Baerbock: Es gibt „vieles, wo wir uns einig sind, einiges, was uns trennt“

Titelbild
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock mit dem polnischen Außenminister Zbigniew Rau auf einer Pressekonferenz in Warschau am 10. Dezember 2021.Foto: Omar Marques/Getty Images
Epoch Times10. Dezember 2021

Bei ihrem ersten Besuch in Warschau als Bundesaußenministerin hat Annalena Baerbock (Grüne) am Freitag ein nachdrückliches Bekenntnis zur deutsch-polnischen Freundschaft abgelegt.

Diese Freundschaft sei „tief“ und innerhalb der EU „unbezahlbar“, sagte Baerbock am Freitag nach einem Gespräch mit ihrem polnischen Kollegen Zbigniew Rau. „Angesichts der unermesslichen polnischen Opfer während des Krieges und der Besatzung“ sei diese Freundschaft „alles andere als selbstverständlich“.

Große „Diskrepanzen“ beim Thema Rechtsstaatlichkeit

Es gebe „vieles, wo wir uns einig sind, einiges, was uns trennt“, sagte Baerbock nach dem Gespräch mit ihrem Kollegen Rau und dankte Polen für seinen „Beitrag für Europa“. Auch über das Thema Rechtsstaatlichkeit sei gesprochen worden, sagte Baerbock weiter. Baerbock räumte ein, dass es hier große „Diskrepanzen“ gebe, die aber im Gespräch aufgelöst werden sollten.

Deutschland wolle dabei „keine öffentlichen Ratschläge erteilen“, versicherte Baerbock. „Wir sollten uns als Deutsche hüten, uns reflexhaft für die besseren Europäer zu halten.“ Die neue Bundesregierung wünsche sich „Lösungen, die Europa stärker machen“, und Polen sei dabei ein „unverzichtbarer Teil“.

Zugleich verwies sie auf die „nie endende Verantwortung Deutschlands“. Es gehe ihr darum, „diese Freundschaft in Frieden ehrlich zu pflegen“, betonte die Außenministerin. Dies wolle sie auch mit der Kranzniederlegung am Grab des unbekannten Soldaten zum Ausdruck bringen.

Rau fordert erneut Kriegsreparationen

Baerbocks polnischer Kollege rief die neue Bundesregierung auf, Verantwortung auch in Form von Kriegsreparationen zu übernehmen. Es müsse nochmal über die Rückgabe der von den Nazis geraubten Kulturgüter sowie über Entschädigungen für vernichtete „Monumente der polnischen Kultur“ gesprochen werden, sagte Rau.

Das Thema Reparationen hatte lange Zeit als geregelt gegolten. Im Sommer 2017 stieß PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski aber eine neue Debatte darüber an. Er warf Deutschland vor, sich seiner Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg zu entziehen. Statt sich auf eine komplizierte juristische Debatte einzulassen, betont Warschau dabei vor allem die „moralische Pflicht“ der Deutschen.

Die Bundesregierung sieht keine rechtliche Grundlage für Nachforderungen aus Polen, da die kommunistische polnische Führung 1953 ihren Verzicht auf deutsche Reparationen erklärt hatte. Und auch während der Zwei-Plus-Vier-Verhandlungen über die Wiedervereinigung Deutschlands 1990 hatte Polen keine neuen Forderungen gestellt.

Belarus-Konflikt: Deutschland „an der Seite Polens „

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Rau verwies Baerbock auch auf ihre persönlichen Verbindungen zum Nachbarstaat. Vor 60 Jahren seien ihre Großeltern von Polen nach Deutschland gekommen, erzählte sie.

Und in der Nacht zum 1. Mai 2004, als Polen der EU beitrat, habe sie auf der Brücke zwischen Frankfurt/Oder und Slubice gestanden und habe „mit vielen Menschen gefeiert, als Europa im Herzen wieder zusammengewachsen ist“.

„Angesichts des Erpressungsmanövers“ des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko stehe die neue Bundesregierung „an der Seite Polens und der baltischen Staaten“, versicherte Baerbock zudem mit Blick auf die Flüchtlingskrise an der Grenze zu Belarus. Die Sanktionen gegen Minsk zeigten erste Erfolge.

Mit Rau habe sie darüber gesprochen, wie Hilfe für die Menschen im Grenzgebiet sichergestellt werden könne. „Humanitäre Verpflichtungen bei Verfolgten gelten für uns alle“, mahnte Baerbock. Zudem halte sie es für „sinnvoll“, den polnischen Grenzschutz durch die EU-Grenzschutzbehörde Frontex zu unterstützen. (afp/dl)



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