Analyse von „The Diplomat“: Wie das chinesische Regime die UNO nach seinem eigenen Bild umgestaltet
Die Rolle Chinas in den Vereinten Nationen wird immer aktiver. Gegenwärtig werden vier der 15 UN-Sonderorganisationen von chinesischen Staatsbürgern geleitet, darunter die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), die Internationale Fernmeldeunion (ITU), die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDP) und die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO).
Dazu kommt, dass Chinas Beitrag 12 Prozent des UN-Budgets ausmacht – somit ist das Land der Mitte der zweitgrößte Geldgeber der UNO.
Eine Analyse des Nachrichtenmagazins „The Diplomat“ zeigt, dass „Chinas größere Führungsrolle in den Vereinten Nationen den Verdacht weckt, dass es Vorteile daraus ziehen könnte“.
Der Analyse zufolge will das chinesische Regime die Organisation umgestalten, damit sie seinen Interessen entspricht.
Chinas „Neue Seidenstraße“ und die UNO
Diese Behauptung ist zwar gewagt, hat aber „eine solide Grundlage“ und zwar in Form eines sehr realen Projektes: „Belt and Road Initiative“, auch „Neue Seidenstraße“ genannt. Das geopolitische Projekt ist tief in die Ziele der Vereinten Nationen für die nachhaltige Entwicklung integriert.
Nach Angaben des „Center for a New American Security“ habe die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) sein Seidenstraßen-Projekt innerhalb des nachhaltigen Entwicklungsprogramms der UNO gefördert. Liu Zhenmin, der amtierende Chef der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der UNO, gab dies sogar auf einem hochrangigen Symposium offen zu.
Laut „The Diplomat“ befürwortet die UNO das von China finanzierte Programm „Jointly Building Belt and Road towards SDGs“. Darüber hinaus versicherte UNO-Generalsekretär António Guterres, dass das UNO-System bereit sei, mit Peking zusammen an den Zielen für nachhaltige Entwicklung zu arbeiten. „Diese 17 Ziele können die Politik und die Maßnahmen unter dem ‚Belt and Road‘-Projekt zu einer wirklich nachhaltigen Entwicklung leiten“, sagte Guterres 2017 an einem Forum in China.
Chinas wachsender geopolitischer Einfluss in der UNO
Nach Angaben der Analyse von „The Diplomat“ wird die Position des Untergeneralsekretärs der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten der Vereinten Nationen seit 2007 von chinesischen Karrierediplomaten bekleidet. Dies gebe der chinesischen Regierung die Möglichkeit, die Entwicklungsprogramme der UNO ihren Interessen entsprechend umzugestalten.
Das „Belt and Road“-Projekt hat ehrgeizige Ziele, welche der KPCh geopolitisch einige Vorteile bringt. Verbindungen zwischen strategischen Knotenpunkten werden hergestellt und für „Chinas Ehrgeiz“ genutzt. „The Diplomat“ erwähnt dazu das Beispiel mit dem Bau der Sonderwirtschaftszone Kyaukphyu und des angeschlossenen Tiefwasserhafens. Beide Projekte geschahen im Rahmen von „Belt and Road“ und bringen wichtige strategische Vorteile für die KPCh.
Die Sonderwirtschaftszone ermöglicht den ungehinderten Zugang zum Indischen Ozean, „ohne die Straße von Malakka und die stark umstrittenen Gewässer des Südchinesischen Meeres zu durchqueren, in denen Kriegsschiffe der US-Marine ständig unterwegs sind“, schreibt „The Diplomat“. Durch das Entladen im Tiefwasserhafen kann die Fracht, insbesondere Rohöl aus dem Nahen Osten, mit dem Zug nach Kunming transportiert werden, wodurch Chinas Lebensader im Falle von bewaffneten Konflikten gesichert wird.
Chinas Regime setzt die UNO auch in Sachen Menschenrechte unter Druck
Neben den geopolitischen Zielen geben auch andere Umstände Grund zur Sorge. Nach Angaben von „The Diplomat“ setzt die Kommunistische Partei Chinas die Vereinten Nationen auch in Sachen Menschenrechte unter Druck, zum Beispiel, indem sie verhindert, dass bestimmte Menschenrechtsgruppen an wichtigen Ereignissen teilnehmen dürfen. So wurde zum Beispiel Dolkun Isa, der Präsident des uigurischen Weltkongresses, vom ehemaligen und amtierenden Chef der Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten an der Teilnahme am Ständigen Forum der UNO gehindert.
Das chinesische Regime spielt mit stetiger Tendenz die humanitäre Krise in der Xinjiang Region herunter, obwohl die Medien weltweit immer mehr und öfter über „physische Folter und kulturellen Völkermord“ berichten. Das Regime argumentiert dagegen mit seinen Deradikalisierungs– und Umerziehungsmaßnahmen, welche „Xinjiang zu einem sichereren Ort machen“.
„Darüber hinaus hat China weitere Schritte unternommen, um die Arbeit des UN-Menschenrechtsrates zu behindern, indem es an andere autoritäre Regime wie Saudi-Arabien, Algerien und Russland appelliert, sich zur Unterstützung der Unterdrückungsherrschaft Chinas zu verbünden“, so der Bericht von „The Diplomat“.
Als die Mitgliedsstaaten 1971 für die Mitgliedschaft der Volksrepublik China in der UNO stimmten, war eines der vorherrschenden Argumente, dass ein Land mit mehr als einer Milliarde Einwohnern nicht außen vor bleiben dürfe, schreibt „The Diplomat“. Je früher China in die internationale Gemeinschaft aufgenommen würde, desto früher würde es lernen, nach internationalen Normen mitzuspielen, so das Argument.
Leider deuten die derzeitigen Maßnahmen des Regimes auf das Gegenteil hin, so die Analyse von „The Diplomat“.
Experten raten UNO, an den Grundwerten festzuhalten
„Obwohl Chinas kooperatives Verhalten in der UNO ein Vorbild für aufstrebende Staaten zu sein scheint, schadet es in Wirklichkeit dem Wesen der internationalen Zusammenarbeit“, schreibt „The Diplomat“. Nach Meinung der Experten sollte eine internationale Zusammenarbeit nicht nur „für die Beteiligten von Nutzen sein“ – sie soll auch vertrauenswürdig sein.
Die Analyse kommt zum Schluss, dass die Versuche des chinesischen Regimes, die UNO zu einem Instrument zur Erreichung seiner hegemonialen Ziele zu machen, „die Vertrauenswürdigkeit der Institution von innen heraus untergraben und die internationale Zusammenarbeit einschränken würde“.
Die Analysten von „The Diplomat“ schlagen der UNO vor, sich gegen die Schuldzuweisungen der Kommunistischen Partei Chinas zu wehren und weiterhin an den Grundwerte der Organisation festhalten: „Unparteilichkeit, Gerechtigkeit und Universalismus sind die Grundwerte des UN-Systems“, schreiben die Experten in der Analyse.
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