Auslandschef der Hamas von Israel getötet – Iran droht Konsequenzen an

Der Auslandschef der Hamas, Ismail Haniyeh, wurde bei einem Angriff in Teheran getötet. Kurz zuvor kam in Beirut der ranghöchste militärische Befehlshaber der Hisbollah bei einem Luftangriff ums Leben. Die Angriffe zeigen, wie gut der israelische Geheimdienst agieren kann.
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Ismael Haniyeh wird vor der Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Masoud Pezeshkian im Parlament in Teheran am 30. Juli 2024 willkommen geheißen – einen Tag vor seinem Tod. Er war einer der Anführer der Terrororganisation Hamas.Foto: Saman/Middle East Images/AFP via Getty Images
Epoch Times31. Juli 2024

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Der Auslandschef der Hamas, Ismail Haniyeh, ist nach Angaben der Terrororganisation und der iranischen Revolutionsgarden in Teheran getötet worden. Er sei bei einem israelischen Angriff „auf seine Residenz in Teheran“ getötet worden, erklärte die Hamas am Mittwoch. Von israelischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Nach Angaben der iranischen Revolutionsgarden (IRGC) kam außer Haniyeh auch einer seiner Leibwächter ums Leben. Ursache und das Ausmaß des Vorfalls werde untersucht, die Ergebnisse würden später bekanntgegeben, teilte Irans Elitestreitmacht am frühen Morgen mit. Laut der iranischen Nachrichtenagentur Tasnim, die den Revolutionsgarden nahe steht, wurde Hanija um 2:00 Uhr morgens Ortszeit (0:30 Uhr MESZ) „von einem Gegenstand aus der Luft“ tödlich getroffen.

Haniyehs Tod dürfte die heiklen Waffenstillstandsgespräche unter Vermittlung arabischer Staaten erschweren.

Iran droht mit Vergeltung – Beerdigung am 2. August in Doha

Die iranische Führung, die Hamas und deren Verbündeten drohten Israel Vergeltung an. Auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, die Türkei, Russland, China sowie Katar reagierten empört.

Der iranische Präsident Massud Peseschkian droht Israel Konsequenzen an. Die Islamische Republik Iran werde ihre „territoriale Integrität“ verteidigen und „die terroristischen Eindringlinge ihre feige Tat bereuen lassen“, erklärte Peseschkian im Onlinedienst X. Der Iran rief drei Trauertage für Haniyeh aus, laut Hamas werde er nach Trauerfeierlichkeiten in Teheran am Freitag in Doha beerdigt.

„Mit dieser Tat hat das verbrecherische und terroristische zionistische Regime den Boden bereitet für eine harsche Bestrafung“, erklärte Irans geistlicher Führer Ayatollah Ali Chamenei. Der Iran habe die „Pflicht, Rache für sein Blut zu üben“.

Für „dieses Attentat“ sei Israel verantwortlich „und auch die USA tragen die Verantwortung“, gab sich der ranghohe Hamas-Vertreter Taher al-Nunu überzeugt.

Palästinenserchef Mahmud Abbas sprach von einer „feigen Tat“ und rief die Palästinenser zu Einigkeit gegenüber Israel auf. Abbas verurteilte die Tötung Haniyehs „aufs Schärfste“ und bezeichnete sie als „schwere Eskalation“.

Die palästinensischen Bewegungen im Westjordanland sprachen von „zionistischem Staatsterrorismus“ und riefen in einer gemeinsamen Erklärung zu einem Generalstreik und „Märschen der Wut“ in den Palästinensergebieten auf.

Haniyeh, auch Hanija geschrieben, ist der ranghöchste Hamas-Anführer, der seit Beginn des Gaza-Krieges vor rund zehn Monaten getötet wurde. Er lebte im Exil und hielt sich in der Türkei und in Katar auf.

Türkei, Katar, Russland, China sind empört

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan verurteilte auf X die „hinterhältige Ermordung“ seines „Bruders“ Haniyeh. Das Außenministerium in Ankara erklärte: „Dieser Angriff zielt auch darauf ab, den Gaza-Krieg auf eine internationale Dimension auszuweiten“. Netanjahus Regierung habe erneut gezeigt, dass „sie nicht die Absicht hat, Frieden zu schaffen“.

