Ausnahmezustand in Ecuador nach Mordanschlag an Präsidentschaftskandidat
Nach einem tödlichen Attentat auf den aussichtsreichen Präsidentschaftskandidaten Fernando Villavicencio ist in Ecuador für 60 Tage der Ausnahmezustand verhängt worden. Präsident Guillermo Lasso bat am Donnerstag das FBI um Unterstützung bei den Ermittlungen und ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Die für den 20. August geplanten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen sollen dennoch wie geplant stattfinden. Die Europäische Union und die UNO verurteilten den Mordanschlag.
Lasso erklärte im Onlinedienst X, der früher Twitter hieß, er habe „das FBI um Unterstützung bei den Ermittlungen zu dem Mord gebeten“. Die US-Bundespolizei habe „unsere Bitte angenommen und in den nächsten Stunden wird eine Delegation im Land eintreffen“, fügte er hinzu.
„Dies ist ein politisches Verbrechen mit terroristischem Charakter, und wir bezweifeln nicht, dass dieser Mord ein Versuch ist, den Wahlprozess zu sabotieren“, erklärte Lasso. Im gesamten Staatsgebiet seien die Streitkräfte mobilisiert worden, um die Sicherheit der Bürger, die Ruhe sowie freie und demokratische Wahlen zu gewährleisten.
Alle Verdächtige aus Kolumbien
Der auf Korruption spezialisierte Journalist und ehemalige Abgeordnete Villavicencio war am Mittwochabend nach einer Wahlkampfveranstaltung auf dem Weg zu seinem Auto in Ecuadors Hauptstadt Quito erschossen worden. Bei dem Angriff wurden zudem neun Menschen verletzt. Einer der mutmaßlichen Angreifer wurde von Sicherheitskräften erschossen. Sechs weitere Verdächtige wurden laut Staatsanwaltschaft bei Razzien festgenommen. Nach Angaben der Polizei sind alle sieben Verdächtigen aus Kolumbien.
Zuvor hatte Innenminister Juan Zapata erklärt, dass es sich bei den Verdächtigen ausschließlich um „Ausländer“ handele. Sie gehörten „Banden des organisierten Verbrechens an“, fügte er hinzu, ohne eine bestimmte Bande verantwortlich zu machen.
Die Europäische Union verurteilte den Mord als „abscheuliches Verbrechen“ und sicherte Ecuador ihre Unterstützung bei der Organisation einer friedlichen und demokratischen Wahl zu. Um diese zu garantieren, müssten für alle Kandidaten strenge Schutzmaßnahmen gelten, erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Ihm zufolge befinden sich derzeit auch Wahlexperten der EU in dem südamerikanischen Land.
UN-Generalsekretär António Guterres nannte den Anschlag eine „ernsthafte Gefahr für die Demokratie“. Der UN-Menschenrechtsbeauftragte Volker Türk hob „die Herausforderungen für das Land und seine Menschen angesichts der Gewalt“ hervor.
Ein aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat
Der Zentrist Villavicencio war einer der aussichtsreichsten von acht Kandidaten für die vorgezogene Präsidentschaftswahl Ende August. In jüngsten Umfragen des Cedatos-Instituts lag er mit rund 13 Prozent an zweiter Stelle hinter der Anwältin Luisa González, die dem früheren Präsidenten Rafael Correa nahesteht.
Der 59-Jährige hatte an einer Untersuchung zur Aufdeckung eines umfangreichen Korruptionsnetzwerks mitgewirkt, in das der ehemalige linksgerichtete Präsident Rafael Correa verwickelt war. Correa, der das Land zwischen 2007 und 2017 regierte, kam infolge der Recherchen vor Gericht. Der Ex-Präsident floh nach Belgien und wurde in Abwesenheit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.
Villavicencio arbeitete zunächst als Kellner und dann als Investigativjournalist. Nach einem Urteil wegen Beleidigung des damaligen Präsidenten Correa floh er einige Zeit in den Amazonasdschungel, um einer Haftstrafe zu entgehen. Nach seiner Rückkehr nach Ecuador saß er als Abgeordneter im Parlament. Dort hatte er den Vorsitz der Aufsichtskommission inne, die zu Beginn des Jahres die Amtsenthebung von Präsident Lasso wegen eines mutmaßlichen Korruptionsfalls forderte.
In der Woche vor seinem Tod hatte Villavicencio mehrmals über Drohungen des Anführers der kriminellen Bande „Los Choneros“ gegen ihn und sein Wahlkampfteam geklagt, er stand deshalb unter Polizeischutz. Die Bande steht mit dem organisierten Drogenhandel in Verbindung. (afp/dl)
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