Belgiens Ex-Premier Verhofstadt rückt vor EU-Gipfel von Türkei ab
Angesichts des gewaltsamen Vorgehens der türkischen Sicherheitskräfte gegen die regierungskritische Zeitung „Zaman“ wachsen in der EU die Zweifel an einer engeren Zusammenarbeit mit der Türkei in der Flüchtlingspolitik: Er warne davor, „die Türkei als einzige Lösung anzusehen“, sagte der frühere belgische Regierungschef Guy Verhofstadt der „Berliner Zeitung“ (Montag-Ausgabe). Verhofstadt, derzeit Chef der Fraktion der Liberalen im Europaparlament, ergänzte: „Die Türkei ist Teil einer Lösung, aber die Hauptverantwortung liegt in Europa. Europa muss auf die Flüchtlingspolitik seine eigene Antwort finden.“
Die Staats- und Regierungschefs der EU kommen am Montag in Brüssel zu einem Sondergipfel zusammen, um über weitere Schritte zur Flüchtlingspolitik zu beraten. Auch der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu wird an dem Treffen teilnehmen. Verhofstadt dämpfte aber die Erwartungen an eine engere Kooperation. „Die Türkei hat genügend eigene Probleme“, sagte er weiter. Zugleich übte der frühere belgische Premier heftige Kritik an der Abriegelungspolitik Österreichs und der Balkanstaaten. „Was wir jetzt an der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland sehen, ist die Folge einer Politik der nationalen Alleingänge“, sagte Verhofstadt. Er mahnte zugleich: „Griechenland darf nicht Europas Flüchtlingscamp werden.“ Zudem mahnte er an, dem Land in der Flüchtlingskrise zu helfen. „Die Flüchtlinge sind eine Aufgabe für ganz Europa. Deshalb brauchen wir eine europäische Lösung“, sagte er. Führende EU-Politiker wie Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) hatten zuvor gefordert, dem Land bei der Erfüllung seiner Sparmaßnahmen entgegenzukommen. Eine europaweite Spritsteuer zur Bewältigung der Flüchtlingskrise, wie von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angeregt, wies Verhofstadt entschieden zurück. „Wir brauchen keine neuen Steuern“, sagte der liberalen Politiker. Er forderte stattdessen, nicht abgerufene EU-Mittel für die Flüchtlingspolitik zu verwenden. „Es gibt in jedem Jahr Mittel im EU-Etat, die nicht abgerufen werden. Derzeit fließen sie an die Mitgliedstaaten zurück, wir sollten diese Mittel künftig für die Flüchtlingspolitik einsetzen“, sagte Verhofstsadt und mahnte: „Wir sollten die vorhandenen Mittel besser nutzen.“ Verhofstadt war von 1999 bis 2008 Regierungschef in Belgien, derzeit führt er die Fraktion der europäischen Liberalen im Europaparlament. Vor dem Gipfel am Montag ermahnte er die Staats- und Regierungschefs, den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Grenz- und Küstenwache voranzutreiben. „Der Schutz der EU-Außengrenze ist keine nationale Angelegenheit, sondern eine europäische. Deshalb fordere ich die Staats- und Regierungschefs auf, auf den kommenden beiden EU-Gipfeln im März endlich den Aufbau einer Europäischen Grenz- und Küstenschutzes zu beschließen und diesen startklar zu machen“, sagte er weiter. Verhofstadt warnte auch vor einem Aus des grenzenlosen Europa. „Jetzt stehen Schengen und das kontrollfreie Reisen in Europa auf der Kippe. Europa braucht keine neuen Mauern, Europa braucht eine gemeinsame europäische Lösung“, forderte Verhofstadt. Zuletzt hatte die EU-Kommission vor wirtschaftlichen Kosten von jährlich 18 Milliarden Euro gewarnt, sollte Europa zu Grenzkontrollen zurückkehren. Zugleich hatte sie eine Rückkehr zum Schengen-System des kontrollfreien Reisens bis Dezember angemahnt.
(dts Nachrichtenagentur)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion