Anwalt: Trump will Berufung gegen Urteil im Zivilprozess gegen Carroll einlegen

Der Anwalt des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, Joseph Tacopina, sagte gegenüber The Epoch Times, dass der ehemalige Präsident gegen das Urteil wegen Körperverletzung und Verleumdung im Prozess gegen E. Jean Carroll Berufung einlegen wolle.
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Davenport, Iowa.
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Davenport, Iowa.Foto: Ron Johnson/AP/dpa
Von 10. Mai 2023

Ein Geschworenengericht in Manhattan hat den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump am Dienstag in einem Zivilprozess in einem Fall wegen Verleumdung und in einem Fall wegen Körperverletzung schuldig gesprochen. Das Verfahren war von der Kolumnistin E. Jean Carroll angestrengt worden.

Da es sich um einen Zivilprozess handelte, wird das Urteil keine Gefängnisstrafe nach sich ziehen. Die Geschworenen verurteilten Trump zur Zahlung von rund 5 Millionen US-Dollar (circa 4,5 Millionen Euro) Schadenersatz an Carroll – davon 3 Millionen US-Dollar (circa 2,7 Millionen Euro) für den Vorwurf der Verleumdung und rund 2 Millionen US-Dollar (circa 1,8 Millionen Euro) für den Vorwurf der Körperverletzung.

Den Vorsitz führte der von Bill Clinton ernannte Richter Lewis Kaplan. Er verkündete das Urteil, nachdem eine neunköpfige Jury weniger als drei Stunden über den Fall beraten hatte.

Damit ging ein einwöchiger Zivilprozess vor dem Gerichtshof Southern District Court of New York zu Ende, der für acht Bezirke im Staat New York zuständig ist. Die 79-jährige Carroll hatte darin behauptet, der 76-jährige Trump habe sie 1995 oder 1996 in einer Umkleidekabine des Kaufhauses Bergdorf Goodman in Manhattan vergewaltigt. Indem er den Vorfall leugnete, habe er sich der Verleumdung schuldig gemacht.

Trumps Leugnen des Vorfalls, so argumentierte Carrolls Anwältin Roberta Kaplan (die nicht mit dem Richter verwandt ist) während des Prozesses, habe Carrolls Karriereaussichten als Journalistin und Schriftstellerin geschadet.

Mutmaßung führt zu Verurteilung

Da der Fall vor einem Zivilgericht verhandelt wurde, musste Carroll ihre Klage wegen Körperverletzung mit einer „überwiegenden Mehrheit der Beweise“ untermauern. Dies ist ein juristischer Standard, der besagt, dass eine Behauptung als wahr gilt, wenn sie eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich ist. Ihre Verleumdungsklage musste durch „klare und überzeugende Beweise“ untermauert werden. Beide Standards sind niedriger als in Strafsachen, wo ein Schuldspruch „über jeden vernünftigen Zweifel erhaben“ sein muss.

Die Geschworenen hatten zu entscheiden, ob Trump Carroll vergewaltigt, sexuell missbraucht oder gewaltsam berührt hatte, was jeweils den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt. Die Geschworenen kamen zu dem Schluss, dass Carroll nicht beweisen konnte, dass Trump sie vergewaltigt, aber sexuell missbraucht hatte. Sie stellten außerdem fest, dass Trump Carroll verleumdet hatte.

„Das ist ein seltsames Urteil“, sagte Tacopina vor dem Gerichtsgebäude zu Journalisten. „Es war von Anfang an ein Fall von Vergewaltigung und die Geschworenen haben das abgelehnt.“

„Wir werden natürlich gegen die Urteile Berufung einlegen“, sagte Tacopina mit Blick auf die Anklagepunkte Verleumdung und Körperverletzung.

