Aus für Familiennachzug in Österreich: FPÖ wirft Stocker Wortbruch vor

Auf der Grundlage dieser Bestimmung will das neue Kabinett den Familiennachzug für asylberechtigte sowie subsidiär schutzberechtigte Personen aussetzen. Subsidiären Schutz genießen Asylsuchende, deren Antrag abgelehnt wurde, die jedoch aus faktischen oder humanitären Gründen nicht abgeschoben werden können. Dies ist etwa der Fall, wenn es keine Rücknahmevereinbarung mit dem Herkunftsland gibt.
„Massive Belastung des Bildungssystems“ als Begründung für Stopp beim Familiennachzug
In einer E-Mail, die Innenminister Gerhard Karner am Dienstag verschickte, kündigte dieser an, er wolle sich mit seinen EU-Amtskollegen und der Kommission kurzschließen. Am Mittwoch werde er EU-Migrationskommissar Magnus Brunner über das Vorhaben informieren. Wie ein Sprecher Karners gegenüber dem „Standard“ erklärte, wolle man „parallel dazu“ eine Verordnung vorbereiten.
Die Verordnung solle die Detailregeln zum Stopp enthalten. Als Begründung für den behaupteten Notstand wolle die Bundesregierung die „massive Belastung des Bildungssystems“ durch „tausende neu nach Österreich gekommene Kinder“ zitieren.
Allerdings ist die Zahl der Einreisen auf der Grundlage einer Familienzusammenführung in Österreich zuletzt deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2024 waren insgesamt 7.760 Personen auf dieser Grundlage ins Land gekommen, im Januar 2025 waren es gar nur knapp über 200. Dennoch sieht man im Ministerium die Situation vor allem an den Volksschulen (Grundschulen) als gespannt.
Beitrag auf X: Stocker steigt auf Konjunktiv um
Stocker hatte am Montagabend im ORF erklärt, es werde bezüglich der Familienzusammenführung in diesem Bereich eine „Quotenregelung mit einer Nullquote zu Beginn“ handeln. Auf die Frage, wann die geplante Regelung Geltung entfalten solle, antwortete der designierte Kanzler:
„Sofort ist jetzt.“
Am selben Montagabend hatte er sein Vorhaben auf X noch deutlich vorsichtiger formuliert. So wolle er die EU-Klausel zur temporären Aussetzung des Familiennachzugs nutzen, „sollte wieder eine Überlastung des Systems drohen“. Im Umkehrschluss bedeutet das jedoch, dass Stocker diese Überlastungssituation derzeit nicht oder nicht mehr erkennt.
Es gibt auf EU-Ebene eine Klausel, die besagt, dass wenn das System in einem Mitgliedstaat überlastet ist, der Familiennachzug vorübergehend ausgesetzt werden kann. Diese Möglichkeit wollen wir nutzen, sollte wieder eine Überlastung des Systems drohen. Das Ziel der temporären…
— Christian Stocker (@_CStocker) March 3, 2025
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Auch in den Tagen zuvor hatte der ÖVP-Chef erklärt, der Familiennachzug werde „mit sofortiger Wirkung“ ausgesetzt. Um die Regelung in Kraft zu setzen, genüge die Unterschrift von Minister Karner unter die – noch zu erarbeitende – Verordnung.
Kickl reklamiert „massive Asylkrise“ – Asylkoordination sieht keinen Spielraum für Notstandsregel
FPÖ-Chef Herbert Kickl warf Stocker umgehend einen „Rückzieher“ vor. Ein sofortiger Stopp des Familiennachzugs „klingt definitiv anders“, erklärte Kickl auf Facebook. Das erste Versprechen habe der designierte Kanzler damit „jetzt schon gebrochen“.
Dabei sei das System „jetzt schon überlastet“, Österreich leide unter einer „massiven Asylkrise“.
Demgegenüber bezweifelt die „Asylkoordination Österreich“, dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Notstandsregel gegeben seien. Sprecher Lukas Gahleitner-Gertz stimmt zwar zu, dass eine Abweichung von EU-Recht auf Grundlage dieser Klausel möglich sei.
Voraussetzung dafür sei allerdings eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und die innere Sicherheit. Um einen Notfall geltend machen zu können, müsse jedoch eine Gefährdung öffentlicher Einrichtungen bereits eingetreten sein oder unmittelbar bevorstehen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) fordere jedoch einen konkreten Nachweis dieses Umstandes und tendiere zu einer engen Auslegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen.
Asylgesetz ohne Passus über Beschränkung von Familiennachzug
Bis dato habe der Gerichtshof die Anwendung dieser Klausel jedoch in keinem einzigen Fall akzeptiert. Darauf hatte auch der scheidende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz in den Bundestagsdebatten zum Asylrecht in der Zeit des Wahlkampfs hingewiesen.
Die Asylkoordination gibt auch zu bedenken, dass „hausgemachte Probleme“ vom EuGH nicht als Gründe für die Ausrufung des Notstandes anerkannt würden. Außerdem sei die Zahl der Asylsuchenden in Österreich derzeit die geringste in den vergangenen zehn Jahren. Auch die Zahl der Einreiseanträge wegen Familienzusammenführung im Januar 2024 habe nur wenig mehr als ein Zehntel gegenüber dem Vergleichsmonat 2024 betragen.
Auch das österreichische Asylgesetz bietet keinen erkennbaren Spielraum für die von der Bundesregierung in Wien angedachte Verordnung. Zwar sieht es Einreisebeschränkungen oder gar einen Stopp zur „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der inneren Sicherheit“ vor. Allerdings verweist es dabei explizit auf das Grenzkontrollgesetz – nicht auf Visaverfahren zum Familiennachzug. Dieser muss bei den österreichischen Botschaften im Ausland beantragt werden.
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