Katar, das zu den Vermittlerländern im Gaza-Krieg gehört, verurteilte die Tötung als „abscheuliches Verbrechen“ und „gefährliche Eskalation“. Regierungschef Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani sieht damit seine Vermittlungsbemühungen zwischen Israel und der Hamas in Frage gestellt. „Politische Morde und fortgesetzte Angriffe auf Zivilisten im Gazastreifen, während die Gespräche fortgesetzt werden, führen uns zu der Frage, wie Vermittlung gelingen kann, wenn eine Partei den Verhandler der anderen Seite ermordet“, schrieb er auf X.

Der russische Vize-Außenminister Michail Bogdanow sprach laut staatlicher Nachrichtenagentur RIA Nowosti von einem „vollkommen inakzeptablen politischen Mord“, der zu einer „weiteren Eskalation der Spannungen“ führen werde. Das syrische Außenministerium warnte, die Tötung Haniyeh könne „die gesamte Region in Brand stecken“.

Der chinesische Außenamtssprecher Lin Jian sagte, Peking verurteile „die Ermordung“ und befürchte „weitere Instabilität“ in der Region. In China hatten sich die Hamas, die Fatah und weitere palästinensische Gruppierungen vergangene Woche für die Nachkriegszeit im Gazastreifen auf eine nationale Interimsregierung der „Versöhnung“ geeinigt – was anderswo bezweifelt wurde, da Hamas und Fatah verfeindet sind.

Treffen mit neuem iranischen Präsidenten und Ayatollah Ali Chamenei

Haniyeh war am Dienstag in Teheran angekommen und hatte sich mit dem neuen iranischen Präsidenten Massud Peseschkian sowie dem geistlichen Oberhaupt des Iran, Ayatollah Ali Chamenei, getroffen. Der Hamas-Chef nahm an der Vereinigung des iranischen Präsidenten teil. Haniyeh zählte zu den fünf wichtigsten politischen Führern der Hamas und war seit 2017 der Chef der Organisation.

An der Vereidigungszeremonie nahmen nach iranischen Angaben hochrangige Vertreter aus 86 Ländern teil. Die meisten westlichen Länder hatten Peseschkian weder zum Wahlsieg gratuliert noch standen ihre Vertreter auf der Gästeliste des Parlaments.

Seit dem Terrorüberfall der Hamas und anderer Gruppen auf Israel am 7. Oktober greift die Hisbollah mit der Hamas Ziele im Norden Israels an. Ihre Angriffe will sie erst einstellen, wenn es in Gaza zu einem Waffenstillstand kommt.

Zuvor in Beirut: Ranghöchster militärischer Befehlshaber getötet

Die Nachricht von Haniyehs Tötung folgte wenige Stunden nach einem anderen israelischen Angriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut. Dabei wurde nach Angaben der israelischen Armee Fuad Schukr getötet, ein Kommandeur der Schiitenmiliz Hisbollah. Die Hisbollah ist mit der Hamas im Gazastreifen verbündet, beide sind wiederum verbündet mit dem Iran.

Israels Regierung hat nach Informationen der „Times of Israel“ die USA als seinen wichtigsten Verbündeten vor dem Angriff auf Schukr vorab informiert.

„Die Kampfjets der israelischen Luftwaffe haben den ranghöchsten militärischen Befehlshaber der Terrororganisation Hisbollah und den Leiter ihrer strategischen Einheit, Fuad Schukr, in der Nähe von Beirut eliminiert“, erklärte das israelische Militär am Dienstag. Aus Hisbollah-Kreisen hieß es zuvor, Schukr habe den Luftangriff überlebt. Die Nachrichtenagentur AFP konnte dies zunächst nicht verifizieren.

Die oberen Stockwerke eines achtstöckigen Gebäudes wurden durch den israelischen Militärschlag in einem südlichen Vorort von Beirut zerstört, 30. Juli 2024. Foto: STR/AFP via Getty Images

Nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums kamen bei dem Angriff drei Zivilisten ums Leben, zwei Minderjährige und eine Frau. 74 Menschen erlitten den Angaben zufolge Verletzungen, fünf von ihnen sollen in Lebensgefahr schweben. Augenzeugen berichteten, dass die Attacke auf ein achtstöckiges Gebäude zielte. Das Obergeschoss sei getroffen worden, hieß es.

„Fuad Schukr war der Kommandeur, der für das Massaker von Madschdal Schams verantwortlich war, bei dem zwölf Kinder ermordet wurden, nachdem die Hisbollah am Samstagabend eine iranische Falak-1-Rakete direkt auf ein Fußballfeld im Norden Israels abgefeuert hatte“, sagte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari.