Klage kam über 20 Jahre später

Zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Straftat habe sie den Vorfall nicht den Behörden gemeldet, weil sie Angst vor Gegenreaktionen von Trump und seinen Anhängern gehabt habe, sagte Carroll während des Prozesses. Tacopina argumentierte jedoch in seinem Schlussplädoyer, dass der Grund, warum Carroll nicht die Polizei gerufen habe, der sei, dass der Vorwurf „niemals in einer Million Jahre einer polizeilichen Untersuchung standhalten würde.“

Carrolls Klage geht auf das Jahr 2019 zurück, als die Schriftstellerin den damaligen US-Präsidenten Trump beschuldigte, sie Mitte der 1990er-Jahre sexuell belästigt zu haben. Nachdem Trump Carrolls Vorwürfe 2019 mit den Worten „sie ist nicht mein Typ“ zurückgewiesen hatte, reichte Carroll noch im selben Jahr eine Klage ein, in der sie Trump unter Berufung auf diese Worte der Verleumdung bezichtigte. Diese Klage durchlief die Instanzen der Bundesstaaten, der Bundesgerichte und der Berufungsgerichte in New York und Washington, D.C., ohne wesentliche Folgen zu zeigen.

Gesetz von 2022 ermöglichte Klageerfolg

Im Jahr 2022 verabschiedete die Legislative des Bundesstaates New York den Adult Survivor Act (Gesetz über erwachsene Hinterbliebene), mit dem das Recht des Bundesstaates dahin gehend geändert wurde, dass Opfern bestimmter Sexualstraftaten ab dem 24. November 2022 eine Frist von einem Jahr eingeräumt wurde, um eine Zivilklage gegen die mutmaßlichen Täter einzureichen. Carroll reichte am 24. November 2022 eine zweite Klage auf der Grundlage dieses Gesetzes ein, die vor Gericht verhandelt wurde und zu dem Urteil vom Dienstag führte.

Trump hat bis heute alle Argumente von Carroll bestritten.

„Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau ist. Dieses Urteil ist eine Schande – eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten“, schrieb Trump nach der Urteilsverkündung am Dienstag auf Truth Social.

„Die endlose Hexenjagd der Demokratischen Partei gegen Präsident Trump hat heute einen neuen Tiefpunkt erreicht. In Gerichtsbezirken, die vollständig unter der Kontrolle der Demokratischen Partei stehen, wird das Justizsystem unseres Landes nun durch linksradikale Politik kompromittiert. Wir haben es zugelassen, dass falsche und völlig erfundene Behauptungen von gestörten Individuen unsere Wahlen beeinflussen und großen Schaden anrichten“, sagte ein Sprecher der Trump-Kampagne am Dienstag in einer Erklärung gegenüber Epoch Times mit Bezug auf den Fall Carroll.

„Man darf sich nicht täuschen lassen, diese ganze Farce ist ein politisches Manöver, das auf Präsident Trump abzielt, der jetzt ein überwältigender Kandidat für die Wiederwahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten ist“, schrieb der Sprecher.

The Epoch Times hat Carrolls Anwalt um eine Stellungnahme gebeten.

Glaubwürdigkeit als Schlüsselfrage

Eine zentrale Frage in diesem Fall ist, ob Carrolls Behauptung, Trump habe sie sexuell belästigt, glaubwürdig ist.

Carroll sagte während des Prozesses über den angeblichen Vorfall aus. Carrolls Anwältin sagte, dass deren Aussage während des Prozesses glaubwürdig gewesen sei und dass „jeder Aspekt ihrer Aussage durch andere Beweise untermauert oder bestätigt wurde.“

Jean Carroll verlässt das Gerichtsgebäude in New York.

Jean Carroll verlässt das Gerichtsgebäude in New York. Foto: Seth Wenig/AP/dpa

Die Aussagen von zwei weiteren Frauen, die ebenfalls behaupteten, Trump habe sie sexuell belästigt, zeigten ein Muster von Fehlverhalten, sagte Roberta Kaplan.

Trump bestritt die Vorwürfe. Und auch Tacopina war anderer Meinung. Er sagte, Carroll könne sich an wichtige Details der angeblichen Straftat nicht erinnern, was ihre Geschichte „unglaubwürdig“ mache.

