Botschafter in Paris: Wie steht es derzeit um die deutsch-französischen Beziehungen?

Der deutsche Botschafter in Paris Stephan Steinlein zieht eine Zwischenbilanz, wie es derzeit um die deutsch-französischen Beziehungen steht – und was dem Duo bevorsteht.
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Frankreich und Deutschland sind sich einig – zumindest manchmal. Im Hintergrund die Stadt Ortenau im Elsass.Foto: iStock
Epoch Times21. Januar 2024

Fünf Jahre ist es her, dass Deutschland und Frankreich sich im Aachener Vertrag feierlich versichert haben, enger denn je zusammenzuarbeiten. Es ist kein Zufall, dass der Trauerstaatsakt für den ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU), einem großen Förderer der deutsch-französischen Freundschaft, an einem 22. Januar stattfindet – und auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu den Gästen zählt.

Der deutsche Botschafter in Paris, Stephan Steinlein, zieht eine Zwischenbilanz, wie es derzeit um die deutsch-französischen Beziehungen steht. Und was dem Duo bevorsteht.

Vorbereitung auf erweiterte EU

Bei einigen der Dauerkonflikte habe es zuletzt große Fortschritte gegeben, meint der Botschafter. „Wir haben bei den wichtigsten Themen Kompromisse gefunden“, sagte Steinlein in einem AFP-Gespräch. Er verwies auf den Stabilitätspakt, den europäischen Strommarkt und die gemeinsamen Rüstungsprojekte. „Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Deutschland und Frankreich sind weniger problematisch, als es oft den Eindruck hat“, betonte er.

Als eine der wichtigsten deutsch-französischen Herausforderungen in diesem Jahr zählte der Botschafter die Vorbereitungen auf die erweiterte EU. „Es besteht ein gemeinsames Interesse, voranzukommen“, sagte er. Er verwies auf einen im Herbst vorgestellten Bericht einer deutsch-französischen Expertengruppe und betonte die „Notwendigkeit, dabei auch die osteuropäischen Staaten einzubeziehen“.

Steinlein begrüßte die Mobilisierung der Zivilgesellschaft, die der Aachener Vertrag mit der Gründung des Bürgerfonds angestoßen habe. Dieser Fonds habe bereits mehr als 2000 deutsch-französische Projekte gefördert, von Musikpartnerschaften über lokale Vorhaben zur Verkehrswende oder zum Klimaschutz.

„Es ist die Besonderheit der deutsch-französischen Beziehungen, dass sie durch ein dichtes Netz an Vereinen, Städtepartnerschaften und Austauschen getragen wird“, sagte Steinlein. „Das gibt es sonst nirgendwo zwischen zwei Staaten“, fügte er hinzu.

Unterschiedliche Philosophie bei der Energiepolitik

Mit Blick auf die Energiepolitik sei beiden Seiten klar, dass es in Deutschland und Frankreich „unterschiedliche Wege und eine unterschiedliche Philosophie“ gebe. Dabei wachse in beiden Ländern das Bewusstsein, wie wichtig die europäische Zusammenarbeit in Fragen der Energiepolitik ist. Auch Frankreich wisse, dass es noch großer Anstrengungen bedürfe, um die Ziele mit Blick auf die erneuerbaren Energien zu erreichen.

Daher sei es nötig, die Zusammenarbeit von Ingenieuren und Wissenschaftlern weiter zu vertiefen. „Europa wird in Zukunft nur eine Rolle spielen, wenn wir bei Forschung und Entwicklung vorne bleiben“, sagte Steinlein.

Er nannte als Beispiel die Kooperation der Helmholtz-Gemeinschaft mit den französischen Forschungszentren CNRS und CEA, um effizientere Photovoltaik-Elemente herzustellen. „Diese könnten Deutschland und Frankreich gemeinsam produzieren und so verhindern, dass die Produktion nach China abwandert“, sagte Steinlein.

Differenzen bei Wasserstoff

Unterschiedliche Ansichten gebe es weiterhin zur Entwicklung von Wasserstoff, räumte Steinlein ein. Während Frankreich Wasserstoff mit Atomenergie herstellen will, setze Deutschland eher auf den Import von Wasserstoff, der etwa in Nordafrika mithilfe von Solarkraft produziert werde.

„Wir reden über verschiedene Pfade, die jedoch zum selben Ziel führen“, sagte Steinlein, der seit vergangenem August in Paris Botschafter ist. Er war 1990 schon einmal auf Posten in der französischen Hauptstadt, als letzter Botschafter der DDR.

Wichtige Termine

Und schließlich stehen in diesem Jahr auch wichtige Termine an, die das deutsch-französische Verhältnis betreffen: Ende Mai wird mit dem nachgeholten Staatsbesuch von Präsident Emmanuel Macron in Deutschland gerechnet.

Im Juni jähren sich zum 80. Mal die Landung der Alliierten in der Normandie, die das Ende des Zweiten Weltkrieg einleitete, sowie das Massaker durch SS-Soldaten in Oradour-sur-Glane.

Und schließlich kündige sich ein „deutsch-französischer Sportsommer“ an, mit der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland und den Olympischen Spielen in Frankreich. „Da wird es zahlreiche Begegnungen zwischen Staatsvertretern, aber auch zwischen Bürgern und jungen Menschen aus beiden Ländern geben“, sagte der Botschafter. (afp)



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