Anhörung im US-Kongress: Twitter-CEO Jack Dorsey bestreitet politische Manipulation von Algorithmen
Am heutigen Mittwoch sollen führende Manager der Social-Media-Giganten Twitter und Facebook den Abgeordneten im Rahmen zweier Hearings im US-Kongress Rede und Antwort stehen. Es wird dabei vor allem um die Frage der Verhinderung einer unsachlichen Beeinflussung der bevorstehenden Zwischenwahlen im November gehen. Diese droht nach Auffassung einer Reihe von Kongressabgeordneten zum einen durch gezielte Aktivitäten ausländischer Akteure, zum anderen jedoch auch durch eine mögliche politisch motivierte Einflussnahme der Plattformbetreiber selbst.
Zuletzt hatte sogar US-Präsident Donald Trump selbst den Social-Media-Konzernen vorgeworfen, konservative Nutzer und Webseiten gezielt zu benachteiligen. Nicht nur in den USA haben Nutzer den Betreibern von Facebook und Twitter vorgeworfen, aus Gründen politischer Voreingenommenheit Akteure auf Grund ihrer weltanschaulichen Überzeugung ungleich zu behandeln, unter anderem durch Zensurmaßnahmen, temporäres Sperren oder Reichweitenbeschränkungen. Zu den prominentesten Opfern solcher Schritte gehört unter anderem der streitbare Talkradio-Moderator Alex Jones, dessen Accounts auf Facebook und YouTube wegen angeblicher Verstöße gegen die Gemeinschaftsstandards gelöscht worden waren.
Twitter will „gesündere Konversationen fördern“
In einer vorbereiteten Erklärung an den Ausschuss des Repräsentantenhauses zu Energie und Handelsfragen, über die der US-amerikanische Nachrichtensender „FOX News“ zuerst berichtet hat, bestreitet nun Twitter-CEO Jack Dorsey, sein Unternehmen würde auf seinen Plattformen in einer Weise agieren, die eine Voreingenommenheit gegen Konservative erkennen lasse. In der Darstellung heißt es:
„Twitter macht keine Entscheidungen von politischer Ideologie abhängig, weder mit Blick auf die Reihenfolge angezeigter Inhalte noch bezüglich der Durchsetzung unserer Regeln. Wir glauben fest daran, unparteiisch zu sein, und wir bemühen uns, unsere Regeln in unparteiischer Weise durchzusetzen.“
Dorsey betont zudem:
„Wir schränken keine Reichweiten auf der Grundlage politischer Ideologie ein. Vielmehr ist es Twitter alleine schon aus einer wirtschaftlichen Perspektive heraus und um der öffentlichen Konversation zu dienen ein Anliegen, alle Stimmen auf seiner Plattform zu halten.“
Auch Vorwürfe, die mithilfe von Akademikern geführte Kampagne der Plattform zur „Förderung gesünderer Konversationen“ weise eine klare Stoßrichtung gegen US-Präsident Donald Trump auf, weist Dorsey zurück. Die Algorithmen, die Twitter auf seinen Plattformen verwende, beruhten alleinig auf „verhaltenstechnischen Signalen“, die bestimmen sollen, wie Tweets in den Timelines der Nutzer präsentiert und angeordnet sein sollen. Darunter fallen demnach Analysen der Art und Weise, wie Accounts miteinander interagieren, was zudem auch Spam und Missbrauch leichter identifizierbar mache. Dorsey dazu:
„Das verhaltensbasierte Ranking, das Twitter verwendet, erwägt in keiner Weise politische Ansichten oder Ideologien. Es fokussiert sich nur auf das Verhalten der jeweiligen Accounts. Es gibt Tausende von verhaltenstechnischen Signalen in unseren verhaltensbasierten Ranking-Modellen, die sicherstellen, dass kein einzelnes Signal die Rankingergebnisse beeinflusst, und die diese gegen böswillige Versuche schützt, unsere Rankingsysteme zu manipulieren.“
„Unabsichtlicher Bias ist immer möglich“
Republikaner hingegen verweisen auf konkrete Erfahrungen, wonach die Sichtbarkeit der Beiträge selbst prominenter Politiker der Partei über längere Zeiträume hinweg deutlich eingeschränkt gewesen wäre. Dies hatte zum Vorwurf an die Adresse Twitters geführt, „Shadowbanning“ zu praktizieren.
