Asyl-Bankrott: Musterland Schweden muss dicht machen
Schweden schließt langsam seine Grenzen. Beamte kontrollieren wieder Pässe und Einwanderer werden auf Schutzbedürftigkeit überprüft. "Mein Europa baut keine Mauern", hieß es noch im Sommer vom schwedischen Ministerpräsident Stefan Löfven (Sozialdemokrat), berichtet die "Welt".
Doch langsam muss auch Schweden etwas gegen die Masseneinwanderung tun: Deshalb ist nun die Sperrung der Öresundbrücke von der rot-grünen Regierung geplant, um Asylsuchende an der Einreise zu hindern. Bislang hat kein europäisches Land mehr Flüchtlinge pro Kopf der Bevölkerung aufgenommen.
"Keine Panik"
"Klein-Bagdad", wie die Stadt Södertälje auch genannt wird, liegt eine Stunde Zugfahrt südlich von Stockholm. Von ihren 90.000 Einwohnern sind ein Drittel Migranten. "Niemand hat je gesagt, dass das einfach ist", sagt Boel Godner über die derzeitige Flüchtlingssituation in der Stadt. Seit fünf Jahren ist sie schon Bürgermeisterin von Södertälje und schlägt vor: "Wir müssen jetzt ganz viel reden."
Schweden gilt schon seit langem als liberales Einwanderungsland. Seit den 60er Jahren würden sie das schon machen, so Godner. Während des Irak-Krieges 2003 nahm die Stadt mehr Iraker auf als ganz Nordamerika. Damit scheint nun Schluss zu sein.
Mit 190.000 Menschen, die dieses Jahr nach Schweden kommen, sieht sich das Land mit seinen knapp 10 Millionen Einwohnern am Rand des Möglichen – auch in Södertälje ist man am Ende der Kapazitäten angelangt. Trotzdem bleibt die Bürgermeisterin gelassen und gibt jeden der sie anruft den selben Ratschlag: “Keine Panik.”
10 Menschen in zwei Zimmern
Afram Yakoub, Vorsitzender der Föderation von sechs assyrischen Kirchen der Stadt, sieht die Sache nüchtern. "Es ist außer Kontrolle geraten," meint der Geistliche.
Seine Kirche liegt im Stadtteil Ronne. Hier ist jeder Dritte Bewohner arbeitslos, die Kriminalitätsrate hoch. Dennoch ziehen ständig neue Menschen hierher. In Schweden können Migranten ihren Aufenthaltsort frei wählen und viele kommen nach "Klein-Bagdad". In anderen Landstrichen Schwedens gibt es dagegen nur wenige oder keine Asylsuchende. Um so schlimmer ist es hier in Södertälje, meint Yakoub. "Denn jetzt leben teilweise 10 Menschen in nur zwei Zimmern".
Er selbst war als Flüchtling im Alter von sechs Jahren mit seinen Eltern nach Schweden gekommen. In seiner Heimat Syrien waren sie politisch Verfolgte. Mithilfe von Schmugglern schaffte es die Familie – sechs Geschwister, Vater und Mutter – nach Schweden. Das Asylverfahren war kein Problem: "Schweden hat mir erlaubt, Teil des Landes und der Kultur zu werden", so Yakoub.
Selbstbild nicht mehr mit der Realität vereinbar
Jetzt, da überall im Land die Behörden nach Unterkünften für die Flüchtlinge suchen, ändere sich auch vieles in der Stadt Södertälje, meint Yakoub. Dennoch verbiete es sich noch immer über Kosten zu sprechen. Doch genau wie in Deutschland kommt diese Großzügigkeit gegenüber Asylsuchenden nicht überall gut an. Auch in Schweden haben schon Häuser gebrannt, die für Flüchtlinge bereitgestellt werden sollten.
"Wir haben hier in Schweden dieses Selbstbild: Wir sind immer nett und stehen für Menschenrechte ein," sagt Yakoub und fügt hinzu: "Und das bringt uns jetzt in Schwierigkeiten. Es ist mit der Realität nicht mehr vereinbar."(dk)
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