„Brasilien über alles, Gott über allen“: Wie Jair Bolsonaro Brasilien verändern will
Auch im zweiten Durchgang zu den Präsidentschaftswahlen sorgten die Wähler in Brasilien einen Paukenschlag. Nachdem sich der rechtskonservative Ex-Militär Jair Bolsonaro bereits in der ersten Runde mit deutlichem Vorsprung an die Spitze gesetzt hatte, konnte er seinen Erfolg in der Stichwahl ausbauen und diese mit rund 55 Prozent der abgegebenen Stimmen für sich entscheiden.
Im Januar 2019 wird Bolsonaro sein Amt antreten. Sein Vorgänger Michel Temer, der nach der Amtsenthebung der sozialistischen Präsidentin Dilma Rousseff infolge eines Korruptionsskandals deren Position übernommen hatte, will ab Montag mit der Übergabe der Regierungsgeschäfte beginnen.
Bolsonaro kündigte in seiner Rede am Wahlabend an, Brasilien zu einer „großen Nation“ machen zu wollen und sprach von einem „Schwur vor Gott, Verfassung, Demokratie und Freiheit“ zu verteidigen. In mehreren Städten, darunter Rio de Janeiro und Sao Paulo, wo der Kandidat der Rechten jeweils Zwei-Drittel-Mehrheiten auf sich vereinigen konnte, feierten seine Anhänger den neuen gewählten Präsidenten mit frenetischem Jubel.
Kampf der Korruption und Kriminalität
Der Politiker, der über Jahrzehnte hinweg vielfach durch kontroverse Äußerungen Aufsehen erregt hatte und vielfach mit US-Präsident Donald Trump verglichen wird, hat es geschafft, eine breite gesellschaftliche Koalition gegen das bisherige Establishment hinter sich zu vereinen. Diese erwartet nun von ihm eine grundlegende Wende in zahlreichen Schicksalsfragen des Landes.
Einer der Hauptgründe für den triumphalen Erfolg Bolsonaros ist die explodierende Kriminalität in vielen Teilen des Landes. Die Zahl der Morde ist landesweit im Vorjahr um 3,7 Prozent auf 63 880 gestiegen, was einen traurigen neuen Rekord darstellte. Bolsonaro kündigte in seinem Wahlkampf einen erbarmungslosen Kampf gegen Bandenkriminalität und Gangstersyndikate an. Er wolle den Sicherheitsbehörden weitreichende Vollmachten geben, um sich selbst und die Bevölkerung gegen Angriffe auf Leib und Leben schützen zu können.
Neben den Angehörigen der Sicherheitskräfte oder des Militärs selbst und deren Familien konnte Bolsonaro mit dieser Ansage auch quer durch die Gesellschaftsschichten hinweg an Rückhalt gewinnen – nicht zuletzt auch in Armenvierteln, deren Bewohner überdurchschnittlich unter der Gewalt und Gesetzlosigkeit leiden.
Aber auch wirtschaftspolitisch sind die Erwartungen an den neuen Präsidenten hoch. Immerhin drückt seine Wahl auch diesbezüglich einen Paradigmenwechsel aus. Rafael Ribeiro konstatiert in einem Beitrag für das Blog der „Foundation for Economic Freedom“ (FEE) einen Siegeszug marktwirtschaftlicher Ideen, wie man ihn vor zehn Jahren nie für möglich gehalten hätte:
„Brasilien ist vielleicht das westliche Land mit den meisten marxistisch angehauchten Themen bei Diplomarbeiten und Dissertationen. Die Indoktrination hier ist so omnipräsent, dass sogar Seifenopern im Fernsehen sozialistische Werte und Ideen propagieren. Antikapitalist zu sein gilt als Voraussetzung, um überhaupt als anständiger Mensch betrachtet zu werden. Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass viele junge Menschen meiner Generation das Konterfei von CHe Guevara auf ihre Oberarme tätowiert haben.“
Mehr Freiheit in der Wirtschaft – weniger Globalismus
Mittlerweile jedoch sprießen klassisch-liberale und libertäre Gruppen wie das Institut Atlantos, das Mises-Institut Brasilien oder das Brasilianische Institut für Markt und Kapital aus dem Boden und private Bildungsinitiativen auf allen Ebenen steuerten dem herrschenden Konsens entgegen.
Jair Bolsonaro ist nun zwar kein Libertärer, zumal vor allem auch die Agrarlobby im Land auf Zugeständnisse drängen wird – insgesamt ist jedoch zu erwarten, dass er ähnlich wie Trump einen reflektierten Protektionismus betreiben wird, dessen Ziel es ist, freie Märkte zu fairen Bedingungen zu schaffen. Zu seinem Beraterstab zählen zahlreiche namhafte Vertreter wirtschaftsliberaler Think-Tanks und es ist damit zu rechnen, dass sich Bolsonaro auch mit Blick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen ein Beispiel an Donald Trump nehmen wird.
