Bei einem Wahlsieg: Labour-Partei will britisches Oberhaus abschaffen

Die britische Labour-Partei plant ein jahrhundertealtes Verfassungsmodell von Grund auf reformieren – sollte sie die nächste Wahl gewinnen. Es geht um den „größten Machttransfer aller Zeiten“, warb Labour-Chef Keir Starmer.
Labour-Partei will das britische Oberhaus abschaffen
House of Lords.Foto: Kirsty Wigglesworth/AP POOL/dpa
Epoch Times8. Dezember 2022

Die oppositionelle Labour-Partei in Großbritannien will im Falle eines Wahlsieges 2025 eine Verfassungsreform in die Wege leiten und das altehrwürdige britische Oberhaus abschaffen. „Ich denke, das Oberhaus ist unhaltbar“, sagte Labour-Chef Keir Starmer am Montag der BBC. Die Labour-Pläne sehen vor, das House of Lords durch eine kleinere gewählte Parlamentskammer zu ersetzen.

Das Konzept zur Verfassungsreform wurde vom früheren Premierminister Gordon Brown entworfen.

Kernstück des 40-Punkte-Plans ist die Abschaffung des britischen Oberhauses in seiner aktuellen Form. Das Oberhaus besteht aus politischen Mandatsträgern, Adligen mit vererbtem Titel und Bischöfen der Kirche von England. Einst war es die mächtigste Parlamentskammer mit judikativen Aufgaben.

Heute hat es mit seinen rund 800 Mitgliedern insbesondere eine beratende Funktion und kann die vom Unterhaus verabschiedeten Gesetze lediglich aufschieben, jedoch nicht verhindern.

Bekenntnis zur Dezentralisierung

Brown schlug nun eine neue Zusammensetzung der Kammer vor. Sie soll demnach aus Mitgliedern aus den Regionen und Ländern des Vereinigten Königreichs bestehen. Im Mittelpunkt seiner Empfehlungen steht ein übergreifendes Bekenntnis zur Dezentralisierung.

So sieht er unter anderem eine Verlagerung von 50.000 Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst in Gebiete außerhalb Londons vor. Auch sollen die Nebentätigkeiten von Abgeordneten eingeschränkt werden. Damit die Kommunalverwaltungen ihre eigenen Einnahmen generieren können, sollten sie mehr Befugnisse erhalten. Brown empfiehlt auch mehr Mitspracherecht für Schottland und Wales, die bereits über halbautonome Parlamente in Edinburgh und Cardiff verfügen. Damit soll die Forderung Schottlands nach mehr Unabhängigkeit entschärft werden.

Labour-Chef Starmer sagte, er unterstütze den Brexit und die schottische Unabhängigkeit nicht. Jedoch könne er den Grundgedanken nachvollziehen, dass die Menschen „mehr Kontrolle über ihr Leben, mehr Kontrolle über ihr Land“ wünschten und mit der Politik des Parlaments unzufrieden seien.

Rolle des Oberhauses auf dem Prüfstand

Bei einer Veranstaltung in Leeds in Nordengland am Montag, wo Starmer das Konzept vorstellte, sprach er von dem „größten Machttransfer aller Zeiten“ vom Parlament auf das Volk. Er argumentierte dabei vor allem mit dem Brexit und seinen Folgen: Viele Wähler hätten sich 2016 für den EU-Austritt entschieden, weil sie das Gefühl gehabt hätten, keine demokratische Kontrolle zu haben.

Der Entwurf beruht zunächst auf Empfehlungen, „die innerhalb der ersten fünf Jahre einer Labour-Regierung umgesetzt werden können“, sagte Starmer. Über Einzelheiten will die Partei nun beraten und sich mit weiteren Änderungsvorschlägen befassen, bevor sie das Konzept in ihr Wahlprogramm für 2025 aufnimmt.

Die Größe und die Rolle des Oberhauses sind in den letzten Jahren immer wieder auf den Prüfstand gestellt worden, berichtet die BBC. Es jedoch nach den Plänen der Labour-Partei abzuschaffen, würde ein jahrhundertealtes Verfassungsmodell auf den Kopf stellen und wahrscheinlich auf Widerstand der bestehenden Mitglieder stoßen.

Ein Reformversuch startete die frühere Labour-Regierung unter Premierminister Tony Blair. Er hat im Jahr 1997 Hunderte erbliche Adligen aus der Kammer entfernt und sie durch die „Adligen auf Lebenszeit“ ersetzt. Diese werden von der Regierung und den politischen Parteien ernannt. Weitere Reformversuche sind seitdem jedoch ins Stocken geraten. (dl)

(Mit Material von afp)



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