Blockierte Schiffe, tatenlose EU – Das Drama der „Diciotti“

„Aquarius“, „Lifeline“, „Diciotti“ - die Schiffe sind zum Sinnbild einer tatenlosen EU geworden. Brüssel arbeitete die Woche über an einer schnellen Lösung - die es jedoch nicht gab
Titelbild
EU-Parlament in Brüssel.Foto: iStock
Epoch Times24. August 2018

„Aquarius“, „Lifeline“, „Diciotti“ – die im Mittelmeer umherirrenden Boote sind zum Sinnbild einer tatenlosen EU geworden. Weshalb kriegt die EU nicht mehr als Behelfslösungen auf die Reihe?

Ein Treffen mehrerer EU-Staaten am Freitag blieb in Sachen „Diciotti“ ohne Ergebnis: Niemand will die geretteten Menschen von dem Schiff aufnehmen, erfuhr dpa aus Kreisen des italienischen Innenministeriums.

Der italienische Vize-Premier Luigi Di Maio drohte in Rom mit einem Ende der Beitragszahlungen an die EU, falls man sich bei dem Treffen am Freitag nicht auf eine Verteilung der Flüchtlinge einige.

Matteo Salvini bietet an, Ermittlungen wegen Freiheitsentzuges gegen ihn zu führen: „Es ist kein Unbekannter, ERMITTELT GEGEN MICH!“, schrieb er bei Twitter.

Ich bin es, der will, dass keine weiteren ILLEGALEN in Italien anlegen.“

Die Bilder der Schiffe gehen um die Welt – und schrecken Zuwanderer möglicherweise ab. Italien, Österreich, Ungarn – es gibt genug EU-Länder, die gegen „illegale Migranten“ agitieren. Der kleinste gemeinsame Nenner der europäischen Migrationspolitik ist der verstärkte Schutz der Außengrenzen.

Brüssel arbeite an einer schnellen Lösung – die es die ganze Woche nicht gab

Und Brüssel? Die EU-Kommission scheint machtlos und spricht gebetsmühlenartig vom „humanitären Imperativ“. Das Wohl der Menschen an Bord der „Diciotti“ müsse an erster Stelle stehen. Man sei mit EU-Ländern in Kontakt und arbeite an einer schnellen Lösung.

Die ganze Woche wurde schon an dieser schnellen Lösung gearbeitet, die es dann doch nicht gab.

Bei der „Lifeline“, der „Aquarius“ und all den anderen Schiffen fanden sich nach einigen Tagen dann doch immer ein paar Länder, die bereit waren, einen Teil der Flüchtlinge aufzunehmen, unter ihnen auch Deutschland. Mitte Juli und Mitte August hatte Berlin in zwei Fällen jeweils die Aufnahme von 50 geretteten Migranten zugesagt.

Innenminister Horst Seehofer (CSU) wäre nun vielleicht auch bereit, einige Menschen der „Diciotti“ aufzunehmen. Doch diesmal zögert Deutschland, weil sich bisher kaum andere EU-Staaten gefunden haben, die sich an der Aktion beteiligen wollen.

Seehofer erwartet von Italien außerdem mehr Entgegenkommen bei den laufenden Verhandlungen über ein Abkommen zur Rücknahme von Asylbewerbern, die in Italien schon einen Asylantrag gestellt haben. Diese Erwartungshaltung hatte die Bundesregierung schon bei der ersten Aufnahmeaktion im Juli deutlich formuliert.

Die EU will mehr Entgegenkommen anderer Länder

Mehr Entgegenkommen von anderen Ländern fordert auch EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos. Regelmäßig sagt er, es brauche eine EU-weite Lösung; nicht ein einzelnes Land oder einige wenige Länder seien für die Lösung der Migrationsfrage verantwortlich, sondern der gesamte Staatenbund.

Der gesamte Staatenbund? Die EU-Kommission hatte Vertreter der EU-Länder angesichts der Ereignisse der vergangenen Monate für Freitag eingeladen. Einem Sprecher zufolge sollte es um einen gemeinsamen Ansatz und nachhaltige Lösungen gehen.

Für diesen „gemeinsamen Ansatz“ wurden allerdings nur zwölf Länder eingeladen. „Natürlich steht das Treffen jedem Mitgliedstaat offen, der an einer europäischen Lösung interessiert ist“, sagte der Sprecher. Letztlich endeten die Gespräche ergebnislos, die Migranten auf der „Diciotti“ warten weiter auf eine Lösung.

Aus Sicht der EU-Kommission dürften neben Deutschland auch Italien, Griechenland, Malta, Österreich, Spanien, Frankreich, Belgien, die Niederlande, Luxemburg, Irland und Portugal an einer europäischen Lösung interessiert sein.

Beim jüngsten EU-Gipfel Ende Juni hatten sich noch alle 28 Staats- und Regierungschefs mit Blick auf die Bootsflüchtlinge auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt: Auf freiwilliger Basis könnten die EU-Länder „kontrollierte Zentren“ einrichten.

Die EU-Kommission hatte dazu Ende Juli schließlich einen Vorschlag vorgelegt, weitere Fortschritte hat es bislang nicht gegeben. Mehrere EU-Staaten befürchten, dass ein Verteilungsschlüssel für Migranten nur weitere Menschen aus Afrika anziehen könnte. (dpa)



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