Anketten künftig verboten: London will Demonstrationsrecht weiter einschränken
Nach Großprotesten radikaler Umweltschützer will der britische Premierminister Boris Johnson das Demonstrationsrecht weiter einschränken. Anketten oder Ankleben als Protestform soll künftig bei Strafe verboten sein, wie unter anderem die BBC am Dienstag berichtete.
Der Plan ist eines von 38 Vorhaben, die die konservative Regierung am Dienstag im Rahmen der „Queen’s Speech“ zur traditionellen Eröffnung des Parlaments vorstellen wollte.
Erstmals sollte Thronfolger Prinz Charles (73) die „Queen’s Speech“ halten. Er vertritt seine Mutter Königin Elizabeth II. (96), die aus gesundheitlichen Gründen für die Zeremonie (12:30 Uhr MESZ) absagte.
Innen-Staatssekretär Kit Malthouse verteidigte den Gesetzentwurf. „Wir haben eine Reihe von sehr, sehr produktiven, hartnäckigen Straftätern gesehen, die sich entschieden haben, die Gerichte einfach schamlos zu ignorieren“, sagte Malthouse der BBC. „Deshalb werden wir eine neue Anordnung zur Verhinderung schwerwiegender Störungen einbringen, die wir Einzelpersonen auferlegen können, um sie von dieser Art der Hooligan-Proteste abzuschrecken.“ Er betonte zugleich, die Regierung respektiere die Demonstrationsfreiheit.
Zukünftig soll für das sogenannte „Locking-on“ eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten, eine nach oben offene Geldstrafe oder beides stehen. Mit einer Höchststrafe von zwölf Monaten Gefängnis und oder einer unbegrenzten Geldstrafe wird der Eingriff in wichtige nationale Infrastrukturen wie Flughäfen, Eisenbahnen und Druckereien geahndet.
Kontroll- und Durchsuchungsbefugnisse der Polizei werden im Gesetzesentwurf erweitert und Wiederholungstäter können mit Präventivanordnungen belegt werden.
Die „Public Order Bill“ (Gesetz zur öffentlichen Ordnung) könnte noch diese Woche durch das Parlament gehen. Die britische Innenministerin Priti Patel erklärte: „Die gesetzestreue, verantwortungsvolle Mehrheit hat genug von den asozialen Protesten einer selbstgerechten Minderheit, die Spaß daran hat, Chaos für den Rest von uns zu stiften.“
Nicht die erste Einschränkung des Demonstrationsrechts
Zuletzt hatten immer wieder Demonstranten der Umweltgruppen Insulate Britain und Extinction Rebellion den Verkehr in London und auf Autobahnen lahmgelegt und sich dabei teils auch an die Fahrbahn angeklebt oder an Hindernisse angekettet. Das hatte in konservativen Kreisen für Empörung gesorgt. Die Regierung hatte das Demonstrationsrecht bereits zuvor erheblich eingeschränkt und der Polizei mehr Befugnisse zur Auflösung von Protesten gegeben. Nachdem das Oberhaus die Pläne zunächst vereitelt hatte, stimmte es ihnen Ende April doch noch zu.
Zu den Dutzenden Vorhaben der Regierung gehören Medien zufolge auch Pläne, nach dem Brexit zunächst übernommene EU-Gesetze aufzuheben. (dpa/red)
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