Blockierung russischer Öltransporte: Ungarn und die Slowakei warnen vor Sanktionen gegen Ukraine

Die ukrainische Entscheidung, die LUKOIL-Öllieferungen an Ungarn und die Slowakei zu unterbinden, sorgt für große Spannungen. Die Länder erwarten Hilfe von der EU, haben aber gleichzeitig ernsthafte Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Ukraine riskiert möglicherweise auch ihre Stromversorgung.
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Lukoil-Ölraffinerien und Ölterminals in Russland.Foto: iStock / ZimaNady_klgd
Von 27. Juli 2024

Die Ukraine hat am 26. Juni mit einem Dekret des Präsidenten unerwartet die Öllieferungen der russischen LUKOIL nach Ungarn und in die Slowakei gestoppt. Die Europäische Kommission drängt jedoch Kiew vorerst nicht, die kürzlich verhängten Sanktionen aufzuheben, berichtete am Donnerstag die „Financial Times“.

Ungarn und die Slowakei erhalten somit keine schnelle Unterstützung von der EU für die Lösung ihres Konflikts mit der Ukraine. Der Schritt von Präsident Wolodymyr Selenskyj hat heftige Reaktionen in Budapest und Bratislava hervorgerufen.

Beide Regierungen betrachten ihre Energiesicherheit als ernsthaft gefährdet und die Vereinbarungen zwischen der Ukraine und der Europäischen Union als verletzt. Sie fordern die Europäische Kommission nachdrücklich auf, Maßnahmen gegen die Ukraine zu ergreifen.

Die Sanktionen wurden Ungarn und der Slowakei zufolge unrechtmäßig verordnet. Das ursprüngliche Abkommen zwischen der EU und der Ukraine hatte die Lieferungen bis Ende des Jahres garantiert. Kiew hat nun die Ausnahmeregelung ignoriert und Sanktionen gegen LUKOIL verhängt. Andere russische Lieferanten sind vorerst nicht von den Sanktionen betroffen.

Ein Stein erinnert an die Freundschaft-2-Rohölpipeline. Die Donau-Ölraffinerie in Százhalombatta (bei Budapest) ist eine der größten Raffinerien in der ostmitteleuropäischen Region, in der russisches Öl über die Druschba-Ölpipeline in Ungarn ankommt. Foto: Janos Kummer/Getty Images

Brüssel sieht keine unmittelbare Gefahr

Am Montag baten Ungarn und die Slowakei die Brüsseler Behörden darum, die Ukraine zur Freigabe von LUKOIL-Öl zu bewegen. Das Thema wurde am Mittwoch in Brüssel erörtert. Offiziell wurde noch keine Entscheidung angekündigt, aber die „Financial Times“ berichtete unter Berufung auf an den Gesprächen beteiligte Diplomaten, sie seien nicht bereit, Maßnahmen zu ergreifen.

Brüssel benötige mehr Zeit, um Beweise zu sammeln und eine rechtliche Bewertung der Situation vorzunehmen, sagte Valdis Dombrovskis, Vizepräsident der Europäischen Kommission, laut „Financial Times“. Die Position des Vizepräsidenten wurde bei der jüngsten Sitzung der Handelsvertreter der EU-Länder von elf Mitgliedsstaaten unterstützt, wobei sich niemand auf die Seite von Budapest und Bratislava stellte, hieß es weiter.

„Es gibt weder für Ungarn noch für die Slowakei ein Problem damit, dass die Ukraine dem russischen Unternehmen LUKOIL Beschränkungen bei den Öllieferungen auferlegt hat“, sagte Olof Gill, Sprecher der Europäischen Kommission in Brüssel, am Donnerstag auf der täglichen Pressekonferenz des EU-Exekutivorgans, berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI.

Laut Gill sollte es kein Problem geben, da beide Länder über eine 90-Tage-Reserve verfügen, die mit den EU-Vorschriften übereinstimmt. Der Sprecher betonte, es werde nach einer Lösung gesucht, die für alle Länder akzeptabel sei.

