Baerbock auf G20-Treffen an Lawrow: „Beenden Sie jetzt den Krieg“
Die Außenminister der G20-Runde führender und aufstrebender Wirtschaftsmächte wollen an diesem Donnerstag über eine Reform internationaler Institutionen diskutieren.
Beim Treffen der Gruppe im brasilianischen Rio de Janeiro hatte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), am 21. Februar gesagt, die Modernisierung der internationalen Finanzinstitutionen gehöre für sie ganz oben auf die Tagesordnung der G20. Die am stärksten von der Klimakrise betroffenen Staaten zahlten die höchsten Zinsen. „Das ist zutiefst ungerecht, und es ist auch wirtschaftspolitisch mehr als kontraproduktiv“, kritisierte Baerbock.
Das Risiko von Naturkatastrophen treibe die Finanzierungskosten insbesondere von Inselstaaten wie Fidschi oder auch der Philippinen ins Unermessliche, sagte Baerbock. „Genau dann können sie nötige finanzielle und wirtschaftliche Investitionen nicht mehr tätigen.“ Deswegen brauche es stärkere und effizientere Entwicklungsbanken, die Klimaschutz in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellten.
Lulas Ziel: Umbau des internationalen Systems
Ein Umbau des internationalen Systems gehört zu den erklärten Zielen der brasilianischen G20-Präsidentschaft. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva versteht Brasilien als Sprachrohr des Globalen Südens und will den Schwellenländern mehr Gehör verschaffen.
Lula da Silva hatte zuletzt den UN-Sicherheitsrat als unglaubwürdig kritisiert und den internationalen Finanzinstitutionen wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank vorgeworfen, sich zu stark in die inneren Angelegenheiten der Gläubigerländer einzumischen.
Der G20-Runde gehören neben Deutschland, Frankreich und den USA unter anderem auch Russland und China an. Die Gruppe steht für etwa 80 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft und 60 Prozent der Weltbevölkerung. Aktuell hat Brasilien den Vorsitz.
Baerbock an Lawrow: Beenden Sie jetzt den Krieg
Baerbock wandte sich in der ersten Arbeitssitzung in Rio am Mittwochnachmittag (Ortszeit) an ihren russischen Kollegen Sergej Lawrow und verlangte ein Ende des russischen Angriffskrieges in der Ukraine.
„Wenn Ihnen Menschenleben am Herzen liegen, wenn Ihnen Ihr eigenes Volk am Herzen liegt, russische Kinder und Jugendliche, müssen Sie diesen Krieg jetzt beenden“, sagte sie. „Wenn Russland diesen Krieg jetzt beenden würde, wäre morgen der Weg zum Frieden und zur Gerechtigkeit weit offen“, fügte sie hinzu.
An die anderen Mitglieder der Runde gerichtet sagte Baerbock: „Russlands Aggression ist mehr als ein regionaler Konflikt.“ Der russische Angriffskrieg „fordert uns alle auf, die Grundprinzipien, die uns alle schützen, entschlossen zu verteidigen: die Charta der Vereinten Nationen, das Völkerrecht und die Menschenrechte. Diese Prinzipien schützen alle Nationen, egal wie groß oder klein.“
Forderung nach Feuerpause – „Menschlichkeit ist unteilbar“
Vor dem Hintergrund breiter Kritik am militärischen Vorgehen Israels gegen die terroristische Hamas und dem humanitären Leid der Zivilbevölkerung in Gaza forderte Baerbock eine humanitäre Pause, damit man auf einen nachhaltigen Waffenstillstand hinarbeiten könne.
Sie forderte ihre Zuhörer auf, den Schmerz auf beiden Seiten zu sehen und zu erkennen, „dass Menschlichkeit unteilbar ist“. Deshalb sei eine Lösung nötig, die es Palästinensern und Israelis ermögliche, friedlich und in Sicherheit Seite an Seite zu leben – in zwei Staaten.
Baerbock reist weiter zur UN
Am Donnerstagnachmittag wollte die Bundesaußenministerin von Rio aus nach New York weiterreisen. Dort waren am Freitag zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar mehrere Veranstaltungen geplant, an denen Baerbock teilnehmen wollte.
In Sitzungen der Generalversammlung und des Weltsicherheitsrats wollte sie das Wort ergreifen. Auch ein Gespräch mit UN-Generalsekretär António Guterres war geplant.
Zudem sollte es einen Meinungsaustausch mit der früheren französischen Außenministerin Catherine Colonna geben. Colonna leitet eine unabhängige Gruppe von Experten zur Prüfung der Vorwürfe gegen Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA).
Mitarbeitern des Hilfswerks wird vorgeworfen, an den Terrorakten der islamistischen Hamas vom 7. Oktober in Israel beteiligt gewesen zu sein. Mehrere westliche Länder haben wegen der Anschuldigungen vorübergehend die Zahlungen an UNRWA eingestellt, darunter die beiden größten Geldgeber, die USA und Deutschland. (dpa/red)
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