Biden verwechselt Putin und Selenskyj, Trump und Harris
US-Präsident Joe Biden hat inmitten der Debatte über seinen gesundheitlichen Zustand auf seiner Kandidatur für eine zweite Amtszeit beharrt. Der 81-Jährige bezeichnete sich am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Pressekonferenz als am besten qualifiziert und gab sich siegessicher.
Für Aufsehen sorgten jedoch neue Versprecher Bidens. So stellte der 81-Jährige unter anderem seinen ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj irrtümlicherweise als den russischen Präsidenten Wladimir Putin vor.
Entschlossen, zu kandidieren
„Ich denke, ich bin die qualifizierteste Person“, sagte Biden bei der Pressekonferenz. Er habe seinen Rivalen Donald Trump bereits einmal geschlagen, „und ich werde ihn wieder schlagen“. Es gehe ihm nicht um sein Vermächtnis, fuhr Biden fort. Er wolle die Arbeit zu Ende bringen, die er begonnen habe.
Biden sagte bei der Pressekonferenz, neurologische Untersuchungen hätten ergeben, dass er in guter Form sei. Er sei entschlossen, zu kandidieren, „aber ich weiß, dass es wichtig ist, dass ich Ängste zerstreue“.
Nach Bidens Auftritt im Fernsehduell mit Trump vor zwei Wochen sieht sich der mit 81 Jahren älteste Präsident in der US-Geschichte einer zunehmenden Debatte über seine physische und mentale Eignung für das Präsidentenamt konfrontiert – auch in der eigenen Partei.
Die Pressekonferenz am Donnerstag wurde mit Spannung erwartet – musste Biden doch spontan und ohne Hilfe eines Teleprompters sprechen.
Kamala Harris und „Vizepräsident Trump“
Ein Journalist fragte Biden, was er über die Chancen von Vizepräsidentin Kamala Harris denke, den republikanischen Herausforderer Donald Trump bei der Präsidentenwahl zu schlagen, wenn sie für die Demokraten ins Rennen ginge.
Biden antwortete: „Sehen Sie, ich hätte Vizepräsident Trump nicht als Vizepräsidentin gewählt, wenn ich nicht denken würde, dass sie für das Amt des Präsidenten qualifiziert ist.“
Biden dementierte zudem Berichte, er müsse um 20 Uhr ins Bett gehen – eine Zeit, zu der die Pressekonferenz am Donnerstag stattfand (Ortszeit).
Der 81-Jährige äußerte sich auch zur Außen- und Innenpolitik mit relativ wenigen Ausrutschern, verwechselte dabei jedoch Europa und Asien.
Selenskyj und Putin
Bereits kurz vor der Pressekonferenz verstärkte jedoch ein weiterer Lapsus die Zweifel an Biden. Der US-Präsident stellte seinen ukrainischen Kollegen Selenskyj bei einer NATO-Zeremonie irrtümlicherweise als den russischen Präsidenten Putin vor. Er wolle das Wort nun an den ukrainischen Präsidenten übergeben, „der ebenso viel Mut wie Entschlossenheit hat. Meine Damen und Herren, Präsident Putin“, sagte Biden, ehe er sich vom Rednerpult entfernte.
Schnell bemerkte der 81-Jährige seinen Fehler, kehrte zurück und sagte: „Er wird Präsident Putin schlagen. Präsident Selenskyj. Ich bin so darauf konzentriert, Präsident Putin zu schlagen.“ Selenskyj sagte, „ich bin besser“.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte sich anschließend hinter Biden. „Versprecher passieren und wenn man alle immer genug beobachtet, findet man auch genug“, sagte Scholz. Der Inhalt von Bidens Rede ändere sich dadurch nicht.
Scholz: Nicht unterschätzen
„Es wäre ein großer Fehler, den Präsidenten zu unterschätzen“, erklärte Scholz in einem am Rande des NATO-Gipfels in Washington geführten Interview mit dem US-Sender PBS. „Seine Führung war sehr wichtig in den vergangenen Jahren und Monaten.“ Der US-Präsident sei „erfolgreich darin, die notwendigen Dinge zu tun, zum Beispiel bei der Organisation des Nato-Bündnisses“.
Zu dem allgemein als desaströs bewerteten Auftritt Bidens im Fernsehduell mit seinem Präsidentschaftsrivalen Donald Trump Ende Juni sagte der Kanzler in dem auf Englisch geführten Interview, er habe den 81-Jährigen in der damaligen Debatte „klar und fokussiert“ gesehen.
Auf die Frage nach der Zukunft der NATO bei einem Sieg des früheren Präsidenten Donald Trump bei der US-Wahl im November zeigte sich der Kanzler zuversichtlich, dass die Vereinten Staaten sich nicht von der Allianz lösen werden. Die Demokraten wie Republikaner im US-Kongress verstünden, dass die NATO den Interessen der USA diene, dies wisse er aus seinen Gesprächen über die Jahre hinweg mit Parlamentariern beider Parteien.
Das Bekenntnis der USA zur NATO sei „sehr stark“, und er sei sich sicher, dass dies noch „viele Jahrzehnte“ lang so bleiben werde, sagte der Kanzler.
Forderungen nach einem Aussteigen Bidens nehmen zu
Zuletzt bröckelte der Rückhalt für eine erneute Kandidatur Bidens weiter. So plädierte Hollywoodstar George Clooney, ein wichtiger Unterstützer der Demokraten, am Mittwoch für den Rückzug des 81-Jährigen. „Ich liebe Joe Biden“, hatte Clooney in einem Gastbeitrag für die „New York Times“ geschrieben. „Aber den einen Kampf, den er nicht gewinnen kann, ist der gegen die Zeit.“
Auch Bidens Auftritt am Donnerstag konnte die Zweifel nicht stoppen: Drei weitere Politiker der Demokraten forderten ihn auf, aus dem Rennen um das Weiße Haus auszusteigen. Am Donnerstagabend waren es bereits 17 Kongressmitglieder seiner eigenen Partei, die seinen Rückzug forderten.
Einer zuvor veröffentlichte Umfrage für die Zeitung „Washington Post“ und den Sender ABC News zufolge sind mit 56 Prozent mehr als die Hälfte der Parteimitglieder der Demokraten der Ansicht, dass Biden beiseite treten solle. Nur 42 Prozent unterstützten seine Kandidatur. (afp/red)
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