Biden setzt in Telefonat mit Erdogan auf „konstruktive“ Partnerschaft mit Ankara

US-Präsident Biden hat vor einer erwarteten Anerkennung der Massaker an Armeniern als Völkermord mit dem türkischen Präsidenten Erdogan telefoniert. Biden warb dabei für "konstruktive" Beziehungen und einen "effektiven Umgang mit Meinungsverschiedenheiten".
Titelbild
US-Präsident Joseph Biden schüttelt dem türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan während eines Mittagessens im State Department am 16. Mai 2013 in Washington, DC die Hand.Foto: Alex Wong/Getty Images
Epoch Times24. April 2021

Einen Tag vor der erwarteten offiziellen Einstufung der Massaker an den Armeniern als Völkermord hat US-Präsident Joe Biden mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan telefoniert. Biden warb dabei am Freitag nach Angaben des Weißen Hauses für „konstruktive“ Beziehungen zwischen beiden Ländern. Die beiden Staatschefs vereinbarten demnach ein bilaterales Treffen am Rande des Nato-Gipfels in Brüssel am 14. Juni.

Notwendig sei ein „effektiver Umgang mit Meinungsverschiedenheiten“, hob Biden laut Weißem Haus in dem Telefonat hervor. Die beiden Präsidenten telefonierten vor einer für Samstag erwarteten Erklärung, in der Biden wie während seines Wahlkampfs angekündigt die Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg als Völkermord anerkennen dürfte.

US-Medien hatten zuletzt berichtet, Biden wolle dies als erster US-Präsident offiziell tun. Das dürfte die Beziehungen der USA zum Nato-Partner Türkei erheblich belasten. In der Presseerklärung des Weißen Hauses zum Telefonat zwischen Biden und Erdogan werden die Massaker an den Armeniern nicht erwähnt.

Der 24. April 1915 markierte den Beginn der Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich. Schätzungen zufolge wurden damals von den Soldaten des Osmanischen Reiches zwischen 1,2 und 1,5 Millionen Armenier getötet. Die Türkei wehrt sich vehement gegen die Verwendung des Begriffs Völkermord und spricht von einem Bürgerkrieg, in dessen Verlauf auf beiden Seiten Hunderttausende ihr Leben verloren.

Der Bundestag hatte die Massaker an den Armeniern im Juni 2016 als Völkermord eingestuft. Dies löste eine schwere diplomatische Krise mit der Türkei aus. Im Dezember 2019 erkannte auch der US-Kongress in einem symbolischen Votum die Massaker als Völkermord an.

Nach einem bevorstehenden Statement Bidens zu den Massakern befragt, sagte die Vize-Sprecherin des US-Außenministeriums, Jalina Porter, zum „Genozid an den Armeniern“ sei für Samstag eine Stellungnahme zu erwarten. Später stellte ein Vertreter des State Department klar, dass Porter den Begriff „Genozid“ verwendet habe, stelle noch keinen Positionswechsel der USA dar. Ein solcher müsse vom Weißen Haus verkündet werden.

In Armenien erinnerten am Freitagabend rund 10.000 Menschen mit einem Trauermarsch an die Massaker. Sie zogen mit Fackeln durch die Hauptstadt Eriwan zu einem Mahnmal auf einem Hügel. Einige der Teilnehmer sangen patriotische Lieder.

Aktivisten der nationalistischen Partei Daschnaktsutyun, die maßgeblich an der Organisation der Kundgebung beteiligt war, verbrannten Flaggen der Türkei und des Nachbarlands Aserbaidschan. Die Türkei unterstützt Aserbaidschan mit Waffenlieferungen im Berg-Karabach-Konflikt, der vergangenes Jahr in einem bewaffneten Konflikt eskalierte. Dass Armenien in der Folge große, jahrzehntelang von ihm kontrollierte Gebiete an Aserbaidschan abtreten musste, wird als nationale Demütigung empfunden.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu hatte Biden diese Woche vor der Einstufung der Massaker als Genozid gewarnt. „Wenn die USA die Beziehungen verschlechtern wollen, ist das ihre Entscheidung“, erklärte er. Die Verhältnis der beiden Länder ist auch wegen anderer Streitthemen angespannt.

Biden hatte Erdogan während seines Wahlkampfs als Autokrat gebrandmarkt und zur Unterstützung der türkischen Opposition aufgerufen. Bidens Regierung kritisiert Erdogans diskriminierenden Umgang mit Homosexuellen. Streit gab es in den vergangenen Jahren auch wegen des Kaufs der Türkei eines russischen Luftabwehrsystems und ihres Vorgehens gegen von den USA unterstützten kurdischen Kämpfer im Bürgerkriegsland Syrien. (afp)



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