Beschädigte Ostsee-Kabel: „Russische Schattenflotte“ mit Spionageausrüstung?
Am Donnerstag, 26.12., hat Finnlands Küstenwache das unter der Flagge der Cook-Inseln segelnde Frachtschiff „Eagle S“ geentert. Nach der Übernahme des Kommandos über das Schiff steuerte die Behörde dieses in finnische Gewässer. Dort wurden Ermittlungen im Zusammenhang mit mehreren jüngst aufgetretenen Schadensfällen an Unterwasserkabeln in der Ostsee eingeleitet. Unter anderem wird die 20-köpfige Besatzung des Schiffes verhört.
Kaum objektive Verbindungen der Eagle S zu Russland
Am ersten Weihnachtstag war die über den Meeresboden verlaufende Stromverbindung „Estlink 2“ zwischen Finnland und Estland ausgefallen. Auch an drei Kommunikationskabeln, die zwischen beiden Ländern verlaufen, wurden Schäden festgestellt. Zudem kam es erneut zu Beschädigungen des zwischen Helsinki und Rostock verlaufenden Datenkabels „C-Lion 1“. Dieses war bereits am 17.11. zum Ziel eines mutmaßlichen Sabotageakts geworden. Die Versorgung mit Strom und Daten konnte über andere Wege gewährleistet werden.
Bis dato steht fest, dass Eagle S (oder laut „Vesselfinder“ auch „Eagles“) 35.000 Tonnen Benzin geladen hat. Am 23.12. hatte das Schiff damit den russischen Ostseehafen Ust-Luga verlassen. Der im Jahr 2006 gebaute Tanker ist auf den Cook-Inseln registriert. Eigentümer ist die in Dubai ansässige Caravella Llc., das Management wird vom indischen Unternehmen Peninsular Maritime India wahrgenommen.
Die einzigen ersichtlichen Verbindungen des Schiffes zur Russischen Föderation bestehen in dem russischen Hafen, von dem Eagle S abgelegt hatte, und die Existenz einer Niederlassung der Caravella Llc. in Moskau.
NATO kündigt stärkere Präsenz in der Ostsee an
Dennoch ist man im Westen davon überzeugt, dass Russland die Eagle S genutzt hat, um Sabotage an westlichen Infrastruktureinrichtungen zu verüben. Finnlands Präsident Alexander Stubb gab sich zwar in einer Pressekonferenz vorsichtig. Offiziell erklärte er, es sei noch zu früh, „russische hybride Kriegsführung“ für die Beschädigungen verantwortlich zu machen. Allerdings fügte er auch in einem Nachsatz hinzu:
Wir wissen, wer es getan hat.“
Die NATO und die nördlichen Ostsee-Anrainerstaaten haben bereits angekündigt, die Schutzmaßnahmen für die maritime Infrastruktur deutlich auszuweiten. Unter anderem sollen Marineschiffe zum Einsatz kommen, um die Überwachung zu verbessern.
Die Eagle S soll den Radaraufzeichnungen zufolge „verdächtige Bewegungen“ in unmittelbarer Nähe der Kabel ausgeführt haben, heißt es bislang vonseiten finnischer Behörden. Es gebe auch Hinweise, wonach der Anker über mehrere Kilometer hinweg über den Meeresboden gezogen worden sein soll. Laut ARD-„Tagesschau“ war auf einer Pressekonferenz von einem „verlorenen“ Anker die Rede. Zum Zeitpunkt der Festsetzung sei kein Anker mehr vorhanden gewesen.
Schiff bereits mehrfach in Schadensfälle involviert
Das Frachtschiff war im Laufe seiner Geschichte bereits mehrfach in Vorfälle verwickelt, die erhebliche Schäden nach sich zogen. Im Mai 2012 kollidierte die FR8 Pride (wie das Schiff damals hieß) des in Singapur ansässigen Unternehmens FR8 mit einem Bohrgerät im Golf von Mexiko. Dabei entstand ein Schaden von bis zu 17 Millionen US-Dollar.
Als „LR Mimosa“ der Panamax International Shipping Corporation zerstörte der Tanker im September 2014 ein Monobojen-Terminal in der chilenischen Bucht vor Quintero. Als Folge davon liefen etwa 39 Tonnen Rohöl aus.
Der finnische Regierungschef Petteri Orpo bezeichnete die nunmehrigen Vorfälle als „sehr ernste Sache“ und äußerte Bedenken, diese könnten sich wiederholen.
Unterdessen schreibt das britische Marinemagazin „Lloyd’s List“ unter Berufung auf eine „anonyme Quelle“, die Eagle S habe auch Spionageausrüstung wie Abhörgeräte geladen. So sei die „Hightech-Ausrüstung an Bord für ein Handelsschiff ungewöhnlich“ gewesen.
Sogar die Türkei soll bei der behaupteten Spionage auf der Eagle S mitgemischt haben
Zudem habe der Schiffsgenerator „übermäßig Strom“ verbraucht, weshalb dieser mehrfach ausgefallen sei. Das Spionagezubehör sei in „riesigen tragbaren Koffern“ auf das Schiff geladen und portionsweise in russischen Häfen abtransportiert worden. Es habe auch „viele Laptops“ mit „russischen und türkischen Tastaturen“ an Bord gegeben.
Damit soll der Tanker „alle Schiffe und Flugzeuge der NATO überwacht“ haben. Keine Ermittlungsbehörde hat diese Darstellung bisher bestätigt. Die Türkei ist selbst Mitglied der NATO.
In russischen Inlandsmedien spielt das Thema nur eine geringe Rolle. Auslandsmedien werfen Finnland und der EU „Piraterie“ vor. Es sei dem internationalen Seerecht zufolge nicht statthaft, auf hoher See befindliche Schiffe aufzubringen und auf eigenes Hoheitsgebiet zu zwingen. Allerdings kennt die entsprechende Konvention auch ein Recht der Nacheile nach Artikel 111, auf das sich Finnland im Zusammenhang mit der Eagle S berufen dürfte.
Duale Nutzung der behaupteten „Schattenflotte“?
Am Samstag hatte Außenministern Annalena Baerbock vor einer russischen „Schattenflotte“ gewarnt. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte sie:
„Der aktuelle Vorfall zeigt erneut: Die oft altersschwache russische Schattenflotte, zu der das von Finnland jetzt festgesetzte Schiff gehört, ist eine große Gefahr für unsere Umwelt und für unsere Sicherheit. Mit ihr finanziert Russland seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in der Ukraine.“ 50 Schiffe seien Mitte Dezember mit EU-Sanktionen belegt worden. Baerbock forderte, dass weitere folgen.
Das internationale Seerecht gibt jedem Land das Recht, internationale Gewässer zu nutzen. Auf den Schiffen gilt das Recht des jeweiligen Flaggenstaates. Eine Jurisdiktionsgewalt der EU über die Küstengewässer ihrer Mitgliedstaaten hinaus besteht nicht.
Daher waren Verstöße gegen Versicherungspflichten bislang regelmäßig die einzigen Ansatzpunkte, um gegen die häufig sehr alten Wasserfahrzeuge vorzugehen.
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