Baerbock: Hamas will Krieg im Gazastreifen „offensichtlich“ verlängern
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat der radikalislamischen Hamas vorgeworfen, kein Interesse an einem Ende des Krieges gegen Israel zu zeigen.
„Das haben wir in den letzten Monaten immer wieder erlebt, dass die Hamas als Terrororganisation das Ziel hat, (…) offensichtlich diesen furchtbaren Krieg zu verlängern“, sagte Baerbock am Dienstag im Deutschlandfunk. Die Hamas spreche „nicht für die Menschen Palästinas“ und sehe „nicht die Verantwortung, dieses Leid zu lindern“.
Baerbock betonte, es liege „jetzt allein in den Händen der Hamas“, dass „die Geiseln jetzt endlich freikommen“. Es sei „wichtig, dass wir eine gemeinsame, geschlossene Stimme von arabischen Ländern, von europäischen Ländern, von den Amerikanern haben, die deutlich macht, dieser furchtbare Krieg, der muss ein Ende haben“.
USA: „Sehr, sehr großzügiges“ Angebot von Israel
Die Verhandlungen über eine Feuerpause und die Freilassung von Hamas-Geiseln laufen bereits seit Monaten. Im Rahmen der bislang einzigen von den USA, Katar und Ägypten vermittelten Einigung zwischen Israel und der Hamas waren Ende November während einer einwöchigen Feuerpause rund hundert Geiseln im Austausch gegen palästinensische Häftlinge freigekommen.
Derzeit liegt ein neuer Vorschlag für eine Waffenruhe und die Freilassung der verbliebenen Geiseln auf dem Tisch. Nach den Gesprächen soll es eine „Antwort“ der Hamas geben. Ihre Delegation habe Kairo verlassen und werde mit einer „Antwort“ auf den jüngsten Vorschlag zurückkehren, meldete der staatsnahe ägyptische Fernsehsender „Al-Kahera News“ am Montagabend.
US-Außenminister Antony Blinken, der aktuell wieder in der Region unterwegs ist, sprach von einem „sehr, sehr großzügigen“ Vorschlag Israels. Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre forderte die Hamas auf, diesem zuzustimmen. „In den vergangenen Tagen gab es neue Fortschritte bei den Gesprächen, und derzeit liegt die Pflicht tatsächlich bei der Hamas. Es liegt ein Angebot auf dem Tisch, und sie müssen es annehmen“, sagte sie.
Israelische Medien hatten zuvor berichtet, der Vorschlag sehe eine Freilassung von 33 Geiseln aus der Gewalt der Hamas vor. Im Gegenzug beabsichtige Israel, mehrere Hundert palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen zu entlassen. Cameron sprach heute sogar davon, dass „möglicherweise Tausende“ Palästinenser bei einem Deal freigelassen werden könnten.
Auf die Frage, ob mögliche Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu die Verhandlungen über eine Feuerpause torpedieren könnten, antwortete das Weiße Haus: Man unterstütze die Ermittlungen nicht und sei außerdem überzeugt, dass der – von den USA nicht anerkannte – Strafgerichtshof in Den Haag keine rechtliche Zuständigkeit habe. Das sagte Sprecherin Jean-Pierre.
Zuvor hatten israelische Medien berichtet, Netanjahu befürchte, dass Chefankläger Karim Khan noch in dieser Woche internationale Haftbefehle für ihn, seinen Verteidigungsminister Joav Galant sowie den Generalstabschef Herzi Halevi ausstellen könnte. Der Strafgerichtshof ermittelt bereits seit 2021 gegen die Hamas wie auch gegen Israel wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gazastreifen.
Erneut Proteste in Israel
Unterdessen demonstrierten in Israel gestern Abend mehrere Tausend Menschen in Tel Aviv für eine Verhandlungslösung zur Freilassung der israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas. „Rafah kann warten – sie nicht“, stand israelischen Medienberichten zufolge auf einem Banner der Kundgebung.
Auch Angehörige von Geiseln sprachen auf der Demonstration und appellierten an die Regierung, eine Waffenruhe zu erreichen und die Geiseln zurückzubringen. Am Rande kam es laut Medienberichten zu Zusammenstößen mit der Polizei.
Ein Wasserwerfer sei im Einsatz gewesen, es habe fünf Festnahmen gegeben. Gegner eines Deals mit der Hamas drohten dagegen laut der „Times of Israel“ mit einem Hungerstreik, solange die Armee nicht wie seit Monaten angekündigt in der Stadt Rafah einmarschiert.
Vom Ausgang der gegenwärtig in Kairo geführten Verhandlungen hängt ab, inwieweit Israel seine Angriffe in Rafah fortsetzt und zu einer großangelegten Offensive ausweitet. Trotz wiederholter Warnungen von Verbündeten wegen Hunderttausender Binnenflüchtlinge in der an Ägypten grenzenden Stadt will Israel in Rafah die dort verbliebenen Hamas-Bataillone zerschlagen.
Israels Finanzminister Bezalel Smotrich hatte am Sonntag mit einem Ende der Regierung Netanjahus gedroht, sollte der gegenwärtig verhandelte Geisel-Deal umgesetzt und ein Militäreinsatz in Rafah gestoppt werden.
Sorge in Israel wegen Ermittlungen des Strafgerichtshofs
Sollte der Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehle gegen Netanjahu und andere Israelis erlassen, werde dies zu einer „Welle des Antisemitismus in der ganzen Welt“ führen, die ein mögliches Geisel-Abkommen zunichtemachen könnte, zitierte die „Times of Israel“ unterdessen einen nicht genannten israelischen Beamten.
Dies sei keine Drohung, aus den Gesprächen über einen Geisel-Deal auszusteigen. Internationaler Druck auf Israel verringere aber den Druck auf die Hamas, Kompromisse einzugehen.
Juristisch würden Haftbefehle des Strafgerichtshofs bedeuten, dass Staaten, die die Statuten des Gerichtshofs unterzeichnet haben, verpflichtet wären, diese Personen festzunehmen und nach Den Haag zu überstellen – sofern diese sich im Hoheitsgebiet dieser Staaten befinden. So wie die USA erkennt auch Israel den Strafgerichtshof nicht an. Aber die palästinensischen Gebiete sind Vertragsstaat. (afp/red)
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