Analyse: Griechenland steht endgültig am Abgrund

Epoch Times27. Juni 2015
Gianis Varoufakis geht wieder einmal in die Offensive. Der griechische Finanzminister greift die Kollegen der 18 Euro-Partner an, sie hätten eine Verlängerung des griechischen Hilfsprogramms verweigert und damit die Glaubwürdigkeit der Eurogruppe beschädigt.

„Das ist ein trauriger Tag für Europa, aber wir werden es überwinden“ – mit diesem Worten verabschiedet sich der Ressortchef mit schwarzem Hemd und schwarzer Jacke eiligen Schrittes aus dem klotzigen EU-Ministerratsgebäude in Brüssel.

Dieser Samstag ist in der Tat denkwürdig, manche sagen sogar historisch. Denn Varoufakis trägt die Erklärung des Finanzministerclubs zu Griechenland nicht mit. Noch nimmt der Radikallinke am zweiten Teil der Sitzung teil, bei der es um das weitere Vorgehen geht.

Nach der überraschenden Athener Ankündigung aus der Nacht, am 5. Juli ein Referendum über das Angebot der Geldgeber im Schuldenstreit abzuhalten, ist die Stimmung in der Ministerrunde vergiftet.

Eigentlich wollte die Eurogruppe bei ihrer fünften Krisensitzung innerhalb von neun Tagen über eine Verlängerung des Hilfsprogramms entscheiden – im Gespräch waren fünf Monate. Dafür gibt es nun keine Basis mehr, zumal Athen in der Nacht Expertenverhandlungen mit den Geldgebern abbrach und deren Angebot zurückwies. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem ist kategorisch. Der Rettungsplan, in dem noch Milliardenhilfen für Athen bereitstehen, wird nicht verlängert, er wird am Dienstag 24.00 Uhr auslaufen.

Noch beim EU-Gipfel am Freitag war die Stimmung mit Blick auf Griechenland zwar nicht überschwänglich, aber immer noch von Zuversicht geprägt. Italiens Regierungschef Matteo Renzi erwartete eine rasche Einigung auf das griechische Sparpaket – dies war die Voraussetzung für das Auszahlen weiterer Milliardenhilfen.

Was passiert nun? Viele Fragezeichen bleiben. Topvertreter der Europäischen Zentralbank (EZB), die dafür sorgt, dass griechische Banken mit sogenannten ELA-Notkrediten über Wasser gehalten werden, wollen dem Vernehmen nach an diesem Sonntag beraten.

Am Montag könnte es laut Diplomaten einen richtigen Ansturm auf griechische Geldhäuser geben. „Kapitalverkehrskontrollen oder ein „Bankfeiertag“ sind Angelegenheiten für Griechenland“, resümiert ein Diplomat.

„Wir kommen in völlig unbekannte Gewässer“, meint der irische Ressortchef Michael Noonan. Schon am Dienstag steht eine Rückzahlung von rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) an. IWF-Chefin Christine Lagarde hatte bereits unmissverständlich deutlich gemacht, dass ein Aufschub nicht gewährt wird, zumal es sich schon um eine gebündelte Summe für die gesamten Juni-Verpflichtungen handelt.

Falls das Geld nicht fließt, ist Athen gegenüber dem Weltwährungsfonds in Verzug. Das bedeutet laut Experten noch nicht die Staatspleite – aber man wisse nicht, wie sich andere Gläubiger verhalten werden.

Die Euro-Minister können zwar Varoufakis ausschließen – Griechenland kann aber nicht aus der Eurozone geworfen werden, dann dafür gibt es keine vertragliche Grundlage. Was sich ereignet, falls Athen diesen Schritt selbst ins Spiel bringen sollte, wissen selbst Fachleute nicht. „Dafür gibt es weder Regeln noch einen Musterfall“, lautet die Standardantwort.

„Die Griechen sollen am 5. Juli über ein Angebot abstimmen, das es nicht mehr gibt – das ist völlig absurd“, bilanziert ein Diplomat mit hoffnungsloser Miene. Die Verlängerungsoption werde es von Dienstag 24.00 Uhr an nicht mehr geben, deshalb müsse sich die griechische Regierung Gedanken machen, ob das Referendum überhaupt noch Sinn mache.

Seit fünf Monaten ist die Regierung von Premier Alexis Tsipras an der Macht. Die Vertrauensbasis mit Brüssel ist inzwischen zerstört. Da die griechische Regierung das Sparpaket so negativ sehe, gebe es wenig Hoffnung, dass sie dieses nach einem „Ja“ der Bürger „in einer richtigen und gewissenhaften Weise umsetzt“, meint der sonst so beherrschte Niederländer Dijsselbloem.

(dpa)

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