Dorsey spricht demgegenüber von einer Fehlfunktion eines Algorithmus. Twitter versuche, diese fortlaufend zu verbessern, es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass algorithmus-getriebene Resultate bei der Anzeige fehlerhaft sind. Ein ähnliches Problem scheint vor zwei Wochen auch Facebook gehabt zu haben. So klagten Nutzer in mehreren Ländern am 22. August über eine willkürliche Löschung von Beiträgen, da diese angeblich als Spam identifiziert worden sein sollen. Betroffen waren unterschiedlichste Inhalte politischer wie unpolitischer Natur und Nutzer aus mehreren Ländern sowie unterschiedlicher weltanschaulicher Hintergründe.
Die Algorithmen, so der Twitter-CEO, haben sich als außerordentlich effizient erwiesen, wenn es darum gehe, Missbrauch, Manipulation oder böswillige Akteure herauszufiltern. Dennoch könne auch ein nicht voreingenommenes Modell voreingenommen wirkende Ergebnisse liefern. Dorsey dazu:
„Ein Bias kann unbeabsichtigt entstehen, auf Grund mehrerer Faktoren wie etwa der Qualität der Daten, die verwendet werden, um die Modelle zu trainieren. Zusätzlich zur Gewährleistung, dass unsere Algorithmen nicht absichtlich einem Bias ausgesetzt werden, ist es unsere Verantwortung, unbeabsichtigten Bias zu verstehen, zu messen und zu reduzieren. Das ist in unserer Industrie eine sehr komplexe Herausforderung, und algorithmische Fairness sowie faires Maschinenlernen sind innerhalb der Community aktive und substanzielle Forschungsthemen.“
Pro-Life-Gruppe darf seit der Jahren nicht auf Twitter werben
Dorsey soll am Mittwoch neben dem Energie- und Handelsausschuss auch noch vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aussagen. Für Facebook und Google werden sich die Vorstandsmitglieder Sheryl Sandberg und Kent Walker den Fragen der Abgeordneten stellen.
Unterdessen sind neue Vorwürfe politischer Voreingenommenheit gegen Twitter aufgekommen. Die Gründerin der Lebensschutzorganisation Live Action, Lila Rose, hat in einem Interview mit Tucker Carlson auf FOX News erklärt, bereits seit drei Jahren keine Werbekampagnen mehr auf Twitter betreiben zu dürfen. „Seit mittlerweile drei Jahren unterliegen wir bei Twitter einem Werbeverbot“, erklärte Rose und fügte hinzu: „Twitter-CEO Dorsey lügt, wenn er behauptet, es gäbe keine Benachteiligung auf Grund politischer Überzeugungen.“
Demgegenüber sei es den Gegnern der Organisation wie dem Abtreibungskonzern Planned Parenthood sogar erlaubt, Petitionen zu bewerben, die eine vollständige Entfernung von Pro-Life-Gruppen aus sozialen Medien fordern. Hintergrund des Vorgehens gegen Live Action könnten gepostete Videos sein, die reale Aufnahmen im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen zeigen und auf deren Schockwirkung setzen. Lila Rose hält dieses Vorgehen für legitim: „Wenn Menschen die Realität der Abtreibung sehen, beginnen sie umzudenken.“
Eine jüngst veröffentlichte Pew-Umfrage in den USA hat ergeben, dass soziale Medien zu einem bedeutenden meinungsbildenden Faktor geworden sind. Immerhin 14 Prozent aller befragten US-Amerikaner, unter Männern unter 30 Jahren sogar 29 Prozent, haben darin angegeben, mindestens zu einem Thema auf Grund von Inhalten, die sie auf Facebook, YouTube oder Twitter gesehen hatten, ihre Meinung geändert zu haben. Dabei waren Anhänger der Demokraten und zu Demokraten tendierende Unabhängige mit 17 Prozent fast doppelt so oft bereit, sich in sozialen Medien umstimmen zu lassen, wie Republikaner oder zu den Republikanern tendierende Unabhängige ( 9 Prozent).
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