Angespannte Lage in Lesbos: Regierung schickt Polizei- und Militärwagen

Das Flüchtlingslager Moria ist nach mehreren Bränden komplett zerstört – viele Migranten warten auf Hilfe. Die Inselbewohner wollen keine Lager mehr und gehen auf die Barrikaden. Die griechische Regierung schickt Polizeiwagen – manche beobachten sogar Militärpräsenz.
Titelbild
Busse der griechischen Bereitschaftspolizei gehen in der Stadt Mytilene auf der Insel Lesbos von Bord.Foto: Milos Bicanski/Getty Images
Von 11. September 2020

Nach dem Großbrand im Flüchtlingslager Moria sind auf der Insel Lesbos noch tausende Menschen ohne Unterkunft und Nahrung auf sich gestellt. Die griechischen Behörden suchten hektisch nach Lösungen zur Unterbringung der Menschen. Griechenland wollte noch am Donnerstag, vorerst Familien und besonders bedürftigen Menschen, eine neue Unterkunft beschaffen.

Eine Fähre mit Platz für hunderte Menschen wurde zur Insel Lesbos entsandt, wie das Migrationsministerium in Athen mitteilte. Zwei griechische Marine-Schiffe sollen demnach zusätzliche Schlafmöglichkeiten bieten. Auch drei Flugzeuge wurden den Angaben zufolge nach Lesbos geschickt, um 406 unbegleitete Minderjährige aufs Festland nach Nordgriechenland zu bringen.

Zudem soll nach Angaben der Regierung in Athen an Sammelpunkten auf Lesbos Essen für die Flüchtlinge ausgegeben werden, zusammen mit Hilfsorganisationen.

Inselbewohner gegen Lager

Die EU hatte zuvor angeboten, diese Unterbringung zu finanzieren, doch die Inselbewohner sind nicht mit all den Maßnahmen, neuen Zelten und Neuankömmlingen einverstanden und leisten Widerstand.

„Wir haben Schwierigkeiten, Zelte für die Unterbringung dieser Menschen aufzustellen“, räumte Giorgos Koumoutsakos vom Migrationsministerium im Sender SKAI TV ein.

Wir werden das nicht zulassen, koste es, was es wolle“, sagten aufgebrachte Lesboer Reporter vor Ort.

Auch eine Gastautorin von „Tichys Einblick“, die eine Zeit lang vor Ort von „Dorf zu Dorf“ gereist ist, stellt die ganze Aktion in Frage. Rebecca Sommer hatte mehrfach beobachten können, dass schon in der Vergangenheit kleine Feuer in den Camps gelegt wurden.

„Auch wie die Feuerwehrmänner verhöhnt und verspottet werden, wenn sie diese dann löschen. Andauernd ist auch irgendwo anders Feuer, als sei es einfach eine Hass-Aktion gegen die Bewohner in Moria. Kleine Kapellen werden geschändet, es wird eingebrochen, gestohlen, bedroht, Tiere werden geschlachtet, Menschen angefallen. Um das Moria-Camp herum ist es hochgefährlich“, schreibt sie in ihrem Gastbeitrag.

Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarachi erklärte am Mittwoch, die Feuer seien ausgebrochen, „als die Asylbewerber gegen die verhängte Quarantäne protestierten“. Auch Sommer hat beobachtet, dass ein Tag vor dem Brand die NGOs eine Demonstration abgehalten hatten: „Moriaflüchtlinge müssen von Europa aufgenommen und umgesiedelt werden, war die Forderung.“

35 Migranten positiv auf Corona getestet

Laut mehreren Berichten wurden am heutigen Freitag (11. September) Busse mit Bereitschaftspolizisten in der Nähe der Inselhauptstadt Mytilini beobachtet.

Auch Rebecca Sommer beobachtet Militärwagen in der Hauptstadt: „Überall fahren Militärwagen, die ich tunlichst nicht fotografiere, da verstehen die Griechen keinen Spaß. Auch große Militärbagger kommen aus der Richtung von Moria.“

Wenige Stunden vor dem Brand hatte das Migrationsministerium mitgeteilt, dass 35 Lagerbewohner positiv auf das Coronavirus getestet worden seien. Viele, darunter fast alle Bürgermeister, wollen nach dem Brand in Moria keine Migranten mehr auf der Insel haben, schreibt das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. 

„Sie müssen alle weg. Kein Lager mehr auf Lesbos“, erklärte der Gouverneur der Region Nordägäis, Kostas Moutzouris, im Fernsehen.

(Mit Material von afp)



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