Ungarn verkündet Gegenmaßnahmen

Ungarn wird die Auszahlung der 6,5 Milliarden Euro Entschädigung für Waffentransfers aus der Europäischen Friedensfazilität an die Ukraine blockieren. Dies gilt so lange, bis Kiew die Wiederaufnahme der ununterbrochenen Öllieferungen von LUKOIL über die Ukraine nach Ungarn erlaubt, erklärte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó gegenüber dem Fernsehsender ATV am Dienstag.

Nach Angaben des Ministers stammen 33 Prozent der Ölimporte in Ungarn und etwa 40 bis 45 Prozent in der Slowakei von LUKOIL, also über die Ukraine aus Russland. Während die ungarische Regierung an der Entwicklung alternativer Lösungen arbeitet, stellt diese Problematik nach Ansicht des Ministers auch ein kritisches Problem für die EU dar.

„Es muss sich jetzt zeigen, ob die Europäische Kommission in der Lage ist, die europäischen Interessen, die Interessen der europäischen Länder zu vertreten, insbesondere in einer so kritischen Frage wie der Sicherheit der Energieversorgung“, sagte Szijjártó.

Der Außenminister gab am Mittwoch auch bekannt, dass Bulgarien Ungarn seine Unterstützung bei alternativen Öllieferungen angeboten hat.

Slowakei „will keine Geisel der ukrainisch-russischen Beziehungen sein“

Der slowakische Premierminister Robert Fico hat bereits am vorigen Wochenende mit seinem ukrainischen Amtskollegen Denys Schmyhal telefoniert. Er hält die Sanktionen gegen LUKOIL für vollkommen sinnlos, da sie seiner Meinung nach den EU-Ländern mehr schaden als Russland. „Die Slowakei will keine Geisel der ukrainisch-russischen Beziehungen sein“, erklärte Fico.

Peter Pellegrini, Staatspräsident der Slowakei. Foto: Zuzana Gogova/Getty Images

Staatspräsident Peter Pellegrini betonte, dass die Slowakei als guter Nachbar und zuverlässiger Partner der Ukraine es nicht verdient habe, dass die Ukraine den Öltransit stoppt. Dies sei eine sehr unangenehme Einmischung in die Beziehungen zwischen den beiden Ländern und die Slowakei könne einen solchen Schritt auf Dauer nicht akzeptieren.

Pellegrini erwarte von der Ukraine, dass sie die Situation so schnell wie möglich regelt, andernfalls sei die Slowakei gezwungen, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen. Obwohl er nicht näher darauf einging, erinnerte er daran, dass die Slowakei „die Ukraine zu einer Zeit belieferte, als es nicht genug Gas gab“. Ihm zufolge ist die Slowakei auch einer der größten Stromlieferanten der Ukraine.

Ukraine kann ebenfalls große Verluste erleben

Rund 50 Prozent des Öls, das über die Druschba-Ölleitung (von Russland aus durch Weißrussland und durch die Ukraine) nach Ungarn transportiert wird, wurde bisher von der privaten Ölgesellschaft LUKOIL geliefert. Weitere Lieferanten sind die staatliche russische Tatneft, Gazprom Neft, die private RussNeft und andere kleine Produzenten.

Wie „Reuters“ berichtete, hat die Ukraine die Hintergründe für die Entscheidung nicht erläutert, wieso nur LUKOIL sanktioniert wurde. In anderen Berichten aus Ungarn heißt es, die Begründung sei, dass LUKOIL den Krieg unterstütze.

Es ist noch nicht klar, wie der Fehlbetrag genau ausgeglichen werden soll. Da Ungarn und die Slowakei keine Küstenlinie haben, ist der Zugang zu alternativen Öllieferungen schwierig. Die Situation wird dadurch verschärft, dass die Ukraine sowohl von Ungarn als auch von der Slowakei energetisch abhängig ist. Der ungarische Außenminister erklärte diese Woche, dass sein Land im Juni 42 Prozent der ukrainischen Stromlieferungen deckte.

Wenn Budapest und Bratislava also ernsthaft gegensteuern wollen, könnten sie theoretisch auch in die Energieversorgung der Ukraine eingreifen. Vorerst setzen die Länder jedoch weiterhin auf Brüssel, um den Konflikt zu lösen. Für Russland bedeutet diese Situation jedoch keine Verringerung der LUKOIL-Lieferungen, diese wurden lediglich auf andere Bestimmungsorte in Seehäfen umgelenkt.



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