durch Großbritannien erfüllt, teilte Camerons Büro mit. Damit könne der konservative Premier sein Vorhaben umsetzen, den Anspruch von EU-Bürgern auf bestimmte Sozialleistungen einzuschränken, die weniger als vier Jahre in Großbritannien gearbeitet haben. „Das ist ein wichtiger Durchbruch“, hieß es aus London. Allerdings gebe es in anderen Verhandlungsbereichen noch offene Fragen.
Cameron will seine Landsleute möglicherweise schon dieses Jahr, spätestens aber Ende 2017 über den Verbleib Großbritanniens in der EU abstimmen lassen. Beim EU-Gipfel am 18. und 19. Februar soll ein Kompromiss zu den Reformforderungen gefunden werden. Von britischer Seite hieß es dazu am Sonntagabend, Unterhändler würden am Montag in Brüssel weitere Gespräche führen. Tusk habe signalisiert, dass er den EU-Mitgliedstaaten am Dienstag einen Entwurf vorlegen wolle.
Der polnische EU-Ratspräsident hatte nach dem Treffen mit Cameron am Sonntagabend auf Twitter geschrieben, es gebe „noch keine Vereinbarung“. Er setze auf „intensive Arbeit“ in den nächsten 24 Stunden, um eine Lösung zu finden.
Die „Notbremse“ könnte laut Medienberichten bei starker Zuwanderung gezogen werden, wenn diese soziale Sicherungssysteme oder öffentliche Dienstleistungen erheblich beeinträchtigt. Cameron fordert laut Diplomaten, dass die „Notbremse“ direkt nach der Volksabstimmung aktiviert werden kann. Der Mechanismus sei nicht auf Großbritannien beschränkt, sondern stehe allen EU-Staaten offen, berichteten mehrere Medien. Aktiviert werden könne er nur mit Zustimmung des Ministerrats, in dem die EU-Mitgliedstaaten vertreten sind.
Cameron strebt auch an, den Einfluss nationaler Parlamente in der EU zu stärken und sich von der Pflicht zu verabschieden, eine „immer engere Union“ anzustreben, wie dies im EU-Recht verankert ist. Außerdem fordert London, dass Nicht-Euro-Staaten wie Großbritannien keine Nachteile erfahren.
Tusk hatte angekündigt, er werde Cameron „Lösungen“ in allen Bereichen anbieten, in denen dieser Reformen fordere. Ein Abkommen müsse aber für die Gesamtheit der EU akzeptabel sein, und es werde „keinen Kompromiss bei fundamentalen Freiheiten“ geben.
Dem Vernehmen nach lehnt es der liberalkonservative Pole ab, bei der Arbeitnehmer-Freizügigkeit eine künftige Änderung der EU-Verträge anzubieten. Vertragsänderungen müssen von den EU-Staaten einstimmig gebilligt werden und sind äußerst kompliziert.
(dpa)
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