„Jetzt sagt sie, sie habe den Wochentag nicht genannt, weil sie sich nicht hundertprozentig sicher gewesen sei. Sie hat ihre Aussage vor Ihren Augen geändert“, sagte Tacopina während des Schlussplädoyers. „Wir können Realität von Fiktion unterscheiden.“

Rückschlüsse von Trumps Äußerungen auf sein Frauenbild

Ein Schlüsselmoment der Anhörung war das Abspielen eines Videos von Trumps Befragung, in dem der ehemalige Präsident zu dem „Access Hollywood“-Tape befragt wurde, auf dem seine Worte zu hören sind: „Wenn man ein Star ist, lässt man Dir alles durchgehen. Du kannst alles tun.“

Carrolls Anwältin argumentierte während des Prozesses, dass diese Äußerungen Trumps Einstellung zu sexuellen Übergriffen auf Frauen zeigten.

„Was macht Donald Trump hier? Er erzählt Ihnen mit seinen eigenen Worten, wie er Frauen behandelt“, sagte Kaplan. „Das ist sein Modus Operandi, M.O.“

Tacopina war jedoch anderer Meinung und sagte, dass Trumps Worte nichts mit Carrolls Glaubwürdigkeit und den Fakten des Falles zu tun hätten.

„Das ist grob und unverschämt“, sagt Tacopina, „ich würde meinem Sohn die Zähne ausschlagen, wenn er so reden würde, ehrlich. Aber das macht die unglaubliche Geschichte von Frau Carroll nicht glaubwürdig.“

Während des Schlussplädoyers am Montag wiederholte Tacopina seine Behauptung, Carrolls Fall sei politisch motiviert.

„Was E. Jean Carroll hier getan hat, ist ein Affront gegen die Justiz. Sie hat das System missbraucht, indem sie unter anderem aus finanziellen, Status- und politischen Gründen eine ungerechtfertigte Klage eingereicht hat“, sagte Tacopina.

Rechtsexperte meldet sich zu Wort

Alan Dershowitz, ein Professor, der 50 Jahre lang an der Harvard Law School gelehrt hat, sagte The Epoch Times am 8. Mai, er glaube, dass Carrolls Klagen schon aus prozessualen Gründen nicht zulässig seien.

„Diese Fälle hätten nie zugelassen werden dürfen“, sagte Dershowitz in einem Interview mit der Sendung American Thought Leaders auf EpochTV mit Blick auf die beiden Klagen, die Carroll gegen Trump eingereicht hatte.

„Der ursprüngliche Sinn von Verjährungsfristen ist es, sicherzustellen, dass man sich nicht für etwas vor Gericht verantworten muss, das 25 Jahre zurückliegt – in diesem Fall sogar noch länger“, erklärte er. „Wie kann man sich an Dinge erinnern? Woher weiß man, wo man war? Vielleicht war er damals in Europa. Sie hat nicht einmal das Datum oder die Jahreszeit genannt.“

„Das ist ein Fall, den man normalerweise ablehnen würde – aber hier geht es um Donald Trump“, sagte Dershowitz.

Er glaube, dass Carrolls Fall zusammen mit anderen juristischen Anfechtungen, mit denen Trump konfrontiert sei, seine Chancen in den Vorwahlen stärken, dem ehemaligen Präsidenten aber schaden werde, wenn er in den allgemeinen Wahlen gegen den demokratischen Kandidaten antrete.

„Ich denke, die unabhängigen Wähler werden sich einige dieser Anschuldigungen ansehen und sagen: Wo Rauch ist, ist auch Feuer, aber wo Rauch ist, ist natürlich manchmal auch Brandstiftung. Und ich glaube, dass viele dieser Brände politisch gelegt wurden, um Trump zu kriegen (get Trump)“, sagte Dershowitz und griff damit den Titel seines Buches „Get Trump“ auf, in dem er darlegt, dass Trumps politische Feinde Trump in einer politisch motivierten Kampagne ins Visier genommen haben.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Trump Lawyer Says Trump Will Appeal Verdict in E. Jean Carroll Civil Lawsuit“ (deutsche Bearbeitung jw)



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