Brexit-Deal: Fehlstart in Debatte lässt Regierung zittern
Nach dem Fehlstart in die Debatte über das Brexit-Abkommen stehen der britischen Premierministerin Theresa May turbulente Tage bevor. Die Diskussionen zogen sich bis tief in die Nacht hinein.
Zuvor musste die Regierung mehrere Niederlagen einstecken. Eine Mehrheit für das Abkommen bei der Abstimmung am 11. Dezember scheint fraglicher denn je. Bis dahin stehen noch vier weitere Tage mit je achtstündigen Debatten an.
Sollte May ihren Deal für den EU-Austritt im Parlament nicht durchsetzen können, droht das politische Chaos. Sowohl ein Rücktritt der Regierungschefin als auch eine Neuwahl, ein zweites Referendum oder ein Austritt ohne Abkommen wären nicht ausgeschlossen.
May warnte die Abgeordneten eindringlich davor, den Deal abzulehnen. „Die einzige Sicherheit wäre Unsicherheit“, sagte sie in ihrer Auftaktrede am Dienstagabend. Der Brexit stehe dann möglicherweise ganz auf dem Spiel oder Großbritannien könne ohne Abkommen ausscheiden.
Die erste Schlappe brachten die Abgeordneten May am Dienstag bei, als sie entschieden, dass die Regierung die Rechte des Parlaments missachtet hat. Grund war die Weigerung, ein Gutachten von Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox zum Brexit-Deal vollständig zugänglich zu machen. Ein Versuch der Regierung, die Niederlage mit einem Gegenentwurf in letzter Minute abzuwenden, scheiterte.
Kritiker des Abkommens vermuteten, dass ihnen wichtige Informationen über die rechtliche Bewertung des Deals vorenthalten werden sollten, bevor sie darüber abstimmen. Das Gutachten werde nun veröffentlicht, sagte Andrea Leadsom, die eine Art Fraktionschefin der Konservativen ist. Dazu wolle die Regierung noch am Mittwoch Näheres bekannt geben. Der BBC zufolge ist es das erste Mal in der Geschichte des britischen Parlaments, dass die Regierung von den Abgeordneten wegen Missachtung abgemahnt wird.
Später sicherten sich die Parlamentarier das Recht, auch bei einer zweiten Abstimmung Änderungsanträge einzubringen, sollte das Abkommen bei der Abstimmung am 11. Dezember durchfallen. May hatte da noch nicht einmal das Rednerpult erreicht.
Für die Premierministerin sind die Abstimmungsniederlagen ein heftiger Rückschlag. Ohnehin werden ihr nur geringe Chancen zugestanden, eine Mehrheit für ihr Abkommen im Parlament zu erreichen. Nun ist klar, dass sie sich nicht auf eine Mehrheit der Abgeordneten verlassen kann.
Medien spekulierten bereits, May hoffe auf einen Erfolg in einem zweiten Wahlgang, bei dem die Abgeordneten keine Möglichkeit zu Änderungsanträgen haben würden. Mein Deal oder kein Deal, so lautet die Devise der Regierungschefin. Doch mit einer Änderung der Debattenordnung machten ihr die Parlamentarier nun einen Strich durch die Rechnung.
Dutzende Abgeordnete in Mays Konservativer Partei lehnen das Brexit-Abkommen ab. Auch die Opposition sperrt sich. Die nordirische DUP, auf die Mays Minderheitsregierung angewiesen ist, verweigert ebenso die Zustimmung. Sie will keine Sonderregelungen für Nordirland. Auch Gegner des EU-Austritts wollen den Deal blockieren. May muss 320 der 639 Abgeordneten im Unterhaus hinter sich bringen. (dpa)
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