Auseinandersetzungen nach Präsidentschaftswahl in Kenia eskalieren
Weiße Sandstrände hier – Bürgerkrieg dort. Wildromantische Safariabenteuer hier – gewaltsame Flammeninfernos dort. Das bei Urlaubern so beliebte Kenia zeigt sich jetzt von einer anderen Seite. Die afrikanische Demokratie hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, und die Zukunft liegt im Ungewissen.
Besorgt blicken die in Europa lebenden Kenianer auf ihr Heimatland. Louise, eine in Österreich lebende Kenianerin erzählt, wie ihr Bruder, der in einem Dorf am Lande wohnt, ständig von der Polizei belästigt wird. Sie ist eine Luo, deshalb gehört die Familie momentan zur Opposition. „Die Kenianer sind sehr politisch. Wir wurden 1963 unabhängig und haben seitdem mühsam eine Demokratie erworben. Die lassen wir uns jetzt nicht wegnehmen.“
Am 27. Dezember letzten Jahres wählte Kenia. Es ging um das Amt des Präsidenten, also des Regierungschefs. Der amtierende Präsident Mwai Kibaki vom Stamm der Kikuyu wurde mit einer knappen Mehrheit wiedergewählt. Die Opposition und internationale Wahlbeobachter sprechen allerdings von massiven Wahlfälschungen. Eigentlich hätte, so die Kritik, Raila Odinga, ein Luo, für die Partei Orange Democratic Movement gewinnen sollen. Im Wahlkampf profilierte er sich als Mann der kleinen Leute. Die Reaktion in der Bevölkerung fiel heftig aus. Vor allem in der Hauptstadt Nairobi kam es zu heftigen Ausschreitungen.
Die EU fordert, die Stimmen neu auszuzählen. Bei der Wahlauszählung kamen offenkundige Unregelmäßigkeiten vor. So lag, wie der Spiegel berichtete, die Wahlbeteiligung in einem Wahlkreis der Zentralprovinz bei 115%. Die Art und Weise, wie schnell die alte Regierung noch am Tage der Wahl, bevor alle Stimmen ausgezählt worden waren, neu eingesetzt wurde, war optisch verheerend.
Kibaki, der seit 2002 das Amt des Präsidenten bekleidet und einen sehr autokratischen Führungsstil pflegt, kündigte sofort an, dass er keinerlei Demonstrationen oder Diskussionen mit der Opposition dulde. In seiner ersten Amtszeit machte er vieles besser als sein Vorgänger Daniel arap Moi, der mehr als zwanzig Jahre lang autokratisch regiert hatte.
Es kam, wie es kommen musste. Die um den Wahlsieg betrogenen Oppositionellen gingen auf die Straße, um gegen die Wahlfälschung zu demonstrieren. Gegen die Demonstranten ließ Kibaki eiskalt die Polizei aufmarschieren. Feuer und Granatenexplosionen sind seitdem auf der Tagesordnung. Und weil der Konflikt nun schon wochenlang ungebremst weiter geht, eskaliert die Situation. Eine UNICEF-Sprecherin berichtetete kürzlich, dass immer häufiger Kinder und Frauen in den überfüllten Flüchtlingslagern zu Opfern sexueller Gewalt werden. Seit Ausbruch der Unruhen sind schätzungsweise eine Viertelmillion Kenianer aus ihren Häusern geflohen. In vielen Städten wurden Ausgangssperren verhängt.
Wie konnte es nun zu solch einer extremen Lage im Urlaubsparadies kommen? Darüber gibt es unterschiedliche Stimmen. Vielerorts hört man, dass jetzt alte ungelöste Konflikte auflodern. Die Stämme, die Kikuyus des Präsidenten und die Luhyas, die Luos und die Kelanjins haben noch offene Rechnungen zu begleichen. Andere Kenia-Experten meinen, es gehe um die Kluft zwischen Arm und Reich, also die Kluft zwischen den Mächtigen und den Machtlosen.
Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan hat sich indes auch schon eingeschaltet und versucht, in Kenia zu vermitteln. Odinga hat sich unter bestimmten Umständen zu einer Teilung der Macht mit Präsident Mwai Kibaki bereit erklärt. Präsident Mwai Kibaki müsse die Verfassung in dem Sinne ändern, dass die Institutionen mehr Macht bekämen und damit die demokratischen Prinzipien zum Tragen kämen. Es sei hier erwähnt, dass Odinga selbst Bauminister in der Regierung von Kibaki war und zuvor mehrmals im Gefängnis saß. Annan erläuterte, dass das eigentliche Problem gar nicht die Wahl sei, sondern tiefergehende ungelöste und sehr komplizierte Probleme jetzt in Kenia zum Vorschein kämen.
Text erschienen in Epoch Times Deutschland Nr. 5 (29.Jan.-5.Feb 2008)
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