Armenien, Böhmermann und das Geheimpapier zum Islamismus: Lange Liste der Deutschland-Türkei-Streitthemen

Die Einstellung der Ermittlungen gegen den TV-Moderator Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan könnte das Verhältnis zwischen Ankara und Berlin erneut trüben.
Titelbild
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Gespräch.Foto: Michael Kappeler/Archiv/dpa
Epoch Times5. Oktober 2016

Die Einstellung der Ermittlungen gegen den TV-Moderator Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatschefs Recep Tayyip Erdogan könnte das Verhältnis zwischen Ankara und Berlin erneut trüben. Denn Erdogan hatte auf ein Verfahren gedrungen und Strafanzeige erstattet. Dabei ist die Liste der Streitthemen zwischen Deutschland und der Türkei auch ohne die Causa Böhmermann lang genug.

Der Fall Böhmermann:

Der ZDF-Moderator griff Erdogan Ende März in einem Schmähgedicht an. Der türkische Präsident erstattete Anzeige, ein mögliches strafrechtliches Vorgehen gegen den Satiriker sorgte in Deutschland aber für großen Unmut. Allerdings stimmte die Bundesregierung den Ermittlungen wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes zu – wenn auch gegen den Willen der SPD. Nach der Einstellung des Verfahrens muss Böhmermann nun aber sowieso keine Strafverfolgung mehr fürchten.

Armenien-Resolution:

Nach einer langen innenpolitischen Debatte stufte der Bundestag Anfang Juni das Massaker der Türken an den Armeniern vor gut 100 Jahren als Völkermord ein. Ankara protestierte gegen diese Entscheidung, türkischstämmige Bundestagsabgeordnete erhielten kurz nach der Abstimmung Drohungen. Auch die anfängliche Weigerung Ankaras, Verteidigungs-Staatssekretär Ralf Brauksiepe (CDU) gemeinsam mit Bundestagsabgeordneten die deutschen Soldaten auf dem türkischen Militärstützpunkt Incirlik besuchen zu lassen, wurde im Zusammenhang mit der Resolution gesehen.

Anfang September erklärte die Bundesregierung, dass die Resolution rechtlich nicht bindend sei. Schließlich konnte eine Delegation des Verteidigungsausschusses am Dienstag die Reise nach Incirlik antreten.

Das vertrauliche Papier zur Türkei als Förderer von Islamisten:

Mitte August wurde ein Papier aus dem Innenministerium bekannt, in dem laut Berichten von „Unterstützungshandlungen“ der Türkei für Extremisten die Rede war. Das Land sei zur „zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen“ der Region geworden. Die Reaktion aus Ankara kam prompt: Die Vorwürfe seien „ein weiterer Indikator für eine schräge Mentalität“, die sich gegen die Türkei richte, erklärte das türkische Außenamt im August.

 Flüchtlinge und Visa-Abkommen

Das im März zwischen EU und Türkei vereinbarte Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass Ankara alle auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurücknimmt. Für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Im Gegenzug verlangt die Türkei Visafreiheit für ihre Bürger bei Reisen in die EU. Das wiederum wird in Deutschland mit Skepsis gesehen, auch die EU sieht noch nicht alle Bedingungen für die Visafreiheit als erfüllt an.

Ende Juli warf Erdogan der EU außerdem vor, die in dem Flüchtlingsabkommen gemachten finanziellen Zusagen bisher nicht eingehalten zu haben. Ankara drohte damit, das Flüchtlingsabkommen nicht mehr anzuerkennen, wenn türkische Bürger nicht visumfrei in die EU-Staaten einreisen können.

 Umgang Erdogans mit der Opposition nach gescheitertem Putsch:

Nach dem gescheiterten Militärputsch gegen Erdogan vom 15. Juli zeigte sich die Bundesregierung besorgt über das rabiate Vorgehen gegen angebliche Regierungsgegner in der Türkei. In einem Rechtsstaat müsse immer das „Prinzip der Verhältnismäßigkeit“ gewahrt werden, mahnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts der Verhaftungswelle in der Türkei. Die von Erdogan nach dem Putschversuch ins Gespräch gebrachte Wiedereinführung der Todesstrafe würde nach Ansicht der Bundesregierung das Aus für die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara bedeuten.

 Kölner Demonstration von Anhängern Erdogans:

Bei der Kölner Demonstration von Ende Juli untersagten die deutschen Gerichte, Erdogan per Video zuzuschalten. Die Führung in Ankara kritisierte diese Entscheidung als „unannehmbar“, die dortige Regierung bestellte den Gesandten der deutschen Botschaft ein. In Deutschland zeigten sich dagegen vor allem Vertreter der Union verärgert, dass Erdogan die türkische Innenpolitik nach Deutschland trage. (afp)



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