Arbeitsmigration in Russland: Die Sorgen der Bevölkerung und was Putin dazu sagt

Russland beherbergt Millionen von Einwanderern, vor allem aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Arbeitsmigration sorgt bei manchen russischen Bürgern für Unzufriedenheit. Nun erklärte Putin, Russland brauche qualifizierte Fachkräfte.
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Der russische Präsident Wladimir Putin auf einer Pressekonferenz und Bürgersprechstunde in Moskau, 2023.Foto: ALEXANDER ZEMLIANICHENKO/POOL/AFP via Getty Images
Von 20. Dezember 2023

In den Großstädten Russlands hat es kürzlich heftigen Schneefall gegeben, sodass „viele den Einwanderern dankbar für ihre helfende Hand bei der Räumung der Straßen waren“. Dank dieser Hilfe gelangten russische Bürger besser zur Arbeit, so Kremlin Journalist Pavel Zarubin.

„Aber es gibt auch Besorgnis, um es milde auszudrücken, über die Zahl der Migranten und die Folgen von Migration. In einigen Regionen wird sogar die Arbeit von Migranten eingeschränkt. Was denken Sie über dieses Thema?“, fragte er Präsident Wladimir Putin auf seiner Jahrespressekonferenz am 14. Dezember 2023.

Zwölf Millionen Menschen aus anderen Ländern leben und arbeiten in Russland. Viele sind wegen der Arbeitsmöglichkeiten in das Land gezogen, aber auch das Phänomen der illegalen Migration ist nicht unbekannt in Russland.

Respekt für russische Traditionen

Zum Thema Arbeitsmigranten betonte Putin, dass Russland fast Vollbeschäftigung ausweise und nach Arbeitskräften suche. Allerdings sollte dies gut geregelt ablaufen. Zunächst sollten in den Herkunftsländern russische Ausbildungskurse und Schulen gestartet werden, um die Menschen, die auswandern wollen, vorzubereiten. Russland stelle die notwendigen Lehrer, Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien zur Verfügung.

Jedoch sei nicht jeder gleichermaßen willkommen. „Natürlich suchen wir in erster Linie nach qualifizierten Arbeitskräften. Wir benötigen auch weniger qualifizierte Arbeitskräfte, aber zunächst müssen wir mit unseren Partnern aus den Ländern zusammenarbeiten, aus denen diese Migranten kommen“, sagte Putin. Außerdem sollten nur die nach Russland ziehen, die russische Gesetze einhalten und russische Traditionen respektieren.

Die Interessen des eigenen Volkes

Das Thema Sozialleistungen für Einwanderer sorgt bei manchen Russen für Unzufriedenheit. Putin wurde gefragt „Wie viel Geld geben wir aus, um die sozialen Probleme der Familienangehörigen von Migranten zu lösen?“

Die Antwort sei „nicht einfach“, sagte der Kremlchef. Er habe zwar Verständnis für die Sorgen der Öffentlichkeit, aber erklärte, dass diese Leute auch nicht ganz im „Stich gelassen“ werden können. Er wolle eine spezialisierte Behörde einrichten, die sich intensiver mit der Verwaltung dieser Probleme befasse. Aber das Leitprinzip, sagte Putin, müsse für alle Behörden klar sein:

Wir müssen uns zuallererst von den Interessen unseres eigenen Volkes, der Bürger der Russischen Föderation, leiten lassen.“

Denjenigen, die die Sozialleistungen für Migranten kritisieren, sagte er: „Wäre es besser, wenn wir diese Menschen, diese Kinder und Ehefrauen der Migranten, ganz im Stich lassen würden? Wozu würde das führen? Wir sind besser dran, wenn wir auf sie einwirken können.“

Ob es sich um Arbeitsmigranten oder um Einwanderer handelt, die aus anderen Gründen nach Russland wollen, meint der Kremlchef: „Wir werden nur gesetzestreue Bürger anderer Länder akzeptieren, die nach Russland ziehen, hier leben, arbeiten und ihr Schicksal und das ihrer Kinder mit unserem Land verbinden wollen.“

Einwanderungsland Russland?

Während Deutschland einen Ausländeranteil von 16 Prozent hat, sind es in Russland derzeit 8 Prozent. Laut dem russischen Innenministerium gab es im Jahr 2022 11,8 Millionen Registrierungen von ausländischen Arbeitnehmern, einschließlich Verlängerungen und Neuregistrierungen. Mehr als 40 Prozent der Registrierungen fanden in Moskau und dem Moskauer Umland statt, schreibt „FinExpertiza“.

Das russische Prüfungs- und Beratungsnetzwerk berichtete auch über die Länder, aus denen die meisten Zuwanderer in das Land mit einer Bevölkerung von 144 Millionen kamen. Im Jahr 2022 kamen die meisten aus Usbekistan (41,9 Prozent), gefolgt von Tadschikistan (28,4 Prozent) und dann Kirgisistan (16,2 Prozent). Armenien, Kasachstan und Aserbaidschan hatten einen Anteil zwischen 2 Prozent und 4 Prozent. Die Türkei, China und Vietnam sind unter den zehn wichtigsten Gebern von Arbeitskräften.

Die meisten Migranten kommen also aus den ehemaligen Sowjetrepubliken. Aber auch aus weiter entfernten Ländern sind jedes Jahr einige Tausende zu erwarten. So kommen beispielsweise aus Serbien (3.600), Deutschland (3.200) und Indien (2.800). Auch Staatsbürger aus Ländern, die Sanktionen unterstützen, waren unter denjenigen, die im Jahr 2022 nach Russland kamen. Zum Beispiel aus den Vereinigten Staaten (978 Personen), Polen (779 Personen), Japan (756 Personen) und Kanada (404 Personen).

Illegalen Migranten werden auf 2,5 Millionen geschätzt, laut dem Präsident der russischen Sektion der Internationalen Polizeivereinigung. Vor Russlands Einmarsch in die Ukraine im vergangenen Jahr gab es offiziellen Angaben der Regierung zwischen 800.000 und einer Million Illegale.

Die Schattenseite des Themas

Laut Yan Matusevich, ein unabhängiger Experte für eurasische Migration, sind die in Russland lebenden Migranten zunehmend von einer „Anti-Migranten-Rhetorik“ betroffen, berichtete „Radio Free Europe“. Denn Politiker würden Anti-Migrationsgesetze als populistisches Mittel einsetzen, um die Bevölkerung von anderen gesellschaftlichen Problemen abzulenken.

Auch Temur Umarov von der Carnegie Endowment for International Peace in Moscow beobachtet, dass es für Migranten, insbesondere für diejenigen mit doppelter Staatsbürgerschaft, immer schwieriger wird, in Russland zu leben.

Das liege daran, dass Russland eine „hybride Mobilisierung“ für den Ukraine-Krieg durchführt, die sich unverhältnismäßig stark gegen Migranten richte. Dem Bericht zufolge werden Arbeitsplätze, aber auch Moscheen und Kampfsportwettbewerbe, regelmäßig von den Behörden gestürmt, um Migranten zu zwingen, sich „in militärischen Rekrutierungszentren zu melden“.

Auch auf der Seite der Arbeitgeber führte dies zu Spannungen. Mehrere große Unternehmen haben angedeutet, dass die russische Wirtschaft, der es an Arbeitskräften mangelt, Migranten genauso benötige wie die Armee.



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