In dem Dorf auf den von Israel annektierten Golanhöhen waren am Samstag bei dem Einschlag einer aus dem Libanon abgefeuerten Rakete auf einem Fußballplatz nach israelischen Angaben mindestens zwölf Kinder und Jugendliche getötet worden. Israel und sein Verbündeter USA machen die libanesische Hisbollah-Miliz für den tödlichen Angriff verantwortlich, diese stritt jegliche Verantwortung ab.

Das libanesische Gesundheitsministerium teilte mit, vorläufigen Angaben zufolge seien bei dem israelischen Angriff eine Frau, ein Mädchen und ein Junge getötet worden. 74 weitere Menschen seien verletzt worden.

Fuad Schuko: Rechte Hand des Hisbollah-Führers

Schukr gilt als enger Berater von Hisbollah-Generalsekretär Nasrallah und zählt zu den höchsten Militärkommandeuren in der Bewegung. Er ist nach Angaben der US-Regierung Mitglied des höchsten militärischen Gremiums der Hisbollah.

Seit 2017 wird er außerdem von US-Behörden wegen Verstrickungen in einen Anschlag auf US-Truppen in Beirut 1983 gesucht. Damals wurden mehr als 200 US-Marinesoldaten getötet. Für Informationen zu Schukr haben die US-Behörden eine Belohnung von fünf Millionen Dollar (4,6 Millionen Euro) ausgeschrieben.

Israels Militärsprecher Hagari sagt: „Schukr war die rechte Hand von Hisbollah-Anführer Hassan Nasrallah und sein Berater bei der Planung und Leitung von Angriffen und Operationen“. Hagari bezeichnete Schukr als „hochrangigen Terroristen, der das Blut von Israelis und vielen anderen an seinen Händen hat“.

Man ziehe es zwar vor, „Feindseligkeiten ohne einen größeren Krieg zu lösen“, Israels Militär sei aber „auf jedes Szenario vorbereitet“, so der Armeesprecher.

Seit dem Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen habe Schukr die Angriffe der Hisbollah auf Israel geleitet, erklärte das israelische Militär. Er sei für einen Großteil der modernsten Waffen der Hisbollah verantwortlich gewesen. Schukr habe „zahlreiche Terroranschläge gegen unschuldige Zivilisten geplant und geleitet“.

Kritik vom Iran, Unterstützung von Kamala Harris

Scharfe Kritik an dem israelischen Angriff kam vom Hisbollah-Unterstützer Iran. Außenamtssprecher Nasser Kanani sprach von einer „bösartigen und kriminellen Aktion“.

Eine Sprecherin des Weißen Hauses sagte, die US-Regierung arbeite weiter an einer diplomatischen Lösung, damit es nicht zum nächsten Krieg kommt. US-Präsident Joe Biden glaube an diplomatische Lösungen „vor allem in diesem Moment entlang der Blauen Linie“, sagte Karine Jean-Pierre.

Dabei handelt es sich um eine von den Vereinten Nationen gezogene Demarkationslinie an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon. Mit Ende des zweiten Libanon-Krieges 2006 war eine Pufferzone im Süden Libanons eingerichtet worden.

US-Vizepräsidentin Kamala Harris sprach Israel ein Recht auf Selbstverteidigung zu. Israel habe „das Recht, sich gegen eine terroristische Organisation zu verteidigen, und genau das ist die Hisbollah“, sagte die voraussichtliche Präsidentschaftkandidatin der US-Demokraten.

„Tief besorgt“ über den Angriff  äußerte sich derweil die UN-Sonderbeauftragte für den Libanon, Jeanine Hennis-Plasschaert. Es gebe keine militärische Lösung für den Konflikt.

Angriff zeigt Verwundbarkeit der Hisbollah

„Die Tötung von Schukr drängt die Hisbollah in die Enge: Ihre Anhänger erwarten, dass sie einen bedeutenden Vergeltungsschlag ausführen wird, aber ihr sind die Hände gebunden, weil Israel gezeigt hat, dass es militärisch die Oberhand hat“, sagte Lina Khatib von Chatham House, einem Institut für internationale Angelegenheiten in London, dem „Wall Street Journal“.

Der Angriff zeige, wie verwundbar die Hisbollah für den israelischen Geheimdienst sei. Diese Verwundbarkeit werde jeglichen Vergeltungsschlag der Hisbollah einschränken. Beide Seiten schienen zuletzt nach nicht daran interessiert, ihre seit fast zehn Monaten andauernden Gefechte erheblich auszuweiten.

Ob sich die brisante Lage im Nahen Osten nach der Tötung des Auslandschefs der Hamas nun weiter zuspitzt, bleibt abzuwarten. (afp/dpa/red)



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