Brasilien staunt über «FIFA-Gate»
Dort war er einst als hitziger Star-Stürmer unterwegs. Als Politiker und Senator hat er von seinem Temperament nichts eingebüßt. „Diebe müssen ins Gefängnis“, polterte er und freute sich über den Coup, bei dem auch der frühere CBF-Chef José Maria Marin ins Netz ging. Der 83-Jährige war vielen Brasilianern suspekt.
Das kommt nicht von ungefähr. Der ehemalige Politiker in der Diktaturzeit (1964-1985) wurde schon früher mit Korruption in Verbindung gebracht und stand als CBF-Boss in einer unrühmlichen Tradition.
Sein Vorgänger Ricardo Teixeira verließ das Amt nach massiven Korruptionsvorwürfen und auch der frühere CBF-Präsident und mächtige FIFA-Boss João Havelange (99) überstand die Korruptionsskandale letztlich nicht ganz ungeschoren. Er musste den Stuhl des FIFA-Ehrenpräsidenten räumen und flog beim IOC raus. Ausgerechnet Brasilianer, denen eigentlich der Fußball über alles geht, haben sich mit Fouls besonders hervorgetan. Immer ging’s um Millionen.
Tageszeitungen, Nachrichtensendungen und Online-Portale sind in Brasilien seit Mittwoch übervoll mit den Vorgängen rund um „FIFA-Gate“, wie der Skandal in den Medien genannt wird. Die FIFA hatte in Brasilien nie besonders viele Sympathisanten. Das bekam der Verband 2013 – ein Jahr vor der WM – zu spüren, als Hunderttausende auf die Straße gingen und dabei die Korruption in der Regierung und soziale Missstände anprangerten, aber auch den Weltverband attackierten und „FIFA go home“ riefen.
Bis jetzt wurden keine ernsthaften Vorwürfe laut, dass es möglicherweise bei der WM-Vergabe an Brasilien nicht ganz sauber lief. Für die Zeitung „Folha de São Paulo“ wäre dies ein Schreckensszenario: „Man stelle sich vor, was passierte, wenn sich herausstellte, dass die Wahl Brasiliens nicht nur der Naturschönheit geschuldet war und der Leidenschaft für den Sport, den die FIFA kommandiert. Das wäre ein immens größerer Schock als das 7:1, das Deutschland Brasilien zufügte.“
Der Verband CBF beeilt sich derzeit, seine völlige Kooperation bei der Klärung aller Vorwürfe zu versichern. CBF-Chef Marco del Nero reiste am Donnerstag vorzeitig aus Zürich ab. Warum und wieso, wusste zunächst niemand. Doch dürfte ihm die Debatte in Brasilien wohl zu heiß geworden sein, um sie aus der Ferne in der Schweiz zu verfolgen. In dem erst 2014 eingeweihten neuen Sitz des Verbands CBF in Rio laufen Krisensitzungen. Das Gebäude hieß übrigens José Maria Marin. Zumindest bis Donnerstag. Der Schriftzug wurde nach der Festnahme des Ex-Präsidenten sicherheitshalber entfernt.
(dpa)
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