Auch außenpolitisch wird mit Bolsonaro ein anderer Wind wehen. Der neue Präsident will Knebelverträge mit supranationalen Organisationen und den Einfluss dortiger Funktionäre und NGOs auf die politische Willensbildung im Land zurückschrauben. Es ist nicht auszuschließen, dass Bolsonaro wie Trump aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen wird, Zahlungen an die UNO drosselt, die brasilianische Botschaft in Israel nach Jerusalem verlegen oder zumindest die Palästinensische Autonomiebehörde dazu drängen wird, ihre diplomatische Vertretung in Brasilien zu schließen.
Wie Donald Trump wird auch Bolsonaro Patriotismus und Souveränität an die Stelle globalistischer Utopien setzen. Es könnte durchaus dazu kommen, dass Brasilien mit Bolsonaro gemeinsam mit anderen konservativen Regierungen auf dem amerikanischen Kontinent einen engen Schulterschluss mit den USA suchen wird – mit dem Ziel, ein wesentlicher Akteur eines neuen amerikanischen Jahrhunderts zu werden.
Kulturelle Hegemonie der Linken gerät ins Wanken
Die Wende hin zu Bolsonaro hat aber auch in entscheidender Weise mit dem Wirken christlicher Gemeinschaften im Land zu tun. Während die katholische Kirche Brasilien seit jeher zu einem Zentrum ihrer Missionsarbeit gemacht hat, sind es jetzt vor allem evangelikale Gemeinden, die in dem lateinamerikanischen Land deutlich an Boden gewinnen. Sie drängen säkulare, insbesondere marxistische, Einflüsse im öffentlichen Raum stetig zurück und arbeiten daran, die kulturelle Hegemonie der Linken, die diese bereits in der Zeit der Militärdiktatur zum Schwerpunkt gemacht hatte, zu beenden.
Die Armee hatte 1964 die Regierungsgeschäfte übernommen, um einer möglichen kommunistischen Machtübernahme gegenzusteuern. Es dauerte nach einer Reihe interner Machtkämpfe bis 1985, ehe die Militärs die Macht an eine zivile Regierung zurückgaben. Neben der bewaffneten Guerilla war die Erlangung der kulturellen Hegemonie im Sinne ihres Vordenkers Antonio Gramsci in dieser Zeit die dominante Strategie der Linken. Tatsächlich gelang es ihr, über Universitäten, Medien und andere vorpolitische Organisationen eine Macht aufzubauen, die sich letztlich auch in Wählerstimmen für die „Arbeiterpartei“ (PT) oder die Sozialdemokraten (PSDB) bezahlt machte.
Der Philosoph Olavo de Carvalho und andere antikommunistische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens deckten auf, wie der spätere brasilianische Präsident Lula da Silva und Kubas Diktator Fidel Castro über das „Sao-Paulo-Forum“ an einer Strategie arbeiteten, in Lateinamerika ein Netz kommunistischer Diktaturen zu schaffen, um am Ende eine Art Sowjetunion auf dem amerikanischen Kontinent zu schaffen. In Ländern wie Ecuador, Nicaragua, Bolivien oder Venezuela gelang ihnen die Schaffung eines sozialistischen Regimes, in Brasilien waren Lula und Rousseff die Bannerträger entsprechender Bestrebungen, in Chile Michelle Bachelet, in Uruguay José Mujica und in Argentinien Néstor und Cristina Fernández de Kirchner.
Jair Bolsonaro, der nach seinem Ausscheiden aus der Armee 1990 erstmals in die Abgeordnetenkammer gewählt wurde, machte sich erstmals 2003 einen Namen, als er die Grenze für die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts von 18 auf 16 Jahre senken wollte. Anlass war der Fall einer brutalen Gruppenvergewaltigung mit Todesfolge, deren Haupttäter 16 Jahre alt war.
„Kultur des Lebens“ statt linker Gesinnungsethik
Im Jahr 2011 war Bolsonaro der wortgewaltigste Gegner des Vorhabens des damaligen Bildungsministers und gestrigen Stichwahlgegners Fernando Haddad, bereits sechsjährigen Kindern eine „Sexualerziehung der Vielfalt“ aufzuzwingen. Auch wenn Bolsonaro dabei des Öfteren zu groben Worten griff, stieg seine Popularität und er wurde als Kämpfer gegen Bestrebungen der extremen Linken geschätzt, die Familie durch Genderideologie und Frühsexualisierung zu unterminieren. Außerdem stellte sich Bolsonaro entschlossen allen Bestrebungen entgegen, den Schwangerschaftsabbruch in Brasilien weitgehend zu legalisieren. Weitere seiner Themenschwerpunkte waren der Kampf gegen die Korruption, eine harte Linie gegenüber der Kriminalität und sein Eintreten für die Redefreiheit.
Ähnlich wie in den USA oder in Europa war Bolsonaro entsprechend das Feindbild Nummer eins für liberale Medien und die sogenannte „Kaviar-Linke“, die bei jeder Gelegenheit ihre Tugendhaftigkeit signalisiert und soziale Gerechtigkeit predigt, selbst aber in bewachten Villenvierteln lebt. Demgegenüber stieg die Beliebtheit Bolsonaros in der einfachen Bevölkerung und unter konservativen Organisationen, die in ihm den Wegbereiter weg von dem, was Papst Johannes Paul II. einst „Kultur des Todes“ nannte, und hin zu einer Kultur des Lebens sehen.
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